Ein Raub der Flammen wurde die ehemalige Ärzte-Villa auf dem alten Schwenninger Klinikgelände. Foto: Bloss

Polizei nimmt jungen Obdachlosen fest. Mann gesteht Tat. Brandstifter mittlerweile in Psychiatrie eingewiesen.

VS-Schwenningen - Hat der Schwenninger Feuerteufel am ehemaligen Klinikareal wieder zugeschlagen? Zumindest konnte die Polizei am Dienstag einen alkoholsüchtigen 18-Jährigen ohne festen Wohnsitz festnehmen, der die Inbrandsetzung der Ärzte-Villa (wir berichteten) auf Facebook angekündigt hatte.

"Der 18-jährige Tatverdächtige ist inzwischen gefasst und wird derzeit noch vernommen", bestätigt Pressesprecher Thomas Kalmbach vom Polizeipräsidium Tuttlingen die Gerüchte, dass die Brandstiftung von einem jungen Obdachlosen, der über eine gewisse Zeit in der leerstehenden Chefarzt-Villa auf dem Klinik-Areal gehaust haben soll, ausgegangen ist.

Mittlerweile sei für das weitere Prozedere die Staatsanwaltschaft mit ins Boot geholt worden, mit der die Kriminalpolizei morgen eine Presseerklärung herausgeben wird, so Kalmbach. "Der Fall sieht einer baldigen Klärung entgegen", verspricht der Polizei-Sprecher.

Die heiße Spur hat die Polizei aller Wahrscheinlichkeit nach durch eine Gruppe Jugendlicher erhalten. Denn laut eines Augenzeugen, der am späten Montagabend am Tatort war und mitbekommen hatte, wie die Polizei eine fünfköpfige Gruppe von Jugendlichen im Alter zwischen zwölf und 17 Jahren vernommen hatte, hatten diese engen Kontakt zu einem 18-jährigen "stadtbekannten" Mann. Dieser sei drogen- und alkoholsüchtig und habe sich immer wieder auf dem leerstehenden Klinik-Areal – vor allem im ehemaligen Helikopter-Gebäude, weil es dort noch Strom gebe – herumgetrieben.

Wie der Augenzeuge weiter berichtet, habe der 18-Jährige sein Vorhaben, die Villa in Brand zu stecken, auf Facebook angekündigt und sogar damit gedroht, sich umzubringen. Die Jugendlichen, die sich selber regelmäßig auf dem Gelände aufhielten, um Drogen und Alkohol zu konsumieren, hätten ihn daraufhin suchen wollen und schließlich das brennende Gebäude vorgefunden.

Der Augenzeuge weiß zudem, dass der gesuchte Mann aus der Gegend komme und immer wieder in psychologischer Behandlung gewesen sei. Auch die anderen Jugendlichen seien "zum Teil sehr, sehr gefährlich" und hätten zusammen mit dem potenziellen Täter bereits harte Drogen konsumiert.

Dass sich das seit zwei Jahren leerstehende Klinik-Areal besonders in den vergangenen Wochen als Brennpunkt von Vandalismus und Szene-Treffen von randalierenden Jugendlichen entpuppt habe, das kann auch Maria Noce, die neben dem Gelände die Christlich Ambulante Pflege VS betreibt, bestätigen. Sie wurde am Montagabend per Telefon herbeigerufen, als die Mitarbeiter der Hospiz-Einrichtung, die mit Gästen auf der Terrasse waren, das Feuer der schräg gegenüberliegenden Ärzte-Villa gesehen und daraufhin den Notruf betätigt hatten.

Erst in der Nacht zuvor hätten sie und ihr Team Leute beobachtet, die sich vor dem früheren Klinik-Eingang aufgehalten und randaliert hätten. "Seit mehreren Wochen geht das hier so zu. Die Angst unter den Mitarbeitern und den Gästen ist mittlerweile sehr groß", beschreibt Noce die Situation.

Vor drei Wochen sei das Fass zum Überlaufen gekommen, als eine Gruppe von zehn bis 15 Jugendlichen auf dem Gelände randaliert, Eisenstangen aus einem Gebäude herausgerissen und auf ein Carport eingeschlagen hätte. "Wir haben die Polizei informiert, dass hier richtig chaotische Verhältnisse herrschen. Doch die Polizei hat daraufhin nichts in die Wege geleitet, weil sie nur eine Streife zur Verfügung hatte", berichtet die Geschäftsführerin. Seither, so Noce weiter, führten die Mitarbeiter der Nachtwache selber dreimal pro Nacht Kontrollbesuche entlang des Klinikgeländes durch, um die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten. "Die Leute ignorieren die aufgestellten Zäune oder benutzen die Feuerleitern, um auf die Dächer zu klettern.

Oft sind es auch Betrunkene, die in anderen Sprachen durch die Gegend schreien", berichtet Noce wütend und appelliert gleichzeitig an die Stadt: "Das Gelände ist in einem furchtbar desolatem Zustand und eine Schande für das Oberzentrum. Ich hoffe inständig, dass sich die Stadtverwaltung und die Investoren über den Bebauungsplan bald einig werden und das Gebäude endlich abgerissen wird. Dann kehrt hoffentlich wieder Sicherheit und Ruhe hier ein."

Ob ein Zusammenhang zwischen dem Krankenhaus-Brandanschlag und der Brandserie, die sich vor rund zehn Tagen in der Schwenninger Innenstadt zugetragen hatte, besteht, sei "vakant" und werde derzeit durch DNA-Spurensuche noch geprüft, so Polizeisprecher Thomas Kalmbach. "Ausschließen können wir es nicht", denn das sei eine Frage der grundsätzlichen Motivation des Feuerteufels. Kalmbach fügt hinzu: "Es ist eine ganz andere Kategorie. Aber es kann natürlich auch sein, dass der Feuerteufel nun auch nicht mehr Halt vor richtigen Wohnhäusern macht."

Zum Mangel am nächtlichen Streifendienst rund um das alte Klinikum hält sich Kalmbach indes zurück. "Überall gleichzeitig kann man leider nicht sein. Aber die Kollegen werden bestimmt in Zukunft ein Auge mehr drauf haben."

Seite 2: Lösung ist schneller Rückbau

(st). Gregor Braun von der Stadtentwicklung VS GmbH, der den größten Teil des ehemaligen Klinikareals in Schwenningen kaufen möchte, will nach dem Brand der ehemaligen Chefarztvilla nicht mehr tatenlos zusehen. "Die einzige Chance ist, schnell tätig zu werden", meinte er gestern. Wenn Klinikgeschäftsführer Matthias Geiser nächste Woche aus dem Urlaub zurück ist, will Braun ihm einen Vorschlag unterbreiten, schneller als geplant mit dem Rückbau beginnen zu können. Denn Braun ist sich sicher: "Je länger er sich rauszögert, desto schlimmer wird es."

Noch ist die Klinik GmbH Eigentümerin des Grundstücks und der Bauten. Erst, wenn der Bebauungsplan rechtskräftig ist, wird Braun den Kaufpreis bezahlen und somit das Eigentum auf ihn übergehen. Um Vandalen vom Grundstück abzuhalten, sind vor geraumer Zeit Bauzäune errichtet worden. Wie berichtet, wurden sie zum Teil bereits niedergerissen. "Gegen rohe Gewalt kann man nicht ankämpfen", meint Braun, es sei denn es werde eine Wachmannschaft rund um die Uhr rekrutiert. Deshalb sieht er als bestes Mittel schnelles Handeln.