Notarzt Johannes Bettecken zieht den Stecker der Stromzufuhr. Pilot Frank Jaenke startet zusätzlich mit Hilfe von Elektrizität, um den Rettungshubschrauber noch schneller in die Luft zu bringen. Foto: Streck

Pilot Frank Jaenke: "Zwölf Motorradunfälle an einem Wochenende – das war extrem".  Neuer Standort optimal.

Villingen-Schwenningen - Durchatmen im wahrsten Sinne des Wortes konnte das Team der DRF-Luftrettung an seinem neuen Standort beim Zentralklinikum in den zwei vergangenen kühleren Tagen.

Allein im Juli hat der Rettungshubschrauber 186 Mal zu einem Einsatz fliegen müssen, sagte Pressereferentin Corinna Götzmann. Pilot Frank Jaenke ergänzte, dass in dieser Zeit an keinem anderen Standort der DRF Luftrettung in Deutschland so viele Einsätze hätten geflogen werden müssen. Der erfahrene Pilot, der seit 2010 im dreiköpfigen Pilotenteam in Villingen-Schwenningen und seit acht Jahren in der Luftrettung arbeitet, führt dies vor allem auf die heißen Tage in den vergangenen Wochen zurück. Da konnten die Menschen endlich raus nach einem trüben Frühjahr. Vor allem Kinder und ältere Menschen seien von der Hitze stark betroffen. Die einen, weil sie sich verausgaben, die anderen, weil sie zu wenig trinken. Motorradunfälle, Hitzschläge, Sportunfälle und vor allem "schlimme Fahrradunfälle" bilanziert Jaenke. Meist seien Kinder betroffen, die ohne Fahrradhelm zu schnell auf ihrem Drahtesel unterwegs sind. Grillunfälle habe es weniger gegeben als in den Vorjahren. Auch die Badeunfälle hielten sich in Grenzen.

Jaenke hat aber noch eine Erklärung dafür, warum gerade dieser Stützpunkt stark beansprucht werde. Zum einen handele es sich um einen eher ländlichen Raum, in dem es immer weniger zugelassene Ärzte gebe, zum anderen um eine viel frequentierte Ferienregion. Der Rettungsflieger ist in den Landkreisen Schwarzwald-Baar, Tuttlingen, Rottweil, Konstanz, Zollern-Alb sowie bis Reutlingen und Lörrach, Sigmaringen und Offenburg im Einsatz.

Trotz Routine und langjähriger Berufserfahrung sei es nicht immer leicht, das Gesehene zu verarbeiten oder gar zu vergessen. Schlimm seien die Motorradunfälle. "Da fängt die Knautschzone an der Nasenspitze an", meinte Jaenke. Am ersten schönen Wochenende im Frühjahr habe er zu zwölf Motorradunfällen fliegen müssen, "das war extrem." Auch die Tat eines getrennt lebenden Vaters, der seine drei Kinder äußerst gewaltsam getötet hatte, bleibt Jaenke aus seiner Zeit in Göttingen im Gedächtnis haften. Dank des "tollen, innigen und sozialen Verhältnisses" zu den Kollegen, würden schlimme Erlebnisse besprochen, so dass keiner "etwas nach Hause tragen muss".

Die schönen Seiten des Berufs seien, wenn ein Zahnrad in ein anderes greift, die Teamarbeit immer perfekter werde, der Einsatz gelungen sei – "das ist dann 'richtig geil'", so Jaenke.

Seit 1. Juli ist das Luftrettungsteam nicht mehr am Schwenninger Klinikum stationiert, sondern am neuen Standort beim neuen Klinikum zwischen Villingen und Schwenningen. "Jetzt sind wir mit 2516 Fuß der höchste Luftrettungsstützpunkt in Deutschland", freute sich Frank Jaenke. Der alte Standort lag 2417 Fuß hoch. Die neue Luftrettungsstation, je zur Hälfte vom Roten Kreuz und von der DRF Luftrettung finanziert, erfüllt die neuesten gesetzlichen Voraussetzungen und bietet den drei Piloten, Rettungsassistenten und Notärzten einen modernen Arbeitsplatz.

Vier Ruheräume für Notärzte und Piloten stehen ebenso zu Verfügung wie optimale technische Bedingungen zur Wartung des Hubschraubers. Jetzt müsse Christoph 11 nicht mehr nach Baden-Baden, alles könne nun direkt am Standort VS erledigt werden. Es bestehen "optimale Bedingungen", so Corinna Götzmann. Anders als bislang ist der diensthabende Notarzt direkt in der Station und nicht mehr im Klinikum.

So präsent der Rettungshubschrauber Christoph 11 bei der Bevölkerung ist, so vage sei das Wissen darüber, wer bei den Einsätzen mitfliegt. Frank Jaenke hat eine einfache Erklärung: "Das, was draufsteht, ist auch drin." An Bord ist immer ein Notarzt, ein Rettungsassistent und der Pilot.

Seite 2: Die DRF-Luftrettung

Die DRF-Luftrettung blickt in diesem Jahr auf ihre 40-jährige Einsatztätigkeit zurück: Im März 1973 startete der erste Hubschrauber von Stuttgart aus, um bei einem Verkehrsunfall schnelle medizinische Hilfe zu bringen. Heute setzt die DRF Luftrettung an 31 Stationen in Deutschland, Österreich und Dänemark Hubschrauber für die Notfallrettung und für dringende Transporte von Intensivpatienten zwischen Kliniken ein, an acht Stationen sogar rund um die Uhr. Darüber hinaus setzt die Luftrettung Ambulanzflugzeuge für die weltweite Rückholung von Patienten ein. In den vergangenen 40 Jahren hat sie mehr als 700.000 Rettungseinsätze geleistet. Zur Finanzierung ihrer Arbeit ist die gemeinnützig tätige Organisation auf Förderer und Spender angewiesen.