Der Tannheimer Oldtimer-Leichentransport-Anhänger, mit dem Otto Scherzinger jahrzehntelang die Verstorbenen zur letzten Ruhestätte brachte, sucht nach seinem Ruhestand einen neuen Besitzer. Foto: Zimmermann Foto: Schwarzwälder-Bote

Otto Scherzinger geht nach 60 Jahren in den Ruhestand / Familie stärkte ihm den Rücken / Mit Anhänger unterwegs

Von Willi Zimmermann

VS-Tannheim. Der Totentransport-Anhänger der Gemeinde Tannheim steht zum Verkauf. Mehr als 40 Jahre lang hatte Otto Scherzinger mit ihm die Bürger zur letzten irdischen Reise abgeholt. Nach 60 Jahren als Bestatter ging der fast 80-Jährige jetzt in den Ruhestand.

Wie wird man Bestatter, insbesondere auf dem Land, wurde er schon oft gefragt. Sein Vater war es, sein Großvater auch schon, und sie wurden von den Familienangehörigen unterstützt. Von Beruf waren sie wie er Schreiner, zimmerten auch die Särge und schienen somit wie berufen für diese Tätigkeit.

Otto Scherzinger war knapp 20 Jahre alt, als er sozusagen als die kommende Generation in diese Aufgabe eingearbeitet wurde. Die Verstorbenen holte er noch zusammen mit Vogtsbauer Johann Zimmermann mit dem mit Pferden bespannten Totenwagen ab, von zu Hause, in den Krankenhäusern von Villingen oder Donaueschingen, oder woher auch sie einen Tannheimer zurückholen mussten. Seit 1961 übernahm er die Aufgabe des Bestatters, immer unterstützt von seiner Familie. Als Bestatter hatte er ebenfalls die nicht immer angenehme Aufgabe, bei Nichtanwesenheit eines Arztes den Tod festzustellen und den Totenschein auszufüllen. Erst später übernahm dies der Amtsarzt.

Die sprichwörtlichen Schutzengel hat er im Dienst aber auch gebraucht. Er erinnert sich noch genau daran, als 1963 ein Motorisierter auf der Straße von Wolterdingen nach Donaueschingen bei dichtem Nebel in das Fuhrwerk raste und er und Johann Zimmermann glimpflich davon kamen. Von da an benutzte er für Überführungen nach Tannheim nur noch ein Auto, in Tannheim selbst wurden die Verstorbenen bis 1969 mit dem Pferdewagen abgeholt.

Für ein funktionierendes Bestattungswesen hatte sich die Gemeinde Tannheim immer stark gemacht, um eine der Zeit gerechte Infrastruktur zu schaffen. So wurde trotz der Widerstände des Denkmalschutzes 1968 die Friedhofskapelle so umgebaut, dass die Toten bis zur Beerdigung aufgebahrt werden konnten, vorher war das zu Hause geschehen. Die Pflege der neuen Leichenhalle übernahm er bis zuletzt. Die Gemeinde sorgte auch dafür, dass Leichenschaffner als Sargträger beim Begräbnis tätig sein konnten. 1969 kaufte sie einen Leichentransport-Anhänger, mit dem Scherzinger mehr als 40 Jahre lang seinen Dienst versah. Seit drei Jahren hat er ihn nicht mehr benutzt und mit seinem Kollegen Aigner in Donaueschingen einen Wagen verwendet. Es sei nicht mehr möglich gewesen, alle Gebäude anhängergerecht anzufahren, einschließlich der engen Rangiermöglichkeiten an den Kliniken. Eigentlich hätte er sich längst in den Ruhestand begeben müssen, stellt Scherzinger fest. Er sicherte aber auf viele Anfragen zu, es so lange zu machen, wie er es machen könne. Bei der Verabschiedung im Rathaus erklärte Ortsvorsteherin Anja Keller, in Tannheim habe jeder gewusst, dass er bei einem Sterbefall mit Rat und Tat zur Seite steht, "der Otto regelt zuverlässig alles persönlich und auf kurzem Dienstweg". Es war ihm auch menschlich wichtig, für jeden die Hürden zu beseitigen. Otto Scherzinger dankte allen Mitstreitern, ohne die er diese Arbeit nicht durchgestanden hätte, wie er offen ausspricht. Dazu gehören die Familienangehörigen ebenso wie die politische und kirchliche Gemeinde. Klagen über Schikanen, auch bürokratischer Art bei seiner Arbeit im In- und Ausland waren von ihm nicht zu hören. Es war oft mit einem großen Aufwand und einiger Rennerei verbunden, es konnte aber zu aller Zufriedenheit in trotzdem angemessener Zeit gelöst werden. Noch nicht gelöst ist der Verbleib des scheckheftgepflegten Transport-Anhängers.

Die verstorbene Ortsvorsteherin Helga Eilts hatte sich wie folgt geäußert, als ihr Otto Scherzinger seinerzeit die Ausmusterung bekannt gab: Sie habe schon jemanden gesehen, der ein solches Fahrzeug als Campinganhänger benutzte. Sie persönlich habe dies bei aller Kreativität schon etwas makaber gefunden.