Ein Pegida-Anhänger hält am Montag während einer Demonstration in Villingen-Schwenningen ein Schild mit der Aufschrift „Wahrheit statt Lügenpresse“ Foto: dpa

Der Begriff „Lügenpresse“ ist das Unwort des Jahres – zu Recht, findet unser Kommentator Jan Sellner. Denn wer behauptet, ein anderer lügt, muss das belegen können.

Darmstadt - Wer behauptet, ein anderer lügt, muss das belegen können. Pegida-Anhänger belegen nichts. Sie behaupten nur. Sie skandieren: „Lügenpresse“, ein Begriff mit einer unheilvollen Geschichte – und schon deshalb zurecht zum Unwort des Jahres gewählt. Sollten die „Lügenpresse“-Rufer nicht gewusst haben, dass dieses Wort einst als Kampfbegriff benutzt wurde, unter anderem von Joseph Goebbels, dann wissen sie es jetzt.

Ein bösartiger Begriff

Wenn sie im Wissen um die Geschichte dieses Begriffes daran festhalten, sind sie ignorant. Wenn sie entgegnen, man schwinge wieder mal die „Nazi-Keule“, erweisen sie sich als bösartig. Denn der Begriff „Lügenpresse“ ist bösartig – auch wenn er von der Meinungsfreiheit geschützt ist. Er beleidigt einen ganzen Berufsstand. Das Abendland retten wollen und die freie Presse verunglimpfen – das ist eine der vielen Ungereimtheiten der Pegida-Bewegung.

Vollständig objektiv zu berichten ist schwierig, vielleicht sogar unmöglich. Alles Schreiben ist eine Annäherung an die Wirklichkeit. Und immer wieder scheitern Journalisten daran. Zum Teil bleiben sie unter ihren Möglichkeiten, zum Teil überschreiten sie Grenzen. Es gibt Verfehlungen ganz ohne Zweifel. Journalisten machen Fehler. Wer nicht? Doch immer wieder findet Selbstbesinnung statt. Dazu dienen publizistische Regeln, wie sie im Pressekodex niedergeschrieben sind.

Der erste und wichtigste Grundsatz journalistischer Arbeit lautet: „Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.“ Lügner würden sich andere Grundsätze geben.