Schutzwände vor Gebäuden: Eine Szene aus Mexiko-City Foto:  

Die deutsche Wirtschaft sieht die Unruhen in Mexiko mit Sorge. Die große Kriminalität dort ist schon länger ein Problem.

Stuttgart/Mexiko-Stadt - In Deutschland wird Mexiko vor allem mit Gewalt und Drogenkriminalität assoziiert. „Doch das Land hat enormes wirtschaftliches Potenzial“, sagt Johannes Hauser, Geschäftsführer der Deutsch-Mexikanischen Industrie- und Handelskammer (Camexa) in Mexiko. Eine erhöhte Gefahrenlage gebe es nicht erst seit den jüngsten Vorkommnissen, denn das Problem der Kriminalität lasse sich nicht leugnen: Warentransporte müssen teilweise eskortiert werden, um das Risiko von Überfällen zu minimieren.

Doch die Probleme im Umkreis des organisierten Verbrechens ließen sich auf bestimmte Regionen eingrenzen. Gefährlich sind vor allem der Norden und vereinzelte Regionen des Südwesten Mexikos – etwa Guerrero, der Bundesstaat, in dem jüngst 43 Studenten verschleppt und ermordet wurden. Deutsche Unternehmen seien in anderen Regionen angesiedelt – vor allem in der Hauptstadt sowie in Puebla, wo etwa VW präsent ist. Es gebe sicher einfachere Märkte als Mexiko, aber der Markt sei dynamisch und attraktiv. „Die Unternehmen wägen das wirtschaftliche Potenzial gegen das Risiko ab. Da nimmt man Nachteile in Kauf“, sagt Hauser. Unternehmen seien deshalb keine abgewandert, auch wurden Investitionspläne nicht revidiert.

Im Gegenteil: Weil Premium-Hersteller wie Audi und BMW sowie Daimler mit Nissan in den nächsten Jahren Autofabriken planen, rechnet Hauser sogar mit einer weiteren Ansiedlung von Zulieferern vor allem auch aus dem Südwesten Deutschlands. Viele Mittelständler, die heute schon ihre Produkte exportierten, dürften angesichts der Investitionspläne der Autokonzerne nun auch den Sprung nach Mexiko wagen.

Bereits jetzt sind in Mexiko rund 1400 Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung registriert – doppelt so viele wie vor 20 Jahren. Schwerpunkte sind Autohersteller und -zulieferer, die Chemie-, Pharma- und Medizintechnikbranche sowie Transport- und Logistikunternehmen. Auch etliche Firmen aus Baden-Württemberg – darunter Bosch, Dürr, Mahle oder Trumpf – sind vor Ort. Auch die duale Ausbildung, die von einigen deutschen Unternehmen in Mexiko praktiziert wird, gilt der mexikanischen Regierung als Vorbild, um ein Berufsausbildungssystem zu etablieren.

Ein wichtiger Faktor für Mexikos Attraktivität sind auch die zwölf Freihandelsabkommen, die das Land mit 45 Partnerländern vernetzen – allen voran der Nafta-Raum. Damit können beispielsweise Waren zollfrei in die USA exportiert werden. Zudem ist Mexiko im Vergleich zu den USA und China kostengünstiger. Was die Kennzahlen angeht, lag Mexikos Bruttoinlandsprodukt 2013 bei rund 1300 Milliarden Dollar (etwa 1042 Milliarden Euro), das entspricht etwa einem Drittel der Wirtschaftsleistung Deutschlands. Im vergangenen Jahr hat Deutschland Waren im Wert von rund neun Milliarden Euro nach Mexiko exportiert, während die Importe bei 3,9 Milliarden Euro lagen.