Steht zu seinem Dialekt: Pius Jauch aus Bösingen bei Rottweil am Freitag in Härings Kulturcafé. Foto: Trenkle Foto: Schwarzwälder-Bote

Liedermacher Pius Jauch zu Gast in Härings Kulturcafé

Von Wolfgang Trenkle

VS-Schwenningen. Das mit dem Dialekt ist so eine Sache: Oft klingt er altbacken und die Assoziationen gehen gleich dahin, dessen Nutzer nicht zuzutrauen, über die Dialektgrenze hinaus denken zu können. Kommt noch Musik ins Spiel, kann so manch Vorurteil gleich ins Grauen des Musikantenstadls mit Pappmaché-Bauernhof und Schunkel-Synthesizer münden.

Einer, der auf eine sehr ansprechende Weise deutlich machen kann, dass Dialekt ein wertvolles Kulturgut darstellt, ist der Liedermacher Pius Jauch. Der 32-Jährige aus dem nahe Rottweil liegenden Ort Bösingen gastierte am Freitagabend in Härings Kulturcafé. Schon geht es los mit dem Dialektproblem: Moderator Rolf Klaiber stellt dem zahlreich erschienenen Publikum den Sänger vor und dieses ruft gleich einen vielleicht ironisch, vielleicht auch ernst gemeinten Kommentar: "Des haißt Baisingen!"

Pius Jauch bestätigt bei seinem Auftritt das "A" in der schwäbischen Aussprache seiner Geburtsgemeinde. Fast alle seiner Lieder trägt er im Dialekt vor. Nicht, weil er nicht anders kann (spätestens bei einem italienischen Lied wird dies klar), sondern, weil ihm das ein Anliegen ist. Oft werde der Dialekt als falsches Hochdeutsch interpretiert. Tatsächlich sei er jeweils eine alte Sprache mit oft sehr vielen zusätzlichen Ausdrucksnuancen. Manchmal tritt Jauch vor Schulklassen auf und dabei wird deutlich, dass sich der Dialekt als zusätzliches Kulturgut verlieren könnte. Das beste Beispiel falscher Interpretation hatte Jauch parat: "Em Kälble no a Schoppe gä" – übersetzt von einer Schülerin: "Mit einem Kuhbaby shoppen gehen!"

Die Lieder Jauchs haben glücklicherweise so gar nichts von der Zwanghaftigkeit vieler Veranstaltungen, in denen Dialekt eine wichtige Rolle spielt. Jauch steht da mit Gitarre, spielt keine pseudotraditionelle Volksmusik und trägt schon gar keine heimische Tracht. Seine Lieder, man könnte auch Songs sagen, aber welcher schwäbische Begriff passt hierfür, erinnern manchmal an Reinhard Mey oder Hannes Wader. Das Gitarrenspiel ist perfekt, wenn auch durch bewusste rhythmische Brüche etwas gewöhnungsbedürftig. Seine Texte sind lyrisch, beschaulich, unpolitisch. Der Künstler, der seine Kindheit auf dem Bauernhof verbrachte und später auch einige Jahre in Italien lebte, kündet im Lied "Schwarzbrot mit Gsälz" davon, wie man mit Genuss den Tag "verdrielt", gibt im Lied "Holunderblüte" eine Art Liebeserklärung an seine Heimat ab, macht sich mit "Wahl-Halla" als Walhalla über die Mehrzweckhalle Bösingens lustig, besieht sich im "Hochzeiter Hans" das Leben eines Heiratschwindlers und wird im Lied "Sei’s wie’s sei" fast philosophisch.

Mit Hochdeutsch könne man natürlich viel intellektueller wirken als im Dialekt, so Jauch. Ums vordergründige Wirken geht es ihm aber nicht – das war über das Konzert hinweg deutlich zu spüren. Seinen Eltern offensichtlich auch nicht um die Vergebung von Modenamen bei seiner Taufe. "Pius, das klingt nach alten Männern. Wenn ich mal alt bin, dann stimmt’s ja auch", so Pius Jauch ironisch. Die Gäste honorierten soviel Authentizität gerne mit viel Applaus und dem Wunsch nach zwei Zugaben, auch wenn vielleicht der eine oder andere Vers – egal ob auf Italienisch oder Bäsingerisch- nicht verstanden wurde.