Seit Monaten probt Eric Nikodym (Mitte) vom Staatstheater Karlsruhe die szenische Lesung zur Ausstellung. Foto: Galerie Foto: Schwarzwälder-Bote

Galerie: Woyzeck-Projekt und Ausstellung mit mehr als 140 Werken einst verfolgter Künstler

Villingen-Schwenningen. An lässlich der Ausstellung "70 Jahre Lovis-Presse Schwenningen 1947 bis 1949", die am Samstag, 21. Januar, eröffnet wird, ist das Dramenfragment "Woyzeck" in den Bildern von Werner Gothein ein besonderes Highlight. Für die szenische Lesung des Theaterstücks mit Migranten – von der Baden-Württemberg Stiftung finanziell unterstützt – wird seit Monaten geprobt. Premiere ist am Samstag, 28. Januar, 19 Uhr im Lovis-Kabinett.

Selten ist Galerieleiter Wendelin Renn um ein Antwort verlegen und auch kaum aus der Ruhe zu bringen gemäß der Maxime: "Kunst verträgt keine Hetze". Doch vor wenigen Tagen war er doch überrascht. Grund war ein Anruf vom Schauspielhaus Bochum: "Bitte reservieren Sie uns zwei Karten." Der Anrufer war der Schauspieler Heiner Stadelmann, der sich auf die szenische Lesung bezog.

Und da war beim Galerieleiter der Groschen gefallen: Vor 28 Jahren hatte die Städtische Galerie eine Retrospektive mit Arbeit des Ernst Ludwig Kirchner-Schülers Werner Gothein gezeigt. Und zur Vernissage dieser Ausstellung inszenierte eben dieser Schauspieler – damals noch am Theater Freiburg engagiert – nach der Rede von Franz Georg Ludwig Gremliza, dem Gründer der Lovis-Presse, eine außergewöhnliche Woyzeck-Collage.

Das künstlerische Werk von Gothein, der zu den Künstlern der Schwenninger Lovis-Presse gehört, betreute sein Neffe Dietrich Gothein in Nußdorf. Doch seit Jahrzehnten wurde keine Ausstellung mehr von dem Künstler gezeigt und so war die Gothein-Ausstellung 1989 im Lovis-Kabinett sensationell, was zur Übernahme in die Bodensee-Galerie in Friedrichshafen und zum Kunstverein Speyer führte. Werner Gothein war zu Lebzeiten recht berühmt.

Einen Platz in der Kunstgeschichte erhielt der Künstler aber mit seinen Arbeiten zu Georg Büchners Dramenfragment "Woyzeck". Die sechs Pastelle sind heute im Eigentum der Städtischen Galerie und weltweit die ersten Arbeiten im Bereich der Bildenden Kunst, die zu dem Dramenfragment von Büchner geschaffen wurden.

Die Ausstellung in der Städtischen Galerie im Jubiläumsjahr zur 1200-Jahrfeier zeigt mit herausragenden Werken bedeutender Künstler die Zeit des Aufbruchs nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs.

Nach zwölf Jahren Diktatur stand die Schwenninger Lovis-Presse für ein grundlegendes Menschenrecht: Freiheit für die Kunst. So sind mehr als 140 Werke ehemals von den Nationalsozialisten verfemten Künstlern, die Arbeits- und Ausstellungsverbot hatten, zu sehen.

Weitere Informationen: Die Ausstellung ist von 22. Januar bis 12 März zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10 bis 12 und 14 bis 17 Uhr, Montag geschlossen. Die szenische Lesung wird am Sonntag, 29. Januar, 17 Uhr, wiederholt.