Schon seit Jahrtausenden wurde pflanzenkohlehaltige Schwarzerde anlegt, um Nahrung anzubauen. Dieses Gemüse ist auf Schwarzerde gezogen worden. Foto: Umweltzentrum Foto: Schwarzwälder-Bote

Umweltzentrum: Vortrag über "Humusaufbau und Klimaschutz durch Karbonisierung"

VS-Schwenningen. "Humusaufbau und Klimaschutz durch Karbonisierung von Landschaftspflegematerial" heißt ein Vortrag im Umweltzentrum am morgigen Freitag, 19.30 Uhr. Der Tübinger Biologe Michael Weiß spricht auf Einladung des Landschaftserhaltungsverbandes Schwarzwald-Baar-Kreis.

Hinter diesem nüchtern klingenden wissenschaftlichen Titel verbirgt sich ein spannender Bericht über neueste Entwicklungen auf einem Gebiet, das schon vor Jahrtausenden eine große Bedeutung für die Menschheit hatte: der Herstellung von Kohle und ihrer Anwendung im Pflanzenbau. Die Entdeckung und Ausnutzung der in der Kohle steckenden Möglichkeiten zur Gewinnung von Wärme und für die Herstellung metallischer Werkstoffe hat die Entstehung der menschlichen Zivilisation entscheidend beeinflusst – und bedroht heute andererseits unsere Zivilisation durch die dadurch entstehende Erderwärmung.

In den vergangenen 20 Jahren haben Wissenschaftler, zu denen auch der Tübinger Professor Michael Weiß gehört, Methoden entwickelt, um nicht nur, wie es früher die Köhler taten, Holzkohle aus speziellem, teurem und trockenem Holz zu gewinnen, sondern in industriellen Anlagen sogenannte Pflanzenkohle mit ähnlichen Eigenschaften wie Holzkohle herzustellen und dabei auch relativ feuchte und ansonsten wirtschaftlich wertlose biologische Reststoffe aus Land- und Forstwirtschaft, wie Landschaftspflegematerial, Grünschnitt, Trester, Restprodukte aus Biogasanlagen und sogar Mist, verwenden zu können. Dabei kommt ein Verfahren zum Einsatz, das als Pyrolyse bezeichnet wird. Der griechische Begriff Pyrolyse deutet an, dass es sich um eine chemische Auflösung organischer Moleküle unter dem Einsatz von Feuer handelt. Die Zielsetzung ist es die gewonnene Pflanzenkohle bei einer nachhaltigen Landwirtschaft als Zusatzstoff in den Boden einzubringen. Neben industriellen Anlagen zur Pyrolyse von Biomasse gibt es inzwischen auch Kleinstanlagen für bäuerliche Kleinbetriebe oder den privaten Gartengebrauch, auf die im Vortrag und der anschließenden Vorführung eingegangen wird.

Durch ihre hohe Porosität ist auch Pflanzenkohle ein idealer Lebensraum für Pilze und Bakterien. Sie fördert deshalb das Leben von Mikroorganismen im Boden und ermöglicht dadurch einen anhaltenden Humusaufbau. Pflanzenkohle wirkt auch als Langzeitspeicher im Boden für Nährstoffe und Wasser.

Werden Pflanzenreste oder Holz zu Kohle umgewandelt, was in der Fachsprache als Karbonisierung bezeichnet wird, so erhält man einen Stoff, der, ähnlich wie die noch in der Erde ruhende Steinkohle, über einen sehr langen Zeitraum chemisch stabil bleibt und den darin gespeicherten Kohlenstoff nicht freisetzt. Mit dem Einsatz von Pflanzenkohle in der Landwirtschaft können also zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: die Qualität der Böden wird erhöht und die Freisetzung von Kohlendioxid in die Atmosphäre wird reduziert. Darüber hinaus lässt sich die bei der Karbonisierung entstehende Prozesswärme zu Heizzwecken nutzen oder über Kraft-Wärmekopplung in elektrische Energie umwandeln. Damit kann die Karbonisierung einen innovativen Beitrag zur Energiewende leisten.