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Wenn die Stadt mal wieder Geld braucht. Ordnungsamt will krankheitsbedingte Ausfälle kompensieren.

Villingen-Schwenningen - Die Moderatoren von Radio Neckarburg amüsieren sich schon über ständig wiederkehrende Meldungen ihrer Hörer: "...und auf der B 33 zwischen Bad Dürrheim und Villingen wird auch wieder geblitzt, wieder auf Höhe des Friedhofs – dort scheint es sich besonders zu lohnen." Moderne Wegelagerei?

Gleich drei Tage hintereinander nahm die Stadtverwaltung auf der Bundesstraße an dieser Stelle in beide Richtungen Raser ins Visier. Und das nicht nur stunden-, sondern gleich tageweise. Ein Unfallschwerpunkt ist diese Stelle laut Polizeidirektion nicht. Kein Wunder also, dass sich Autofahrer in der Region jetzt ganz sicher sind: "Hier wird ausschließlich aus monetären Gründen geblitzt!" Die "Machenschaften" der Stadtverwaltung Villingen-Schwenningen seien "reine Abzocke", schimpfen gleich mehrere Leser des Schwarzwälder Boten unabhängig voneinander in E-Mails an die Redaktion und bitten darum, das Thema aufzugreifen.

Stadtverwaltung spricht von Nachholbedarf

Kurzum: Sie haben recht. Pressesprecherin Madlen Falke von der Stadtverwaltung Villingen-Schwenningen erklärt, dass diese Messungen an drei aufeinanderfolgenden Tagen durchgeführt wurden, habe damit zu tun, "dass man hier krankheitsbedingt Nachholbedarf hatte". Wegen gehäufter Krankheitsfälle im Ordnungsamt der Stadt konnten demnach einige geplante Radarkontrollen, aber auch Knöllchen-Vergaben nicht stattfinden und das bedeutet unter dem Strich auch Wenigereinnahmen im Budget des Ordnungsamtes. Diese müssen nun offenbar kompensiert werden und dafür hat man sich als besonders rentables Pflaster offenbar die B 33 ausgesucht. Denn hier schlage man, wie aus der Antwort der Pressestelle auch hervorgeht, gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: das Geld kommt in die Kasse und die Stadtverwaltung erfülle eine Forderung des Gemeinderates.

Diese habe nämlich darum gebeten, "dort häufiger Geschwindigkeitsmessungen durchzuführen", so Madlen Falke, Hintergrund war das gescheiterte Unterfangen, zum Lärmschutz der Anlieger die Geschwindigkeit zu reduzieren. "Dieser Forderung kommt das Bürgeramt nach und wird nun immer wieder Messungen entlang der B 33 durchführen." Autofahrer müssen sich also auf weitere Kontrollen einstellen – zur Freude der Stadtkasse.

120 traumhafte Prozent Kostendeckungsgrad

In der Tat nämlich ist das Ordnungsamt eine der Behörden, die kräftig Geld dorthin trägt. Vor allem die Überwachung des ruhenden Verkehrs, also das klassische Knöllchen-Verteilen, ist ein lohnendes Geschäft – 2016 lag der Kostendeckungsgrad bei etwa 120 Prozent, eine Rate, von der man bei anderen Haushaltspositionen kaum zu träumen wagt.

Und auch Radarkontrollen lohnen sich. Etwa 6000 Bußgeldverfahren wickelt das Oberzentrum im Laufe eines Jahres ab, zusätzlich zu 75 000 Verwarnungsverfahren. Einnahmen von etwa 1,5 Millionen Euro sind die Folge – und der überwiegende Anteil der jährlich weit über 5000 Bußgeldverfahren ist tatsächlich nicht etwa dem ruhenden Verkehr zuzuordenen, sondern dem fließenden Verkehr – also ein Ergebnis von Geschwindigkeitskontrollen wie vergangene Woche auf der Bundesstraße 33.

Ohne Raser und Falschparker also wäre Villingen-Schwenningen vor allem Eines: viel ärmer. Trotzdem widersprach Ordnungsamtsleiter Ralf Glück im Januar 2016 noch dem Vorschlag, an Ortseingängen gezielt weitere stationäre Radaranlagen zu installieren. "Das käme dem Vorwurf der Wegelagerei schon sehr nahe", sagte er damals. Ob er seine Sicht mittlerweile geändert hat – oder wie verhält es sich sonst vor diesem Hintergrund mit dem Blitzmarathon auf der B33, der noch ein Weilchen andauern soll?