"Das erste Mal..." in einem Flugzeug: Volontärin Alicja Bienger erinnert sich an ihre Linienflug-Premiere

Von Alicja Bienger

u Meine Hände sind schweißnass, mein Herz rast, die Knie zittern. Am liebsten würde ich schreiend wieder rausrennen, aber es geht nicht: Die Stewardess hat soeben alle Türen geschlossen. Nun gibt es kein Entrinnen mehr, es sei denn, ich simuliere einen Herzanfall und lege damit den halben Stuttgarter Flughafen lahm. Nein, denke ich, dann lieber Zähne zusammenbeißen und weiter still leiden.

Richtig: Ich sitze in einem Airbus. Das erste Mal in meinem Leben traue ich mich in so ein riesiges Stahlungetüm, das nach meinem – nicht gerade meisterhaft ausgeprägten – physikalischen Verständnis überhaupt nicht fliegen dürfte. Der Flug soll möglichst nicht sehr lange dauern, das habe ich vorher extra so ausgewählt. "Mallorca?", hatte mein Mann Daniel zuvor ungläubig gefragt. "Aber du hasst doch Strandurlaub!" Ja, richtig. Tue ich. Dann gehen wir eben wandern. Bei 40 Grad im Schatten. Oder umrunden mit dem Mietwagen einmal die gesamte Insel. Egal. Hauptsache, ich muss bei meinem ersten Linienflug nicht gleich stundenlang im Flieger sitzen. Man muss sich schließlich langsam herantasten. Seit ich denken kann, leide ich unter geradezu panischer Flugangst.

Sobald ich ans Fliegen denke, gehen mir tausende Horrorszenarien durch den Kopf: Triebwerksausfall, Gewitter, Vogelschlag. Vor meinem geistigen Auge sehe ich Nachrichtenbilder verunglückter Maschinen mit hunderten Opfern – so wie beim Germanwings-Absturz vor einigen Wochen. Nicht mögliche Turbulenzen machen mir Angst, sondern die Tatsache, dass ich ein fliegendes Flugzeug logischerweise nicht einfach verlassen kann – und dass ich nicht weiß, wer im Cockpit sitzt. Und ich weiß, dass es ganz vielen Menschen außer mir genauso geht, obwohl das Fliegen angeblich sehr sicher sein soll.

Dabei bin ich schon häufiger geflogen, nur eben nicht Linie, sondern in kleinen Sportmaschinen, mit und ohne Motor. Im Gegensatz zu vielen meiner Mitmenschen macht mir diese Fliegerei gar nichts aus, ja, ich durfte ein solches Flugzeug einmal sogar selbst unter fachkundiger Aufsicht landen.

Von Daniel, selbst Hobbypilot, weiß ich, dass man mit den kleinen Fliegern im Notfall auf jeder größeren Wiese landen kann, auch ohne Motorkraft. Das kann ein Airbus auch. Theoretisch. Nicht gerade ein großer Trost. Als die Triebwerke angehen und die Boeing 747 sich in Bewegung setzt, beginne ich zu wimmern. Obwohl ich am Fenster sitze, habe ich die Augen fest geschlossen. Wir werden immer schneller, das Flugzeug wird lauter. Ich hatte noch nie in meinem Leben so viel Angst. "Aua!!!", kommt es von rechts. Ups – vor lauter Panik habe ich dem armen Daniel fast die Hand zerquetscht.

Nach wenigen Sekunden ist der schlimmste Moment vorbei. Ich wage jetzt sogar, aus dem Fenster zu schauen. Mit einem Mal verwandelt sich die nackte Angst in kindische Begeisterung. "Schau mal", rufe ich, "da unten, man sieht die Autobahn! Und hier, der Neckar! Und dann diese Wolken – wunderschön!" Ich zücke die Videokamera und halte fast den ganzen Flug fest. Meine bessere Hälfte schüttelt nur den Kopf. So viel Lärm um nichts!

Feuchte Hände, zitternde Knie, Schweiß in Strömen, Schwindelanfälle – oder doch alles ganz entspannt? Es gibt viele Situationen im Leben, in denen man etwas das erste Mal macht: Eine wichtige Prüfung, ein Vorstellungsgespräch oder ein Auslandsjahr. Wir stellen euch regelmäßig Menschen vor, die uns von ihrem "ersten Mal" erzählen. Viel Spaß beim Lesen!

Wollt auch ihr jemanden vorschlagen, der eurer Meinung nach ein guter Kandidat für unsere Serie wäre? Dann ruft uns an oder schickt uns eine Mail (siehe Kasten unten rechts). Wir freuen uns über jede Anregung!