Verbringt die letzten Tage an seinem Schreibtisch in der Schubertstraße: Sozialbetreuer Olaf Herzer-Genserich. Foto: Kratt

Gemeinschaftsunterkunft: Bald ist Schubertstraße leer. Sozialbetreuer: "Es funktioniert doch!".

VS-Schwenningen - Während die letzten Vorbereitungen für die neue Unterkunft in der Sturmbühlstraße laufen, stehen die Zeichen in der Schubertstraße auf Abschied. Der Sozialbetreuer Olaf Herzer-Genserich zieht Bilanz von seiner Begegnung mit den Flüchtlingen.

"Es war eine kurze, aber eine intensive Zeit", sagt Olaf Herzer-Genserich spontan, wenn er auf das vergangene Dreivierteljahr zurückblickt. Mit viel Aufwand war das ehemalige Fabrikgebäude im Industriegebiet Dickenhardt saniert und im April mit Asylbewerbern belegt worden. Doch bereits nach acht Monaten ist Schluss: Wie berichtet, wird die Stadt das Gebäude kaufen, um es als neues Obdachlosenheim zu nutzen.

"Eigentlich schüttelt hier jeder den Kopf, dass wir so schnell wieder raus müssen", zeigt sich Herzer-Genserich kritisch und fügt hinzu: "Die Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten war wirklich gut und wäre noch ausbaufähig gewesen."

Damit verweist er auch auf die Ehrenamtsarbeit, die sich mit Sprachunterricht, Nähcafé oder Fahrradwerkstatt gut etabliert habe. "In den Unterrichtsräumen im Keller haben die Ehrenamtlichen sogar Gardinen aufgehängt, um eine gemütliche Atmosphäre zu schaffen", berichtet der Sozialbetreuer. Doch was gut sei: Die Ehrenamtlichen könnten ihre Arbeit in der Sturmbühlstraße fortsetzen.

Zwei Familien bleiben

Von den rund 35 Personen, die übersiedeln, werden aber zwei Familien in der Schubertstraße bleiben – so lange es noch möglich sei. Denn sie hätten bereits den Status der Anerkennung und seien auf der Suche nach eigenem Wohnraum. "Derzeit suchen rund 40 Flüchtlingsfamilien in VS nach Wohnungen. Es ist wirklich schwierig", meint Herzer-Genserich.

Die Begleitung der Flüchtlinge in Kindergarten, Schule oder Gesundheitsamt, aber auch die Betreuung vor Ort – das habe seine vielfältige Arbeit ausgemacht. Afrikaner, Syrer und Afghanen unter einem Dach – Potenzial für Auseinandersetzungen? Da die meisten Bewohner in Familien gekommen seien, habe es kaum Konflikte gegeben.

Gern blickt Herzer-Genserich auf das Begegnungsfest im Juli zurück, zu dem die Bewohner landestypische Gerichte vorbereitet hatten. "Man hat gemerkt: Es war ›ihr Fest‹", erzählt der Sozialbetreuer mit einem Lächeln im Gesicht.

Er erinnert sich an eine Familie aus Afghanistan, die im April ohne Deutschkenntnisse nach Schwenningen gekommen war. Vor einigen Tagen habe sie in seinem Büro gesessen – und zumindest die älteste Tochter habe in nahezu einwandfreiem Deutsch mit ihm gesprochen. "Die Sprache ist der Schlüssel – es ist gut, wenn die Asylbewerber das begreifen."

Während für die Bewohner eine neue Zukunft in der Sturmbühlstraße beginnt, stehen die Zeichen für Olaf Herzer-Genserich auf Abschied aus Schwenningen. Er wird im Fischerhof bei Vöhrenbach unbegleitete minderjährige Flüchtlinge betreuen. Was er aus dem vergangenen Dreivierteljahr gelernt hat? "Für diejenigen, die es wirklich wollen: Die Integration, sie funktioniert doch!"

Wie Stadtpressesprecherin Oxana Brunner mitteilt, würden die Verhandlungen zwischen der Stadt und dem Eigentümer zum Kauf des Gebäudes in der Schubertstraße noch laufen. "Wir sind guter Dinge, dass bis Jahresende der Vertrag unterschrieben ist", führt Brunner fort.

Nach dem Auszug der Flüchtlinge werde das Amt für Hochbau kleinere Ertüchtigungen im Gebäude vornehmen, voraussichtlich im Frühjahr. Danach könnten die Obdachlosen untergebracht werden.

Wie es mit dem bisherigen Obdachlosenheim in der Turnerstraße nach dem Umzug weitergehe, sei noch nicht klar und müsse verwaltungsintern geprüft und beraten werden.