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Sebastian Marokko Walter stellt in Städtischer Galerie aus Enge Verbindung zur Wissenschaft

VS-Schwenningen. Als gebürtiger Schwenninger und einstiger Abiturient am Gymnasium am Deutenberg kehrt der 47-jährige Künstler Sebastian Marokko Walter im Rahmen der Doppel-Ausstellung "Eye" und "Analoge Expansion" in der Städtischen Galerie (21. Februar bis 24. April) in seine Heimat zurück. Inzwischen lebt der Wissenschaftler und freie Künstler in Berlin – und verbindet mit seinem Schaffen zwei gänzlich verschiedene Felder.

Herr Walter, welche besondere Beziehung pflegen Sie denn zum Land Marokko, dessen Name auch Ihr Künstlername ist?

Sebastian Marokko Walter (lacht): Mein Künstlername hat mit dem Land gar nichts zu tun, ich war auch noch nie dort. Marokko ist einfach das erste Wort, das ich neben meinem eigentlichen Namen schreiben konnte. Schon als Kind habe ich "Sebastian Marokko" unter meine gemalten Bilder geschrieben. Warum ausgerechnet Marokko, weiß heute aber niemand mehr – möglicherweise, so eine Vermutung, stand das Wort damals auf einer Holzkiste bei uns Zuhause.

Apropos Zuhause: Aufgewachsen sind Sie in den 1970er-Jahren in der Hans-Sachs-Straße in Schwenningen. Heute leben Sie in Berlin. Mit welchen Gefühlen kehren Sie in Ihre Heimat zurück?

Dadurch, dass meine Eltern in Dauchingen leben, bin ich mindestens einmal im Jahr hier. Die Verbindung in die Heimat ist nie abgebrochen, und auch meine drei Kinder sind immer froh, aus der großen Stadt zu den Großeltern aufs Land zu fahren.

Ab dem 21. Februar ist Ihre Ausstellung "Eye" in der Städtischen Galerie zu sehen. Wie war Ihre Reaktion auf die Anfrage von Galerieleiter Wendelin Renn?

Er hat mich im März vergangenen Jahres angerufen und gefragt, ob ich Interesse an einer Ausstellung habe. Ich habe natürlich gerne zugesagt und im April dann ein Konzept entworfen, das wir in Berlin gemeinsam besprochen haben. Wir hatten zwar zwischenzeitlich kaum Kontakt, aber wir kennen uns schon seit der Zeit, als ich gerade Abitur gemacht habe und er bereits Leiter der Städtischen Galerie war.

Sie sprechen Ihr Konzept an. Was möchten Sie mit Ihrer Kunst ausdrücken?

Wichtig ist mir, eine Verbindung zwischen Kunst und Wissenschaft herzustellen. Die Kunst sollte hierbei authentisch und korrekt sein, also auch der Wissenschaft entsprechen: Beispielsweise sollten bestimmte Winkel in den Kunstwerken genauso groß sein, wie in den wissenschaftlichen Versuchsergebnissen, auf die sich das Kunstwerk bezieht, unabhängig von einer ›optischen Ausgewogenheit‹. Manche Künstler sehen das kritisch, weil ihnen eine vordergründige Ästhetik wichtiger ist. Bei mir ist das anders. Wichtig ist aber auch, dass mit den Mitteln der Kunst Dinge ausgedrückt werden können, die wissenschaftlich so nicht beschreibbar oder kommunizierbar sind.

Was genau erwartet den Besucher Ihrer Ausstellung "Eye" in Schwenningen?

Die Installation verbindet das Thema des Sehens, des Entstehens von Bildern im Kopf, mit der Entstehung und Entwicklung von Leben. Dabei habe ich Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung und wissenschaftliches Material von verschiedenen Untersuchungen in die Kunst übertragen. Das alles ist in einem Parcours erlebbar. Der Besucher befindet sich quasi im Inneren des Auges und Gehirns, der Sehvorgang wird am Beispiel der Farbwahrnehmung thematisiert. Eine Arbeit zeigt die Entwicklungsstadien eines Lebewesens, beispielsweise eines Fischs oder Schmetterlings. Es geht also um weit mehr als nur um Farben.

Die Felder Wissenschaft und Kunst liegen normalerweise nicht eng beieinander. Wie sieht Ihr Alltag als naturwissenschaftlicher Forscher und Künstler aus?

In Berlin bin ich dann erst einmal wieder zu 100 Prozent in der Forschung tätig, inzwischen in Richtung Biologie und Kunstwissenschaft. Zurzeit untersuche ich Reliefs am Göbekli Tepe in der Südost-Türkei, megalithische Bauwerke, die mit einem Alter von rund 11 000 Jahren auch als älteste ›Tempel‹ der Welt gelten. Ich versuche herauszufinden, welche Tiere damals dargestellt wurden und welche Gründe es für diese Darstellung geben könnte. Hier in der Galerie war ich hingegen drei Wochen lang ausschließlich mit dem Aufbau der Ausstellung und somit vollständig mit der Kunst beschäftigt. Da ich die Erkenntnisse aus der Forschung in die Kunst übertrage, passen die beiden Felder für mich sehr gut zusammen.

  Die Fragen stellte Andreas Hennings.

Sebastian Marokko Walter ist verheiratet und hat drei Kinder. Nach dem Abitur am Gymnasium am Deutenberg absolvierte er von 1992 bis 2000 ein Studium der Kunsterziehung und Freien Malerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart sowie der Biologie an der Universität Hohenheim. Seitdem erhielt er zahlreiche Stipendien, unter anderem als Gastforscher am Center of Neural Science in New York sowie am Cultural Centre des ozeanischen Inselstaats Vanuatu. Für 2016 hat er ein Forschungsstipendium des Deutschen Archäologischen Instituts in Berlin erhalten.

Die Doppel-Ausstellung "Eye" von Künstler Sebastian Marokko Walter und "Analoge Expansion" von Florian Haller ist von Sonntag, 21. Februar, bis 24. April in "Lovis-Kabinett" in der Städtischen Galerie in Schwenningen zu sehen (dienstags bis sonntags jeweils von 10 bis 12 Uhr sowie von 14 bis 17 Uhr). Im Mittelpunkt steht das Thema Farbe. Die Vernissage mit Oberbürgermeister Rupert Kubon und dem Kunsthistoriker Christian Hufen findet am Samstag, 20. Februar, ab 17 Uhr statt. Eine Führung mit der Kunsthistorikerin Anja Rudolf folgt am Samstag, 28. Februar, ab 11 Uhr.