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Mit FDP-Kandidat Marcel Klinge auf dem Trimm-Dich-Pfad. Ein Mandat in Berlin wäre für ihn kein Abschied aus VS und der Region.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Für Unkonventionelles ist der Bundestagskandidat der FDP, Marcel Klinge, immer zu haben. Als er einen Lieblingsort und ein dazu passendes Hobby für seine Wahlkampfaktion mit dem Schwarzwälder Boten aussuchte, musste er daher nicht lange überlegen. Auf ging’s zum Trimm-Dich-Pfad.

Sportsgeist hat der Bundestagskandidat im Schwarzwald-Baar-Kreis ganz offenbar. "Ich mache regelmäßig Sport, man sitzt den ganzen Tag ja eigentlich nur noch am Schreibtisch", sagt der 37-Jährige und rennt los. Hier habe man den Wald ja gewissermaßen vor der Nase, freut er sich, das nutze er gerne.

Aber wie hält es denn die FDP überhaupt mit dem Wald, der Natur, den "grünen" Themen? "Natürlich ist Naturschutz wichtig", meint Klinge, gerade hier im Schwarzwald-Baar-Kreis lebe man in einer tollen Region, mit viel schützenswerter Natur. Aber natürlich zählten auch wirtschaftliche Aspekte, mit welchen es das in Einklang zu bringen gelte. Die Erforschung umweltfreundlicher Technologien sei wichtig, Forschung und Entwicklung könnten dazu beitragen, "dass Mensch und Natur im Einklang miteinander sind".

Ein Thema, das auch, oder ganz besonders, das Thema Automobilindustrie tangiert. Hier ist man in Klinges Augen ohnehin gut beraten, über Treibstoffe und Antriebstechnologien viel breiter als bislang zu diskutieren. Wasserstoff und Ethanol müssten mehr in den Fokus rücken – "sich hier ganz auf Elektroautos zu fokussieren, ist, glaube ich, nicht der richtige Weg". Und das habe nichts mit seiner jüngsten Kaufentscheidung zu tun: "Ich habe mir eben gerade erst einen Diesel gekauft, muss ich ehrlich zugeben", räumt er ein. Die aktuelle Diskussion um die Abschaffung der Dieselfahrzeuge wird in seinen Augen mit Scheuklappen und viel Ideologie geführt. Und klar sei ohnehin: In Sachen Infrastruktur müsse Deutschland ohnehin noch gewaltige Anstrengungen unternehmen, beispielsweise für die E-Mobilität sei das längst nicht ausgereift: "Da muss richtig viel gemacht werden."

Mindestens fünf Prozent für die FDP sind seine Eintrittskarte in den Bundestag

Doch Klimmzüge und dergleichen macht jetzt erst einmal Marcel Klinge. In strömendem Regen und bei niedriger Temperatur hangelt er Holme auf dem Trimm-Dich-Pfad im Villinger Germanswald entlang, dehnt er sämtliche Muskelgruppen und stemmt er Holzpfähle, während er sich weitere Fragen gefallen lässt.

Dazu gehören auch ungenierte, etwa: Was kostet so ein Wahlkampf eigentlich? "Das kommt natürlich auch darauf an, was man macht", vor allem koste das ganze auch viel Zeit, die man von der Familie und vom Privatleben abknapst – "das ist für mich eigentlich so das meiste, das man investieren muss, jenseits von natürlich ein paar tausend Euro, die ich als Kandidat da reinstecke. Aber das habe ich vorher ja gewusst", meint Klinge.

Bei diesem, seinem dritten Wahlkampf, dürfte das Geld besonders gut angelegt sein – Klinge rangiert auf Listenplatz sechs der FDP, soll heißen: Sobald die FDP die Fünf-Prozent-Hürde nimmt, ist sein Einzug ins Parlament perfekt.

Er hat schon eine ungefähre Vorstellung davon, was ihn in Berlin erwarten könnte, eine Art Aufbauarbeit, "weil es ja bislang keine FDP-Fraktion gab im Bundestag". "Insofern kommt man da erstmal nach Berlin und es ist nichts da, kein Büro, keine Mitarbeiter, keine Fraktion, nix – das ist natürlich eine große Herausforderung. Für die Zeit danach habe er sich vorgenommen, möglichst transparent zu arbeiten, bürgernah und ansprechbar zu bleiben, "und ich glaube auch, dass die Abgeordneten aus der Region zusammenarbeiten müssen, wenn es um wichtige Themen geht".

An seinem Platz im Gemeinderat hält er fest

Schon während des Studiums arbeitete Marcel Klinge im Bundestag, um neben dem Studium ein wenig Geld zu verdienen. "Von daher kenne ich so ein bisschen den Ablauf." Sein Amt als Gemeinderat in Villingen-Schwenningen, erzählt er, will der jüngste Gemeinderat des Gremiums übrigens auch im Falle seiner Wahl zum Bundestagsabgeordneten weiterhin, zumindest bis Ende dieser Legislatur weiterhin ausüben – "ich bleibe auch im Kreisrat". Zumal ein bisschen Bodenhaftung nicht schade – und gerade davon verleihe eine Tätigkeit insbesondere im Gemeinderat Villingen-Schwenningen doch sehr viel. Heimweh befürchtet der FDP-Kandidat übrigens nicht, schließlich sei er dann immer noch da – "wir haben dann 22 Sitzungswochen und den Rest bin ich natürlich hier".

An einer Turnstange absolviert er geschwind ein paar schräge Klimmzüge. Das kann der sportliche Politiker gut. Aber warum wurde Klinge überhaupt politisch? Lächelnd erzählt er mit Blick auf die damalige Wehrpflicht von der bestandenen Musterung und wie er eingezogen wurde. "Das fand ich damals einfach blöd. Es ärgerte mich, dass der Staat mir einfach ein Jahr von meinem Leben klaut und es mir wegnimmt als Mann, das fand ich nicht fair." Da fiel das Ansinnen der FDP 1999, die Wehrpflicht auszusetzen, beim jungen Marcel Klinge auf fruchtbaren Boden. "Das hat mich 1999 einfach total angesprochen". Als 2010 die Regierung die Wehrpflicht dann tatsächlich ausgesetzt hat, fand sich der Villinger in einer besonderen Situation wieder: Gerade der Grund, weshalb er in die FDP eingetreten ist, wurde umgesetzt. "Da war ich sehr stolz."

Ein bisschen Stolz blitzt auch durch, als er von seinem rege geführten digitalen Wahlkampf erzählt. "Der Wahlkreis ist ja riesig, ich glaube 70 oder 75 Kilometer im Durchmesser, da kann ich natürlich nicht überall sein" – Social Media sei da eine ganz charmante Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen. "Ich habe auch immer relativ viele Likes und es gibt auch viel Feedback." Ob er online die Nase vorn hat? "Ganz ehrlich?! Ich schaue gar nicht so sehr auf die anderen, ich schaue, dass ich selber mit meinen Ideen und meinen Botschaften punkte."

Und dabei ist er zuversichtlich: "Ich glaube schon, dass wir im Wahlkreis das Potenzial dazu haben, zweistellig zu werden", sagt Klinge und freut sich über einen "sehr starken FDP-Wahlkreis".

Aber was wäre eigentlich, wenn es doch nichts würde mit dem Einzug in den Bundestag? Er kandidiere ja nun schon zum dritten Mal, so Klinge, ein weiteres Mal würde er es kaum versuchen – "irgendwann ist auch mal gut". Außerdem gebe es so viele andere Dinge, die Spaß machen – in einem Start-Up-Unternehmen mitzuwirken, beispielsweise.

Im Gegensatz zu den Start-Ups, die er gerne unterstützen würde, ist Marcel Klinge für diesen Nachmittag am Ende angekommen. Die letzten Trimm-Dich-Stationen sind bewältigt, alle Muskeln gedehnt. Doch lange wird er dem Germanswald mit dem idyllischen Aussichtspunkt ins Tal hinab wohl nicht fern bleiben. "Ich komme ziemlich oft hierher. Wenn ich mal nen anstrengenden Tag hatte, wenn ich dann laufen gehe, dann mache ich hier manchmal eine kleine Pause, atme mal durch und lasse es mir einfach mal gut gehen. Wir leben in so einer tollen Gegend..., ich mag das sehr gerne." Für einen Nachmittag in diesem Wahlkampfmarathon hält Klinge inne, genießt beim Abschluss im Pavillon am Waldrand den Austausch über alle möglichen Themen. Doch dann hat er ihn wieder, der Wahlkampf 2017 – der nächste Termin steht bevor. Und schon wieder muss Marcel Klinge sich sputen.