Montage: Ulm/Fotos: Eich Foto: Schwarzwälder-Bote

Landtagswahl: Erst Schulter an Schulter, jetzt auf Distanz / Lars Patrick Berg distanziert sich von Frohnmaier

Von Cornelia Spitz

Wie weit rechts steht die Alternative für Deutschland (AfD)? Darüber scheinen sich auch die "Alternativen" im Schwarzwald-Baar-Kreis noch uneins zu sein.

Schwarzwald-Baar-Kreis. Es ist schon ein paar Tage her: Schulter an Schulter kamen die beiden AfD-Direktkandidaten im Schwarzwald-Baar-Kreis in die Redaktion des Schwarzwälder Boten in Villingen, um über ihre bevorstehende Kandidatur zu informieren: Der 24-jährige Student der Rechtswissenschaften aus Tübingen, Markus Frohnmaier, für den Wahlkreis Villingen-Schwenningen, und der 49-jährige Oberstleutnant a. D. aus Heidelberg, Lars Patrick Berg, für den Wahlkreis Tuttlingen-Donaueschingen.

Sie wollen über die Ziele ihrer Kandidatur informieren und gemeinsam mit dem Kreisvorsitzenden der AfD Joachim Senger im Vorfeld der Landtagswahlen im März die Werbetrommel für die "Alternativen" im Schwarzwald-Baar-Kreis rühren. Senger ist froh, gleich mit zwei Direktkandidaten aufwarten zu können, auch wenn keiner der beiden aus seinem Wahlkreis stammt. Und er gibt Einblick in das stramme Wahlkampfprogramm, das die beiden in den nächsten Wochen absolvieren sollen.

Nils Schmid: "Wenn Rassisten Wahlkampf für Baden-Württemberg machen..."

Freitags und samstags Infostände auf den Wochenmärkten, im Anschluss Flyerverteilung und das klassische Klinken-Putzen in den Ortschaften des Kreises, von Haus zu Haus. "Da bekommt man dann hautnah mit, was die Leute drückt", freut sich Senger, die Verspargelung des Schwarzwalds mit Windkraftanlagen sei das zum Beispiel, neben dem dominierenden Thema, der Asylkrise, versteht sich. Und er prophezeit: "Wir planen auch einige Veranstaltungen." Ein klares Ziel habe man vor Augen. Frohnmaier weiß auch welches: "Wir wollen schon zweistellig werden – und wir halten das auch für gar nicht so unwahrscheinlich." Und wohin der Wahlkampf noch führen soll, macht der Kreischef der Alternativen deutlich: "Wir möchten zeigen, wofür wir stehen."

Aber was ist das überhaupt? In Umfragen ist als Definition der Wähler für die AfD alles dabei, von der tatsächlich konservativen Alternative, über die Beschreibung als rechtspopulistisch bis hin zum Auffangbecken für Rechtsradikale. Von letzterem jedoch distanzieren sich beide Kandidaten im Schwarzwald-Baar-Kreis deutlich. Der Kreisverband ging aus diesem Grund sogar demonstrativ auf Distanz zur rechtsgerichteten Sbh-Gida, dem regionalem Pegida-Ableger. Für Nils Schmid (SPD), Wirtschafts- und Finanzminister des Landes Baden-Württemberg, ist jedoch klar: Die AfD zählt zu den rechtsextremistischen Auswüchsen – und das wird für ihn offenbar auch gerade bei der AfD in Villingen-Schwenningen deutlich.

Gestern Morgen sagte Schmid in einem Interview mit dem Deutschlandfunk: "Wenn die AfD mit Leuten in den Landtag einziehen will, die von linken Gesinnungsterroristen reden, dass man diesen Parteienfilz angehen muss, dass das Zitat von dem Kandidaten in Villingen-Schwenningen ist, wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt, dann wird ausgemistet (...), wenn Rassisten Wahlkampf für die AfD in Baden-Württemberg machen, dann kann man nicht so tun, als wäre das eine normale Partei."

Lars Patrick Berg: "Das fällt ja dann auch auf mich zurück."

Das zielt auf Markus Frohnmeier. Und was sagt er selbst im Gespräch mit unserer Zeitung zu diesem Thema? Ja klar, er habe die Erfahrung schon gemacht, als AfD-Mann in die rechte Ecke gestellt zu werden, zumal er nicht irgendein AfD-Mann, sondern sogar ehemaliger Bundes- und heutiger Landesvorsitzender der Jungen Alternative für Deutschland ist. "Aber wenn man mit den Leuten spricht, merken die schnell, wie man wirklich ist", betont Frohnmaier und lächelt gewinnend, ehe er hervorhebt: "Wir sind eigentlich die Partei der neuen Mitte." Auch Lars Patrick Berg, gleichzeitig Pressesprecher des AfD Landesverbandes und Mann der ersten Stunde bei der AfD Baden-Württemberg, weist rechtes Gedankengut von sich und bezeichnet sich als wertkonservativ, "es ist ja etwas Gutes, konservativ zu sein."

Vielleicht liegt es gerade an dieser Einstellung, dass Lars Patrick Berg mit seinem Pendant im Wahlkreis Villingen-Schwenningen im Nachhinein doch nicht mehr so einig ist, wie das Pressegespräch vor Wochen glauben machen wollte. Vor einigen Tagen nämlich griff Berg zum Telefonhörer und wählte die Nummer der Redaktion des Schwarzwälder Boten.

Nach kurzem Vorgeplänkel kam er auf den Punkt. Er schoss plötzlich gegen Frohnmaier: Die Art, wie sein Kollege Frohnmaier Wahlkampf mache, passe ihm nicht, machte er deutlich. "Ich führe ein bisschen anders Wahlkampf als der Herr Frohnmaier", sagte er und meinte: "Wissen Sie, das fällt ja dann auch auf mich zurück – und ich würde mich als konservativ bezeichnen, nicht als rechts stehend." Vielleicht, fragte Berg, könne er das einmal in einem Vier-Augen-Gespräch mit der Redaktion deutlich machen?

Unterdessen lässt Frohnmaiers Auftritt vor allem in sozialen Medien oft aufhorchen. Sätze wie "Gestern noch geklatscht heute schon begrapscht" zu den Vorkommnissen in der Silvesternacht in Köln sind keine Seltenheit. Kaum ein Posting, das sich nicht mit der Asylkrise befasst. Auf seiner Internetseite geht er auf seine Vergangenheit in der CDU, die "mich jedoch in den letzten Jahren zunehmend enttäuschte", ausführlich ein. Anderes hingegen lässt er unter den Tisch fallen. Seine Kontakte zur rechten Szene etwa – auf Facebook posiert Frohnmaier mit Manuel Ochsenreiter für ein gemeinsames Foto – Ochsenreiter soll im September 2014 nicht nur bei der internationalen Konferenz "New Horizon" in Teheran referiert haben – sie gilt als Nachfolgerin der Holocaustleugner-Konferenz 2006 im Iran, welche weltweit auf scharfe Proteste auch von Kanzlerin Angela Merkel stieß –, sondern Ochsenreiter ist auch Vertreter der Neuen Rechten und war Chefredakteur der Deutschen Militärzeitschrift und bei der Monatszeitschrift "Zuerst!", beide werden vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes beziehungsweise der Bundesregierung als dem rechtsextremen Spektrum nahe zugeordnet.

An einem anderen Tag zeigt er ein Foto mit einem bemerkenswerten Weihnachtsgeschenk seines Co-Sprechers Sven Tritschler – es ist das umstrittene Werk "Der Nomos der Erde" von Carl Schmitt, ein Autor, der auch als "Kronjurist des Deutschen Reiches" bezeichnet wird. Doch Postings wie diese sind in den letzten Wochen seltener geworden, in Zeiten, in denen er die AfD als Partei der neuen Mitte umschreibt und seine Facebook-Freunde bittet: "Unterstützen Sie mich bei meinem Einzug in den Landtag!"