Robin Dutt muss sich beim VfB Stuttgart unangenehme Fragen gefallen lassen. Foto: dpa

Selbst bei einer erneuten Last-Minute-Rettung gegen den VfL Wolfsburg am Samstag muss sich Robin Dutt beim VfB Stuttgart unangenehme Fragen gefallen lassen.

Stuttgart - Der Kredit von Robin Dutt ist längst verspielt. Nach dem dramatischen Bundesliga-Finale der vergangenen Saison gab es Lob und Anerkennung für seine ruhige Art und die Entscheidung, an Huub Stevens bis zum letzten Spieltag festzuhalten. Doch die Euphorie nach dem Klassenverbleib, dem großen Bohei um den neuen Coach Alexander Zorniger als Hoffnungsträger auf der Bank und den schicken Trikots mit durchgehendem Brustring ist verflogen - und Dutt nicht nur für sehr viele Fans einer der Hauptschuldigen.

Sein Vertrag als Sportvorstand des VfB Stuttgart läuft bis Ende 2018. Ob er ihn erfüllen darf, ist vor dem immens wichtigen Spiel beim VfL Wolfsburg am Samstag (15.30 Uhr) aber fraglicher denn je. Nach Informationen des „Kicker“ ist der Aufsichtsrat inzwischen von Dutt abgerückt und denkt an Ex-Nationalspieler Karl Allgöwer als Nachfolger. Der hat zwar keine Erfahrung in einer offiziellen Funktion, hätte aber zumindest einen Bonus bei den Anhängern.

Und auf die Gunst seiner Mitglieder ist der Verein mit Blick auf die Mitgliederversammlung im Juli angewiesen. Schließlich soll da endlich die Ausgliederung der Profiabteilung beschlossen werden.

Öffentlicher Treueschwur

Der öffentliche Treueschwur von Weltmeister Kevin Großkreutz und die Vertragsverlängerung von Kapitän Christian Gentner sind zwar irgendwie auch Pluspunkte für Dutt. Aber selbst bei einem erfolgreichen Klassenverbleib und einer erneuten Last-Minute-Rettung muss sich der 51-Jährige unangenehme Fragen gefallen lassen. Zu Themen, die er vor nicht ganz einem Jahr selbst aufgeworfen hat.

Schlechte Kaderplanung, kein Konzept für den Nachwuchs, furchtbares Scouting - all diese Vorwürfe rief er seinem Vorgänger Fredi Bobic hinterher, ohne den Ex-Nationalspieler dabei beim Namen zu nennen. Später bereute Dutt seinen Auftritt zwei Tage nach dem erlösenden 2:1 gegen den SC Paderborn. Nach allem was man weiß, nahm Bobic eine Entschuldigung aber nie an. Und Dutt wird seither an seinen markigen Worten gemessen.

Nur: Besser geworden ist nichts. Von einem gesicherten Mittelfeldplatz durfte der VfB nur in der kurzen Hochphase zum Rückrundenstart träumen, als es in der Mannschaft angeblich sogar schon wieder Gedanken an den Europapokal gegeben haben soll.

Die Transferbilanz von Dutt liest sich ähnlich durchwachsen wie die von Bobic. Gute Einkäufe wie Serey Dié, Emiliano Insua, Lukas Rupp oder Großkreutz werden gegengerechnet mit dem wackeligen Torhüter Przemyslaw Tyton, Toni Sunjic, Philip Heise oder den beiden Stürmern Jan Kliment und Artem Kravets, die allenfalls in Ansätzen für Torgefahr sorgten. Ausfälle von wichtigen Stützen kann der Kader nicht kompensieren.

Anschließende Kaufoption

Die Leihe mit anschließender Kaufoption von Antonio Rüdiger zum AS Rom galt zwar als ordentliches Geschäft. Doch ohne den Nationalspieler entwickelte sich die schon mit Rüdiger nicht sattelfeste Abwehr mit inzwischen 72 Gegentoren zur schlechtesten Defensive der Bundesliga. Rundum taugliches Personal konnte Dutt weder Zorniger noch dessen Nachfolger Jürgen Kramny bieten.

Auch seine Ankündigung, wichtige Spieler beim VfB halten zu wollen, kann Dutt nicht erfüllen. Spielmacher Daniel Didavi verliert der Verein an den VfL Wolfsburg, ein Verbleib von Filip Kostic ist mehr als fraglich.

Zudem ist der Unterbau der Profis dramatisch eingebrochen. Die zweite Mannschaft ist bereits aus der 3. Liga abgestiegen. Die A-Jugend hat zwei Spieltage vor Schluss als Tabellendritter bereits 19 Punkte Rückstand auf Spitzenreiter TSG Hoffenheim. Eine gute Saison für den VfB Stuttgart war diese erste komplette Spielzeit unter Dutts Regie nicht. Egal, wie sie am Samstag endet.