Der Internethandel boomt und viele Bürger wünschen sich mehr Schutz. Foto: dpa

Verbraucherschutz? Beim Essen und Trinken ist den Bürgern in Baden-Württemberg Kontrolle am Wichtigsten. Gegenüber dem Vorjahr ist aber der Bereich Finanzen und Versicherungen nach vorne gerückt. Ein Drittel würde für unabhängige Beratung auch bezahlen.

Stuttgart - An diesem Montag hat in Baden-Württemberg das neue Landeskontrollteam Lebensmittelsicherheit (LKL) seine Arbeit aufgenommen. Verbraucherminister Alexander Bonde (Grüne) sieht es als eine Art „schnelle Eingreiftruppe“ in der Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung, bei der Bekämpfung von Betrugsfällen und Durchführung besonderer Kontrollen, etwa bei schwerwiegenden Erkrankungen oder Umweltkontaminationen. Im Haushaltsplan stehen dafür jährlich 1,4 Millionen Euro bereit. Es sollen bis zu 17,5 neue Stellen geschaffen werden.

Das LKL übernimmt die Koordination großer Fälle und unterstützt die Behörden vor Ort durch ein interdisziplinäres Expertenteam. Minister Bonde trifft mit dem LKL den Nerv der Bevölkerung. Denn nach dem aktuellen Verbrauchermonitoring, das Bonde am Montag vorstellte, halten 62 Prozent der Menschen im Land Verbraucherschutz beim Essen und Trinken für am wichtigsten.

„In diesem Bereich haben wir auch schon massiv investiert“, so der Minister am Montag. So würden jährlich 110 000 Betriebskontrollen durchgeführt. Von 2011 bis heute sei die Zahl der Lebensmittelüberwacher von 244 auf 354 angehoben worden. 22 weitere Stellen kündigte Bonde für 2016 an.

Finanzen und Versicherungen im Visier

Stark aufgeholt gegenüber dem Verbrauchermonitoring 2014 hat allerdings der Lebensbereich Finanzen und Versicherungen. Dort wünschen sich 54 Prozent der Befragten effektiven Verbraucherschutz. Jungen Leuten im Alter zwischen 14 und 29 Jahren ist Sicherheit in dieser Sparte sogar genauso wichtig wie beim Essen und Trinken.

Der Bereich Verkehr und Freizeit hat gegenüber 2014 ebenfalls stark aufgeholt. 30 Prozent wünschen sich da mehr Verbraucherkontrollen. Die Ergebnisse sind den Befragten dann offenbar so wichtig, dass 52 Prozent Zeit dafür aufwenden würden. 33 Prozent würden dafür sicher auch Geld bezahlen, ebenso viele unter bestimmten Bedingungen. Viele Bürger fühlen sich aber generell fit in Verbraucherfragen: 46 Prozent wissen, wie sie den Anbieter für Handy, Festnetz oder Energie wechseln können, 41 Prozent wissen, an welche Stellen sie sich bei Problemen und Beschwerden wenden können. 26 Prozent meinen, sie brauchen gar keine Informationen, 21 Prozent fühlen sich gar überflutet von zu viel Information.

Das Ministerium hat im Frühjahr sein Verbraucherportal Baden-Württemberg neu konzipiert: „Rund die Hälfte der Befragten kennt es, und jeder Sechste hat es schon genutzt“, so Bonde am Montag. Als wichtigen Ansprechpartner für die Bürger nannte der Minister die unabhängige Verbraucherzentrale. Das Ministerium stellt der Einrichtung in diesem Jahr 3,7 Millionen Euro zur Verfügung.

Erfolgreiche Online-Schlichter

Bei den jüngeren Bürgern bis 29 Jahre nutzen inzwischen 98 Prozent das Internet – insgesamt sind es 79 Prozent der Bürger. Von diesen besitzen knapp zwei Drittel auch ein Handy oder Smartphone. Kein Wunder, dass der digitale Verbraucherschutz bei vielen einen immer größeren Stellenwert einnimmt. Knapp jeder Dritte hat beim Kauf von Produkten und Dienstleistungen im Netz schon schlechte Erfahrungen gemacht. Vor allem fehlt vielen ein Ansprechpartner. Bondes Ministerium hat deshalb den Online-Schlichter ins Leben gerufen: „Die hohe Erfolgsquote in 70 Prozent der Fälle gibt uns recht und zeigt, dass wir dringend ein bundesweit einheitliches Modell brauchen“, so Bonde. Der Bund sei in der Pflicht.

Einen europaweiten Vorstoß will Bonde ebenfalls unternehmen und zwar in puncto digitaler Secondhand-Markt. Aus Verbrauchersicht müsse es erlaubt werden, dass auch digitale Einkäufe von Musik oder Büchern etwa anschließend weiterverkauft werden dürften. Im nichtdigitalen Markt gebe es schließlich auch einen Secondhand-Markt.

Die meisten Probleme beim E-Commerce, also bei Einkäufen im Internet, haben die Bürger mit langen Lieferzeiten, gefolgt von mangelnder Qualität der Ware oder Dienstleistung. 15 Prozent fühlen sich betrogen. Beim E-Banking halten die meisten den Schutz vor Viren als wichtigste Aufgabe des Verbraucherschutzes, gefolgt von der Unterbindung der Gefahr, ausspioniert zu werden. Jüngere Nutzer bis 29 Jahre empfinden vor allem die Flut von Spam-Mails als Ärgernis.