Anke Jentzsch von der Nachsorgeklinik Tannheim erläuterte bei der Vernissage in der Pauluskirche den Inhalt der Bilder. Foto: Preiser Foto: Schwarzwälder-Bote

Kunst: Patienten von zwei Kliniken zeigen ihre Werke / Ausstellung in zwei Villinger Kirchen / Chöre treten auf

Von Barbara Preiser

Die Kunstausstellung "Ganze Perspektiven" zeigt auf ungewöhnliche Weise Patientenbilder der beiden Reha-Einrichtungen Nachsorgeklinik in Tannheim und Hegau-Jugendwerk Gailingen.

VS-Villingen. Vor fünf Jahren entstand bei den beiden Therapeuten Anke Jentzsch (Tannheim) und Jörg Rinninsland (Gailingen) die Idee eines gemeinsamen Kunstprojekts, bei dem Bilder jeweils die linke Seite von Patienten in Tannheim und die rechte Seite in Gailingen gestaltet werden sollten.

Vorgegeben wurden nur die Horizonthöhen, damit die Bilder dann zusammenpassen und das Thema: Meine Landschaft. Ansonsten war jeder der jungen Künstler völlig frei in Motiv- und Farbwahl. So entstanden innerhalb von zwei Jahren insgesamt 33 Bildpaare. Über das Kunstprojekt mit näheren Informationen zu den beiden Einrichtungen und mit den Bildern sowie Fotos der Künstler und ihren Aussagen haben Jentzsch und Rinninsland einen Bildband herausgebracht, der in der Ausstellung ausliegt.

Michael Malina, hauptberuflich Leiter der Jungen Reha in der Nachsorgeklinik Tannheim, ist zugleich ehrenamtlich Kirchenältester der Paulusgemeinde. Er entwickelte gemeinsam mit Pfarrer Thomas Weber die Idee einer Ausstellung der Werke in der Kirche. Diese wurde nun zu einem ökumenischen Projekt, da die Hälfte dieser Bildpaare an den Seitenwänden in der evangelischen Pauluskirche und die andere Hälfte in der katholischen St. Konradskirche gezeigt werden.

Kirche und Kunst gehören zusammen

Entsprechend erfolgte die Vernissage jetzt ebenfalls in zwei Teilen. "Kirche und Kunst gehören von jeher zusammen. Dabei ist die Zahl Zwei hier das hervorgehobene Merkmal. Bereits in der Bibel zieht sich von Anfang an durch, dass der Doppelpack besser als allein ist", erläuterte Pfarrer Thomas Weber in der Pauluskirche bei der Begrüßung.

"Jeweils zwei Künstler gestalteten mit fachlicher Unterstützung zweier Therapeuten in zwei Einrichtungen ein Bild. Gezeigt werden die Bilder hier in der Doppelstadt in zwei Kirchen, die zwei Konfessionen angehören. Und auch die Vernissage besteht aus zwei Teilen, bei deren zweitem Teil zwei Mädchenchöre mitwirken", führte Weber das auffällige Zahlenspiel weiter. Jörg Rinninsland ergänzte: "Dankenswerterweise haben sich auch zwei Fördervereine zur finanziellen Unterstützung dieses Projekts bereit erklärt."

Die Patienten beider Einrichtungen stünden in einer besonderen Lebenskrise, die nicht nur sie selbst, sondern auch deren ganze Familie betreffe. Durch das künstlerische Gestalten würden wertvolle Ressourcen freigelegt. Sei ein Reha-Aufenthalt ein Leben wie auf einer Insel, bilde eine derartige Ausstellung eine Brücke in das allgemeine öffentliche Leben, erklärte Rinninsland.

Unter den Bildpaaren ist auch eine Abbildung der jeweiligen Künstler mit einer kurzen Aussage zu dem Werk angebracht.

Anke Jentzsch ging näher auf die Bilder ein: "Die aneinandergefügte Begegnung der Bilder von Patienten in einer ähnlichen, aber dennoch individuellen Lebenssituation steht für die Begegnung der Menschen" und endete mit einem Zitat von Christian Morgenstern: "Jede Landschaft hat ihre eigene Seele, wie ein Mensch, dem Du gegenüberstehst."

Die berührenden Bilder zeigen Blumenwiesen und Wüstenlandschaften, Berge und Wasser, Sonne und dunkle Wolken, Leuchttürme und untergehende Schiffe. Sie erzählen von Sehnsüchten, Hoffnungen und Ängsten, Träumen und Enttäuschungen.

Nach diesen Ausführungen hatten die über 50 Besucher die Gelegenheit, in Ruhe die Bilder zu betrachten, bevor es mit einem Spaziergang durch das Schneegestöber in die nahegelegene Konradskirche ging. Nach Bild und Wort im ersten Teil standen nun Bild und Musik mit dem Jungen Chor St. Ursula und dem Mädchenchor Rottweil unter Leitung von Andreas Puttkammer am Keyboard im zweiten Teil der Vernissage im Mittelpunkt. Die 30 Mädchen im Alter von 13 bis 17 Jahren sangen voller Inbrunst und mit sichtlicher Freude Lieder von Friede und Liebe, Landschaften, Geborgenheit und blinkenden Sternen. Und über allem leuchteten in der Kirche noch der Stern und die Lichter an den Bäumen aus der Weihnachtszeit.

Sabine Bonath vom Gemeindeteam dankte allen Mitwirkenden und lud zum Ausklang noch zu einem kleinen Umtrunk ein.

Die Ausstellung ist noch bis zum 8. März in der evangelischen Pauluskirche, Kalkofenstraße 41, und der katholischen Kirche St. Konrad, Herdstraße 112, jeweils montags, mittwochs und freitags von 14 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.