Die B 27 in der Innenstadt zählt laut einer Studie zu den am meisten durch Staus belasteten Verkehrsachsen in Deutschland Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Stuttgart ist zumindest einen fragwürdigen Titel los: Laut einer Studie ist die deutsche Stauhauptstadt im vergangenen Jahr Köln gewesen. 65 Stunden lang standen Autofahrer dort durchschnittlich im Stau. In Stuttgart war es eine Stunde weniger.

Stuttgart - Die Landeshauptstadt ist einen fragwürdigen Titel los. Neben Deutschlands Feinstaubhochburg galt Stuttgart bisher auch als Stauhauptstadt der Republik. Das hat sich laut einer Studie jetzt geändert. Die Verkehrsdatenexperten des Unternehmens Inrix haben dafür hunderte von Quellen aus ganz Europa analysiert. Und kommen zum Schluss: Erstmals seit Jahren standen die Menschen 2014 nicht in der Region Stuttgart am längsten im Stau, sondern in Köln.

In der Metropole im Rheinland verbrachten Autofahrer im vergangenen Jahr durchschnittlich 65 Stunden im Stau. Das waren neun Stunden mehr als noch 2013. Entwarnung gibt es auch für Stuttgart nicht. Hier betrug der Zuwachs aber nur vier auf 64 Stunden, was Platz zwei in der unbeliebten Tabelle bedeutet. Platz drei belegt Karlsruhe mit 63 Stunden. Ganz am Ende der 22 untersuchten Großräume findet sich Augsburg mit nur 20 Stunden. Der Durchschnitt in Deutschland beträgt 39 Stunden – vier Stunden mehr als noch im Jahr zuvor.

Auch im internationalen Vergleich bleibt Stuttgart mit seiner Verkehrsbelastung weit vorn. Nur London mit 96, Brüssel mit 74, Köln und Antwerpen liegen vor der Landeshauptstadt. Deutschland insgesamt kommt ebenfalls auf einen unrühmlichen Spitzenplatz. Nur in Belgien und den Niederlanden haben Autofahrer 2014 mit 51 beziehungsweise 41 Stunden noch mehr Zeit im Stau verschwendet. In Ungarn sind es lediglich fünf Stunden gewesen.

Auch die B27 und die B10 sind dabei

Inrix erfasst auch die staureichsten Straßen in Deutschland. Unter den zehn am höchsten belasteten Verkehrsachsen finden sich gleich zwei aus Stuttgart. Auf Platz sechs liegt die B 27 zwischen Olgaeck und Feuerbach. Autofahrer, die dort regelmäßig unterwegs sind, konnten dort im vergangenen Jahr allein gut 40 Stunden auf der Straße lassen. Nicht weit dahinter auf Platz zehn findet sich die B 10. Auf dem hoch belasteten Abschnitt zwischen Pragtunnel und Gaisburger Brücke verloren Pendler 2014 über 34 Stunden Lebenszeit.

Die Werte haben zwei Seiten. So bedeutet viel Stau in einer Region meist nicht nur schlechte Straßenverhältnisse, sondern vor allem wirtschaftlichen Wohlstand. Wo viele Menschen unterwegs zur Arbeit sind, wo der Geschäftsverkehr floriert gibt es viele Arbeitsplätze und eine hohe Attraktivität.

Dass in Deutschland die Staus zum dritten Mal in Folge zugenommen haben, begründen die Verkehrsexperten daher auch mit dem Wirtschaftswachstum. Zudem spiele in den Ballungsräumen der zunehmende Trend der Menschen in die Stadt eine Rolle. Aber auch einen weiteren Grund sieht Michael Schneckenberg von der Universität Duisburg/Essen: „Deutschland ist das Transitland Nummer eins in Europa. Daher ist es trotz guter Infrastruktur programmiert, dass die Staus weiter anwachsen.“