Als würde Villingen wieder belagert: Kanonendonner hallt in der Zähringerstadt wider. Fotos: Heinig Foto: Schwarzwälder-Bote

Jubiläum: Mordsmäßiger Kanonendonner hallt über Villingen wider / Die Beschießung der Zähringerstadt

Mit den Historischen Grenadieren 1810 auf die "Zeitreise einer wehrhaften Stadt" begab sich, wer am Wochenende in der Innenstadt, in den Ringanlagen und auf dem Hubenloch unterwegs war.

VS-Villingen. Das Interesse der Bevölkerung war groß. "Wir sind positiv überrascht und unsere Gäste sind hochzufrieden sowohl mit der Besucherzahl als auch mit der Stimmung", sagte ein entspannter Hauptkommandant und Gastgeber Wolfgang Kunle.

Überall in der Stadt fühlte man sich in zum Glück längst vergangene Zeiten zurückversetzt und die Gewissheit, dass Krieg, Not und Elend nur "gespielt" wurden, ließ die Besucher das Ganze in vollen Zügen genießen.

"Bringt ihn weg, nach Schwenningen", keifte ein Pöbel

Im Straßenkreuz begegnete man immer wieder Soldaten in den unterschiedlichsten Uniformen bei Zollkontrollen und kleinen Schaugefechten, Aufmärschen, und szenischen Darstellungen.

Die Gruppe "Aderlass" aus Bad Wimpfen stellte auf dem von den beiden Musikvereine Stadtharmonie und Stadtmusik bewirtschafteten Osianderplatz das Auffinden eines Pestkranken dar. "Bringt ihn weg, nach Schwenningen", keifte ein Pöbel. Der Pestarzt mit schwarzer Vogelmaske kam, doch es stellte sich heraus, dass der betrunkene "Patient" seine Verletzungen von einer erbosten Ehefrau erhalten hatte.

Dichtes Gedränge herrschte zeitweise im historischen Biwak in den Anlagen am Romäusring: hier konnte man authentisch das Soldatenleben von vor 200 Jahren miterleben. In Zelten aßen, tranken und ruhten die Recken, ließen sich von ihren Frauen pflegen, mussten aber auch selbst Hand anlegen beim Kochen, Flicken und Kassenbuch führen.

"Löschen, neue Kammer, Kammer esetzt, fertig – Bumm!"

Man konnte einem Sarwürker – so heißt ein Kettenflechter – über die Schulter schauen. Ein französischer Korporal erklärte die Funktionsweise einer Machete, während Kinder eine Kartusche dafür basteln konnten. Im Rekrutierungsbüro des "3ème Regiment Suisse" herrschte ein rauer Ton. Hier "verpflichtete" man sich für vier Jahre als Soldat, erhielt seinen gesamten "Lohn" im Voraus und gab das Versprechen ab, keine Widerworte gegen seine Vorgesetzten zu haben.

"Löschen, neue Kammer, Kammer gesetzt, fertig – Bumm!" hieß es im Lager der "Freien Reichsritterschaft St. Georgenschild" aus Radolfzell, die schon nachmittags für die Darstellung der Beschießung Villingens die Abläufe beim Kanonenladen übten. Unter dem Kommando Kunles und den Augen vieler Hundert Zuschauer wurden am frühen Samstagabend im Rosengarten auf dem Hubenloch originale Waffen früherer Zeiten abgefeuert, vom Bajonett bis zu tonnenschweren Kanonen, und die Stadt eine Stunde lang unter "Beschuss" gesetzt.

"Das ging damals über Wochen so."

"Das ging damals über Wochen so", erläuterte Kunle dem Publikum die Abläufe vom Vorgeplänkel über das Heranrücken des Feindes bis zur Beschießung. Während des ganzen Wochenendes galt ein banger Blick immer auch dem Himmel, der sich an diesem Wochenende nicht sehr kameradschaftlich verhielt. Doch darauf nimmt der Krieg schließlich keine Rücksicht.