Daniel Didavi und der VfB Stuttgart - diese Liebe geht weit zurück. Foto: Pressefoto Baumann

Zwangsehen sind selten eine gute Basis für eine prickelnde Zukunft. Daniel Didavi und der VfB Stuttgart wollen mit ihrer Liaison das Gegenteil beweisen – zumindest so lange, bis der aktuelle Vertrag sie nächsten Sommer scheidet.

Stuttgart - Es läuft ziemlich rund für Daniel Didavi, was angesichts seines Knorpelschadens, der ihn zwei Jahre fast komplett aus dem Spiel genommen hat, stets besonderer Erwähnung bedarf. Das Knie gibt Ruhe, die Prellung am Knöchel, die er sich bei einem Tritt im Spiel gegen die Zillertal-Auswahl (11:0) eingehandelt hat, ist zwar schmerzhaft, aber kein größeres Problem. Die Hitze im Trainingslager in Mayrhofen steckt er auch müheloser weg als die Kollegen. „Ich habe afrikanisches Blut in mir“, sagt der Sohn eines Beniners und blinzelt in die Sonne.

Und da ist noch der neue Trainer. Was Didavi von Alexander Zorniger in den ersten Tagen gehört und gesehen hat, spricht ihn an. „Der Trainer hat eine klare Idee und eine klare Spielphilosophie. Wenn wir das umsetzen, haben wir gute Chancen, die Bundesliga zu überraschen“, sagt Didavi (25).

VfB ist seit Jahren Didavis Verein

Das alles klingt nach viel Zuneigung, was nicht weiter verwundert: Der VfB ist Didavis Verein, seit er acht Jahre alt war. Und doch lassen die forschen Töne aufhorchen. Schließlich ist es noch keine drei Wochen her, dass Didavi einer anderen, einer neuen Liebe frönte. Bayer Leverkusen lockte mit einem Dreijahresvertrag und einer üppigen Gehaltserhöhung von bisher zwei auf drei Millionen Euro. Auch die Aussicht auf packende Flutlicht-Abende in der Champions League nahmen Didavi für den Werkclub gefangen. „Ich sage ganz offen: Mein Ziel ist es nicht, immer gegen den Abstieg zu spielen. Ich bin nicht mehr 20, sondern 25. Leverkusen ist deshalb eine reizvolle Option“, sagte er – und wartete nur noch auf die Freigabe des VfB.

Sportvorstand Robin Dutt dachte aber gar nicht daran, dem Begehr des Mittelfeldjuwels nachzugeben, im Gegenteil. „Es ist ganz klar, dass Daniel Didavi in der kommenden Saison bei uns spielt. Wir brauchen ihn, er ist eine der wichtigsten Säulen für unsere Mannschaft“, sagt Dutt. Deshalb ist der Mann für die technischen Raffinessen im Spiel des VfB nun im Zillertal und nicht bei der Vorbereitung mit Leverkusen. Was kein Problem sei, wie der gebürtige Nürtinger versichert: „Ich habe nie gesagt, dass ich den VfB verlassen will. Ich habe nur meine Gedanken und Wünsche dargelegt.“ Dass ihm das mancher Fan trotzdem als innere Demission ausgelegt hat, weiß er inzwischen auch: „Vielleicht hätte ich das so nicht sagen sollen, das habe ich jetzt gelernt.“

Daniel Didavi und der VfB: Es ist ein bisschen wie eine Liebe, die durch die vielen Misserfolge der vergangenen Jahre abgekühlt war und nun neu entfacht worden ist. Zwanghaft durch die verweigerte Freigabe, vor allem aber durch Bekenntnisse im Verein und in dessen Umfeld, künftig leistungsorientierter zu handeln: „Wir sind dem Abstieg zweimal von der Schippe gesprungen. Da hat die Vereinsführung gesehen, dass sich etwas ändern muss. Zum Beispiel bei der Integration der eigenen Talente, da sind einige Vereine am VfB vorbeigezogen.“

"Mir geht es nicht vordergründig ums Geld"

Das wertet Didavi als positive Signale. Man mag es glauben oder nicht, wenn er versichert, dass er sich nicht zwingen muss, noch ein Jahr das Trikot mit dem Brustring zu tragen. „Mir geht es nicht vordergründig ums Geld, sondern um den Fußball“, sagt er, „wir wollen einen Fußball spielen, der für etwas steht. Deshalb haben wir einen Konzepttrainer wie Alexander Zorniger gebraucht.“

Falls dessen Spielidee fruchtet, mag Didavi auch eine Vertragsverlängerung über 2016 hinaus nicht ausschließen: „Es ist nicht sicher, dass ich nächstes Jahr weg bin. Doch um zu bleiben, muss ich zu 100 Prozent überzeugt sein.“ Und sein Knie muss endlich schmerzfrei bleiben. „20, 25 Spiele will ich in der neuen Saison bestreiten“, sagt er. Alles Weitere wird sich finden.