Friedrich Engelke setzt sich ein für eine "gezielt verantwortungsvolle Erinnerung für die Zukunft". Foto: Heinig Foto: Schwarzwälder-Bote

Scrabble-Profi Friedrich Engelke setzt sich für Stolpersteine ein

Von Birgit Heinig

VS-Villingen. Er hat in seinem jetzt 71-jährigen Leben bereits 5000 Studierenden die Mathematik und die Physik nähergebracht und setzt sich jetzt mit der gleichen Leidenschaft dafür ein, dass die Menschen sich erinnern: Für Friedrich Engelke geht es beim Thema "Stolpersteine" vor allem um Wahrnehmung.

Der sanfte Herr mit dem weißen Haarschopf und dem sympathischen Lächeln weiß, was er will. Ein "Dickkopf" sei er schon immer gewesen, sagt der während des Krieges in Prag geborene Westfale. Zusammen mit der Initiative "Pro Stolpersteine", die bald auch ein Verein werden soll, will er sich "in der Kunst der kleinen Schritte üben". Denn die zweite Ablehnung der Gedenksteine durch den Gemeinderat sieht Engelke in "viel Unwissen" begründet.

Als Michael Irion aus Mönchweiler nach dem erneut negativen Gemeinderats-beschluss Mahnwachen initiierte, habe er ihn angerufen und besucht, erzählt Engelke. Der gemeinsame Zweck sei eine "gezielt verantwortungsvolle Erinnerung für die Zukunft". Der zusammen mit neun Geschwistern in Detmold und später in Rheda-Wiedenbrück aufgewachsene Engelke hat prügelnde Nazilehrer erlebt, aber auch einen unvergessenen Geschichtslehrer, der sich über die damals übliche Interpretation des Bildungsplanes hinwegsetzte und das Dritte Reich ausführlich in seinem Unterricht behandelte. Darin liegt eine der Wurzeln des Interesses, das der Hochschullehrer jetzt in Initiative umsetzt. Viele Tage habe er als "Barfußhistoriker", wie er sich selbst scherzhaft nennt, in Archiven verbracht, die "Krankenhausmorde" jener unseligen Zeit erforscht und die jahrhundertealten Ursprünge von Antisemitismus verfolgt. Studiert hat der junge Friedrich Engelke in Freiburg bis zum Diplomphysiker. "Ich wollte damals möglichst weit weg von zu Hause studieren", schmunzelt er. Mit dem Doktortitel – "kein Plagiat!" – in der Tasche habilitierte er an der Universität Bielefeld. 1987 lockte ihn die als "Kaderschmiede" bekannte Hochschule in Furtwangen wieder in den Schwarzwald mit der Aufgabe, Anwendungen von Lasern in der Medizin und Industrie zu erforschen.

Mit seiner Frau Gabriele und seinem Sohn Julian zog er nach Pfaffenweiler. 2008 pensioniert, übernahm er weitere Lehraufträge und doziert bis heute vor Studenten. "Ich habe den schönsten Beruf der Welt", sagt er. Und er hat ein außergewöhnliches Hobby: Friedrich Engelke ist semi-professioneller Scrabble-Spieler. Gerade hat er sich beim Fairmastersturnier in Hamburg in die Rankingliste der deutschen Top Ten gespielt.

Wie bei dem Spiel um Worte setzt er jetzt Stein um Stein ein für eine Erinnerungskultur an Opfer des Nationalsozialismus. Am 12. Mai um 19.30 Uhr ist im Martin-Luther-Haus die Gründungsversammlung für einen Verein angesetzt, der aus der Initiative "Pro Stolpersteine" hervorgehen soll. Als Vorsitzender sieht er sich nicht, würde aber "unter zwei Vorsitzenden aus Villingen und Schwenningen" im Vorstand mitarbeiten. Im Beirat wünscht er sich Vertreter der jüdischen Gemeinde Rottweil, des Arbeitskreises Christlicher Kirchen, der Heimatvereine, der Wirtschaft, der Jugend und "vielleicht der Narrenzünfte?"