Anstellung für Akademiker nicht angemessen: Behörden lassen Mann im Regen stehen.
Villingen-Schwenningen - Eigentlich sollte der junge Nigerianer die Beautyclinic in Immendingen bekannter machen, an deren Marke feilen. Seit Dezember arbeitet er als so genannter Brandmanager in dem Unternehmen. Doch bald könnte dem 32-Jährigen aus Afrika die Abschiebung drohen.
Die zuständige Ausländerbehörde in Villingen-Schwenningen, wo der junge Mann wohnt, hat seine Aufenthaltsgenehmigung nicht verlängert.
"Die Tätigkeit, der er bei uns nachgeht, sei seiner Hochschulausbildung nicht angemessen", nennt Olaf Wübbe eine der Begründungen des Amts. Wübbe betreibt die Beautyclinic mit seiner Frau und vertritt zugleich seinen Angestellten als Anwalt. Amaru, der eigentlich ganz anders heißt, will seinen Namen nicht in der Zeitung lesen. Im Oktober 2012 ist er nach Deutschland gekommen, um an der FH Furtwangen einen Master in International Management zu machen. Das Studium schließt er im Sommer 2014 ab. Nach Paragraph 16 des Aufenthaltsgesetzes bleiben ihm nun bis zu 18 Monate, um einen Arbeitsplatz zu suchen, der seinem Studienabschluss angemessen ist.
Zuerst arbeitet der 32-Jährige für ein Sicherheitstechnik-Unternehmen, bei dem er schon während des Studiums gejobbt hat. Amarus beruflicher Schwerpunkt: die Weiterentwicklung von Produktmarken. Das Unternehmen geht pleite. Als nächstes betreibt er die Markenplanung für einen Online-Mode-Shop in Villingen-Schwenningen. Über eine Modenschau seines Arbeitgebers lernt Amaru schließlich Olaf Wübbe und seine Frau Katharina Wroblewska von der Beautyclinic kennen. "Wir haben beschlossen, uns zu vergrößern", sagt Wübbe. "Und da haben wir einen Markenentwickler gebraucht. Seit Dezember hat Amaru eine Vollzeitstelle in Immendingen für 1800 brutto im Monat, so Wübbe. Ein weiteres Manko aus Sicht der Ausländerbehörde: Die Entlohnung entspreche nicht Amarus Hochschulbildung, erläutert Wübbe. Das Amt hat die Aufenthaltsgenehmigung nicht verlängert. Bereits bis zum 12. Mai hätte Amaru freiwillig aus Deutschland ausreisen sollen.
Wübbe hat Widerspruch gegen die Entscheidung eingelegt. Gleichzeitig hat der Anwalt einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht Freiburg gestellt. Dieser soll bewirken, dass Amaru während des laufenden Widerspruchverfahrens nicht abgeschoben werden kann. Im Widerspruch an das Bürgeramt Villingen-Schwenningen versucht Wübbe, die "Angemessenheit" des Jobs aufzuzeigen, indem er die Aufgabenbereiche Amarus beschreibt. Zudem schreibt er, dass ein Bruttogehalt zwischen 4000 und 5000 Euro für einen Berufsanfänger dieser Branche "bei den überwiegend klein- und mittelständischen Wirtschaftsbetrieben in den Kreisen Schwarzwald-Baar, Rottweil und Tuttlingen" nicht durchzusetzen sei. Dieses Durchschnittsgehalt hatte Wübbe bei der Durchsicht von Stellenanzeigen im Bereich Brandmanagement errechnet. Aufgrund des laufenden Verfahrens möchte das Bürgeramt sich selbst nicht zu dem Fall äußern.
"Die Entscheidung der Ausländerbehörde ist aus meiner Sicht rechtlich nicht zu beanstanden", sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei. Jemand aus Amarus Bekanntenkreis hatte ihn um Unterstützung gebeten. "Wir sind in Deutschland auf qualifizierte Fachkräfte angewiesen", sagt Frei. Und gerade in einer wirtschaftlich starken Region wie in den Kreisen Tuttlingen und Schwarzwald-Baar müsse es möglich sein, einen angemessenen Arbeitsplatz zu finden. Amarus Gehalt hält der Abge ordnete angesichts des Studienabschlusses für "sehr gering".
Ähnlich sieht es Unionsfraktionsvorsitzender Volker Kauder, dem der Fall des jungen Nigerianers ebenfalls bekannt ist. Für ihn ist es problematisch, einen Akademiker für 1800 Euro brutto im Monat anzustellen. "Ich spreche mich dafür aus, dass Menschen, die bei uns studiert haben, auch angemessen bezahlt werden", so der CDU-Politiker. Ohnehin, so Kauder, sei eine politische Einflussnahme zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr möglich: "Nun entscheiden die Gerichte." Wird Olaf Wübbes Widerspruch, den er für Amaru eingelegt hat, abgelehnt, will er ein Hauptverfahren am Verwaltungsgericht anstrengen.
Info; Angemessener Arbeitsplatz
Was nach Paragraph 16 des Aufenthaltsgesetzes als "angemessener Arbeitsplatz" gilt, "orientiert sich immer an einer aktuellen Rechtssprechung", erklärt Andreas Schanz, Pressesprecher des baden-württembergischen Innenministeriums. Hat jemand, wie im Fall von Amaru (Name von der Redaktion geändert), in Deutschland studiert und nach spätestens 18 Monaten eine angemessene Stelle gefunden, sei eine weitere Aufenthaltserlaubnis von bis zu fünf Jahren, danach eine Niederlassungserlaubnis möglich. Diese sei nicht an die deutsche Staatsbürgerschaft gekoppelt. Für Hochqualifizierte greift zudem eine EU-Richtlinie, die auch in deutsches Recht umgesetzt ist: Bei einem Jahresgehalt von mindestens 50 000 Euro brutto, ist eine Niederlassungserlaubnis schon nach 33 Monaten möglich. Für jemanden, der in einem so genannten Mangelberuf – einem Bereich, in dem Fachkräfte fehlen – arbeitet, sinkt die Gehaltsgrenze auf 39 000 Euro brutto im Jahr.