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Kundgebung von Russlanddeutschen in Villingen sorgt für viel Aufsehen. Falsche Meldung war offenbar Auslöser.

Villingen-Schwenningen - Für bundesweites Aufsehen hat die Demonstration von Russlanddeutschen gegen Gewalt gesorgt. In VS kamen so viele Teilnehmer zusammen, wie nirgendwo anders in der Republik. Allerdings gibt es auch kritische Stimmen.

Rund 1300 Menschen – vorwiegend russische Aussiedler und Russlanddeutsche – hatten sich am Sonntag vor der Neuen Tonhalle versammelt und zogen anschließend zur Abschlusskundgebung auf den Münsterplatz.

Der Ursprung

Auslöser des bundesweiten Aufrufes war offenbar die Meldung über eine angebliche Vergewaltigung eines 13-jährigen russischstämmigen Mädchens in Berlin. Die Polizei hatte der Meldung zwar widersprochen, dennoch riefen mehrere Gruppierungen zu einem deutschlandweiten Protest gegen Gewalt und Vergewaltigung sowie für mehr Sicherheit in Deutschland auf.

Unterstützt und verbreitet wurde der Aufruf ebenso von der "Deutsch-Russischen Bruderschaft", die am Samstag ein Video auf Facebook postete. Dort heißt es, dass sich die Teilnehmer nicht "rechtsradikal äußern" sollten, die Demo sei "nicht gegen Flüchtlinge sondern gegen Gewalt gegen Frauen und Kinder." Dennoch gibt es desöfteren Vorwürfe, dass sich unter den Mitgliedern auch Rassisten und Antisemiten befinden würden.

Der Aufruf

Der Veranstalter der Villinger Kundgebung distanziert sich jedoch klar von der Bruderschaft und der Vergewaltigungsmeldung. "Wir wollen keine Gerüchte verbreiten, diese angebliche Tat war nicht der Aufhänger unserer Demo", betont er im Gespräch mit unserer Zeitung. Man gehöre keiner Organisation an, "das war für mich eine einmalige Sache."

Viel mehr ging es ihm darum, dass die Menschen ihre Ängste und Sorgen äußern und sagen sollten, was ihnen nicht gefällt. Über Facebook und vor allem Whatsapp aber auch Mund-zu-Mund-Propaganda rief man zu der Kundgebung auf, um gegen Gewalt auf die Straße zu gehen.

"Wir wussten anfangs nicht, ob das nicht eine Falschmeldung ist", berichtete eine Frau aus St. Georgen. Da sie sich aber mittlerweile nicht mehr sicher in Deutschland fühlt und außerdem Angst um ihre Kinder hat, sei sie dem Aufruf aber gefolgt. "Es geht mir vor allem um die viele Männergruppen, die nun hier überall unterwegs sind", nennt sie den Grund ihrer Ängste.

Die Teilnehmer

Aus den Landkreisen Schwarzwald-Baar, Tuttlingen, Rottweil, Waldshut, Freiburg und Konstanz reisten am Sonntag schließlich rund 1300 Russlanddeutsche und Aussiedler nach Villingen an. Unter ihnen waren auch viele Frauen und junge Mütter, die aufgrund "vieler Vorfälle" besorgt seien.

Damit war die Kundgebung in der Doppelstadt die bundesweit größte. Selbst in Berlin konnten nur 700 Personen mobilisiert werden, in Baden-Württemberg gingen in sechs weiteren Städten insgesamt etwa 3200 Menschen auf die Straße. Bei allen Demonstrationen waren vorwiegend Personen mit russischem Migrationshintergrund aktiv.

Die Kundgebung

Mit Schildern und Transparenten zogen die Teilnehmer durch die Innenstadt vor das Bürgeramt. Dort sprachen die Organisatoren von der allgegenwärtigen Angst – die im Gegensatz zu dem bisherigen "guten Zusammenleben mit den Migranten" stehen würde. Die Forderung: Die Regierung solle sich die Sorgen anhören und "unsere Kinder und unsere Zukunft beschützen." Die Polizei begleitete die Kundgebung, musste jedoch nicht einschreiten. "Aus polizeilicher Sicht verlief die Versammlung sehr friedlich und es kam zu keinerlei polizeilich relevanten Vorkommnissen", berichtet ein Sprecher.

Stimmen im Internet

Während die Kundgebung und der Zusammenhalt der Russen vielfach gelobt wurde, kamen in den sozialen Netzwerken aber ebenso kritische Stimmen auf. "Nicht nur in VS auch in Singen und Umgebung haben sich diese Mitbürger regelmäßig die Köpfe eingeschlagen – selbstverständlich nicht in den eigenen Kreisen. Von dem mir bekannten und selbst erlebten Frauenbild mal ganz zu schweigen", berichtet eine Frau. Außerdem finde man es befremdlich, das frühere Einwanderer die Gewalt den "Asylbewerber in die Schuhe schieben".

Konfrontation mit AfD

Für Unstimmigkeiten sorgte bei der Abschlusskundgebung das Auftreten des AfD-Landtagskandidaten Markus Frohnmaier, der ebenfalls das Mikrofone in die Hand nahm. Während die AfD nach der Veranstaltung betonte, dass eine Rede Frohnmaiers mit dem Organisator abgesprochen gewesen sein soll, stellt dieser auch gestern klar: "Die AfD war nicht eingeladen, wir wollten bei den Reden keinerlei politische Ausführungen." Deshalb habe man die Ansprache, nachdem die Polizeireform in baden-Württemberg thematisiert wurde, unterbrochen.