Die Eisenbahnbrücke bei Unterreichenbach ist eine besondere Konstruktion, die Mitte des 19. Jahrhunderts der Bauingenieur Johann-Wilhelm Schwedler erfand. Foto: Schabert

Wahrzeichen und besonderes Baudenkmal in Unterreichenbach. Begehung mit Experten Fritz-Ulrich Buchmann.

Unterreichenbach - Die Teilnehmer einer Begehung der Eisenbahnbrücke über die Nagold und die Bundesstraße 463 waren sich einig: "Die letzte Schwedler-Brücke im Land muss unbedingt erhalten bleiben." Das Unterreichenbach verbundene Mitglied des Kreisgeschichtsvereins Calw (KGV), Hans-Georg Köhler aus Stuttgart, hatte die Besichtigung organisiert.

Aus Sicherheitsgründen musste diese einer kleinen Gruppe aus Vorstandsmitgliedern des Schwarzwaldvereins Unterreichenbach (SWV) und KGV vorbehalten bleiben. Sie wurde von Jörg Krauß, dem Sicherheitsbeauftragten der Deutschen Bahn vom "Regionalnetz Freudenstädter Stern" aus Tübingen begleitet. Fritz-Ulrich Buchmann führte über das Wahrzeichen von Unterreichenbach und Baudenkmal. Der stellvertretende Leiter der Fakultät Architektur und Gestaltung an der Hochschule für Technik in Stuttgart kam ins Schwärmen, als er die Konstruktion erklärte. Diese ist seit ihrer Fertigstellung im Jahr 1874 unverändert. Dass das Bauwerk äußerlich teils etwas Rost zeigt, sieht der Fachmann für Tragwerksplanung nicht als Problem. Denn im Innern haben die Träger, Streben und Nieten keinen Schaden. Ein Schaden wäre es, wenn es die Brücke nicht mehr gäbe. Sie ist wohl bundesweit das einzige noch original vorhandene Projekt ihrer Art.

Hans-Georg Köhler hat gehört, dass die Bahn das Bauwerk ersetzen möchte. Wäre dies tatsächlich der Fall, würde ein wertvolles technisches Denkmal der Vergangenheit angehören. Der Metall-Fachwerkbau ist 64 Meter lang, 9,50 Meter breit und bis zu rund acht Metern hoch. Bauherr war 1874 die Württembergische Staatseisenbahn. Die Maschinenfabrik Esslingen stellte das Bauwerk her. Außer gelegentlich anzustreichen gibt es so gut wie keinen Unterhaltungsbedarf.

Das System aus Stahl ist nach Johann Wilhelm Schwedler (1823-1894) benannt. Er war Mitte des 19. Jahrhunderts königlich-preußischer Eisenbahn-Baumeister, später oberster preußischer Baumeister und Lehrer an der Berliner Bauakademie. Er erfand eine Trägerform, bei der selbst unter ungünstigen Lastannahmen die Streben nur auf Zug belastet werden. Dies gibt Stabilität und spart Material.

"Für die Kulturbahn hat die Tragfähigkeit genügend Reserven", ist sich Buchmann sicher. Von der ursprünglichen Planung her könne sie zwei viel schwerere, von Dampflokomotiven gezogene Züge tragen. Denn das Bauwerk ist ursprünglich für zwei Gleise ausgelegt.