Sie helfen beim Bezirksverein für soziale Rechtspflege in Villingen straffälig gewordenen Menschen, ihr Leben wieder auf die Reihe zu bekommen (von links): Horst Belz, Jessica Hoffmann und Sebastian Kopp. Foto: Strohmeier Foto: Schwarzwälder-Bote

Lebenshilfe: Der Bezirksverein für soziale Rechtspflege betreut straffällig gewordene Personen

Von Wilfried Strohmeier

Bei manchen straffällig Gewordenen ist es ein Erfolg, wenn sie pünktlich zu einem Termin erscheinen, andere führen Jahre nach der Haftentlassung ein bürgerliches Leben. Hilfe für die zweite Chance gibt es beim Bezirksverein für soziale Rechtspflege.

VS-Villingen. Jessica Hoffmann, Horst Belz und Sebastian Kopp vom Bezirksverein für soziale Rechtspflege helfen dabei, verurteilten Straffälligen eine zweite Chance auf ein bürgerliches Leben zu geben. Sie vermitteln in dem Projekt Schwitzen statt Sitzen, helfen bei den Vorbereitungen zur Haftentlassung und beim Eltern-Kind-Projekt, bei dem es darum geht, dass Kinder ein straffällig gewordenen Elternteil treffen können. Diese drei Projekte gebe es in dieser Form in anderen Bundesländern nicht, erklärte Horst Belz, der älteste in der Betreuerrunde, der seit 1979 in dem Bereich arbeitet.

Der Aufgabenschwerpunkt von Jessica Hoffmann ist die Vorbereitung auf die Haftentlassung. Die zierliche junge Frau muss sich dabei mit gestandene Straftäter befassen. Probleme, dass sie nicht respektiert wird, gebe es nicht. Denn die Straftäter wollen die Hilfe. Es ist nicht so, dass die Mitarbeiter des Vereins automatisch jeden als Klienten bekommen, diese müssen sich dafür bewerben. Natürlich gibt es auch gewisse Verhaltensregeln der Betreuer, man müsse eine gewisse Distanz wahren. "Die Gefahr, dass man als Helfer angegangen wird, ist relativ gering", so Horst Belz und Sebastian Kopp fügt hinzu, da sei jede Familienfeier an Weihnachten gefährlicher, wenn sich angestaute Wut und Emotionen entladen würden.

Bei der Haftentlassungsvorbereitung werden verschiedene Dinge im Vorfeld geprüft. Meist stammen die straffällig Gewordenen aus dem Raum Villingen-Schwenningen. Es wird geprüft, was von ihrem früheren Leben übrig ist – Freunde, Familie, Verwandte, die unterstützend helfen könnten auf der einen Seite, aber auch wie es im Bezug auf Krankenversicherung und ähnlichem aussieht auf der anderen Seite.

Zwar sei ein Rückfallrisiko da, wenn es in die frühere Umgebung gehe, aber ein Ortswechsel bringe oftmals auch nichts, weiß Belz aus Erfahrung. So hatten sie einen wegen Drogendelikten Verurteilten aus Freiburg aufgenommen. Dieser wollte selbst aus seinem früheren Milieu weg, zwei Tag später habe dieser aber auch schon gewusst, wo es in Villingen Drogen zu kaufen gibt, berichtet Belz und sagt: "Wenn der Klient nicht motiviert ist, etwas zu ändern, bringt ein Ortswechsel gar nichts." Und alle drei betonen: "Das Umdenken muss im Kopf stattfinden." Wenn dies passiert ist, bekommt er beim Bezirksverein für soziale Rechtspflege jede mögliche Hilfe.

Belz erzählt aus der Praxis, dass viele mit hohen Vorsätzen das Gefängnis verlassen, aber mit der Realität nicht klar kämen. Vieles stürzt auf sie ein, vom Ausfüllen beispielsweise von Hartz IV-Anträgen bis hin zum Gang zur Krankenkasse. Damit ihre Schützlinge nicht gleich wieder den Kopf in den Sand stecken und verzweifeln, helfen die Betreuer Stück für Stück, alles abzuarbeiten – ihre Klienten müssten mit der Freiheit erst wieder klar kommen.

Dabei ist eine Arbeitsstelle ein wichtiger Faktor. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist gut, immer wieder schafft man es, die Klienten zu vermitteln. Vom Arbeitsamt gibt es viel Unterstützung für den Arbeitgeber.

Nach Erfolgen gefragt, kommen die unterschiedlichsten Antworten. Ein Klient kam in das Übergangswohnheim mit einer Plastiktüte, in die all sein Besitz passte, dieser hat heute, Jahre nach der Haftentlassung, einen guten Job, ein Haus und eine Familie. Bei anderen ist es schon ein Erfolg, wenn sie zu einem Termin pünktlich erscheinen. Das eigene Anspruchsdenken der Betreuer muss heruntergeschraubt werden. Die bereits angesprochene Distanz ist nicht nur im Verhalten notwendig, sondern auch in der Denkweise.

So verhindert man, dass man zuviel vom Job mit nach Hause nehme. Natürlich gebe es Situationen, in denen man sich frage, ob man alles richtig gemacht habe, erzählt Sebastian Kopp, aber bei den Teambesprechungen wird vieles aus der täglichen Arbeit diskutiert. Man müsse sich immer eines vor Augen halten: Der Klient hat selbst die Verantwortung für sein Leben, die Betreuer können nur helfen.

2015 bearbeiteten die drei Betreuer des Bezirksvereins für soziale Rechtspflege 457 Fälle, davon 180 nach dem SGB, 265 Fälle gemeinnützige Arbiet, neun Fälle im Nachsorgeprojekt Chance, einer im Eltern-Kind-Projekt und eine Zeugenbegleitung. 28 Personen wurden Hilfen zur Arbeit gewährt, 61 konnten in eine Wohnung vermittelt werden, 35 bekamen materielle Hilfeleistungen, und es gab zwölf Schuldenregulierungsfälle.

Im Übergangswohnheim hatte man 33 Klienten, im Projekt Schwitzen statt Sitzen betreute man 265 Fälle und im Täter-Opfer-Ausgleich 20. Darüber hinaus gab es sechs soziale Trainingskurse.

Das Geld für die Arbeit des Vereins kommt aus verschiedenen Quellen. Das Landratsamt finanziert das Wohnheim, weitere Aktionen vom Landesjustizministerium sowie über Bußgeldzahlungen bei Gerichtsverfahren.