Martin Harnik trifft nicht mehr – wie die anderen VfB-Stürmer auch Foto: dpa

Stürmer ohne Tore sind wie Linsen ohne Spätzle – auf Dauer eine fade Angelegenheit. Die Angreifer des VfB Stuttgart treffen partout das Tor nicht mehr. Doch jetzt kommt Frankfurt. Da war doch was!

Stuttgart - 25. Oktober 2014, Commerzbank-Arena Frankfurt: Was für ein verrücktes Spiel! Der VfB lag 0:1 zurück, führte 3:1, lag beim 3:4 wieder hinten – und siegte 5:4. Wahnsinn! Als die emotionale Achterbahnfahrt zu Ende war, fragte ein Fan per Twitter an, ob der VfB die Kosten für blutdrucksenkende Medikamente übernehme. Ein anderer bot sein „ziemlich zerfetztes Nervenkostüm“ zum Verkauf an. Und Huub Stevens, damals ohne Verein, jubelte zu Hause vorm Fernseher: „Solche Spiele genießt man .“

Jetzt ist Stevens Trainer des VfB und erlebt den krassen Kontrast. In 13 Spielen unter seiner Ägide hat der VfB nur zehnmal getroffen, genauso häufig also wie in drei Spielen der Hinrunde: Vor dem Sieg in Frankfurt hatte der VfB 3:3 gegen Leverkusen und 2:3 bei Hertha BSC gespielt. „Das sind Phasen, die gibt es – mal trifft man wie am Fließband, mal eben nicht“, sagt der Niederländer. Der VfB trifft eher nicht. Vor allem seine Stürmer.

Nehmen wir die Torschützen aus dem Hinspiel gegen Frankfurt:

Martin Harnik (27) traf zweimal – seither sind ihm nur zwei Tore beim 4:1 in Freiburg gelungen. Das war am 28. November.

Timo Werner (19) traf einmal – seither noch einmal gegen Freiburg. Beide Treffer waren die letzten Stürmertore des VfB.

Christian Gentner (29), ein Mittelfeldmann mit Offensivdrang, traf zweimal – seither nur noch einmal beim 1:1 in Hannover.

Eine Bilanz zum Gruseln. Aber immer noch besser als die anderen VfB-Stürmer.

Vedad Ibisevic (30) erzielte mal 17 Saisontore und galt als Torgarant. Sein letzter Treffer gelang ihm im Dezember 2013.

Daniel Ginczek (23) hat fünf Treffer in fünf Spielen für den VfB II geschossen, aber in neun Bundesliga-Einsätzen noch keines. Nach seinem Kreuzbandriss mit einjähriger Pause fehlt ihm noch Spielpraxis.

Mohammed Abdellaoue (29) ist seit zwei Jahren beim VfB und dauerverletzt. In zwölf Bundesligaeinsätzen kam er auf ein Tor.

Filip Kostic (22) hat 20 Einsätze und einen Treffer auf dem Konto.

Tore sind ein Fremdwort für sie. Und das Gefühl, das Huub Stevens beschreibt, kennen sie nur vom Hörensagen: „Tore zu erzielen ist das Schönste – aber auch das Schwierigste.“ Kann man wohl sagen.

Im Nachhinein war es ein Fehler, im Winter keinen weiteren Stürmer zu verpflichten. Doch wer konnte schon ahnen, dass Formtiefs (Ibisevic, Harnik), Verletzungen (Abdellaoue), längere Reha-Aufenthalte (Ginczek) und eine stockende Entwicklung (Werner, Kostic) plötzlich den Bedarf erhöhten?

Hinzu kam: Lange Zeit stellte Huub Stevens den VfB extrem defensiv ein und auf. Die Stürmer waren kaum mehr als Staffage, weil die Bälle sie gar nicht erreichten. Seit der VfB offensiver spielt, fehlen ihnen häufig die präzisen Zuspiele aus dem Mittelfeld. Oder sie verstolpern ihre Chancen. Doch an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky) geht es ja wieder gegen Frankfurt. Ein gutes Omen?

Zumindest kehrt Martin Harnik nach seiner Sperre zurück – mit mageren fünf Treffern ist er aktuell der erfolgreichste VfB-Torjäger. „Er ist wieder heiß, vielleicht hat ihm die Zwangspause ja gutgetan“, sagt Sportvorstand Robin Dutt. Werner habe „gute Flanken“ geschlagen, aber kaum Abnehmer im Zentrum gefunden. Ginczek bescheinigt Dutt „wie einigen anderen auch ansteigende Form“. Sie hat gereicht, um Ibisevic zu verdrängen. Der Bosnier zaudert, zögert, zweifelt, dabei hatte er im Trainingslager in Lagos einen starken Eindruck hinterlassen. „Jeder Spieler hat in jedem Training die Chance – jeder Spieler“, sagt Huub Stevens. Ibisevic hat sie nicht genutzt.

So bleibt dem Trainer nur der neidvolle Blick zur Eintracht: Alexander Meier führt die Torjägerliste der Liga mit 19 Treffern an. Das sind nur fünf weniger als alle VfB-Spieler zusammen. „Das ist super für so einen Jungen“, sagt Stevens. Und es ist eine Herausforderung für die VfB-Defensive: „Am besten wäre es, wenn Meier gar keinen Ball bekommt.“ Denn wenn er ihn hat, weiß er meist auch etwas damit anzufangen.