Ehemaliger Bürgermeister Siegfried Baumann züchtet in Unterkirnach Koi-Karpfen im Wintergarten

Von Felicitas Schück Unterkirnach. "Ich habe schon immer das Besondere gewollt und nicht das, was alle haben", sagt Siegfried Baumann. Der ehemalige Bürgermeister von Unterkirnach greift zur Chromonica, spielt "Griechischer Wein" oder "Ave Maria", während die Koi-Karpfen in seinem Wintergarten vergnügt im Teich an die Oberfläche kommen. Wenn es dunkel wird, schaltet der Verwaltungsfachmann und ehemalige Kreisrat den selbst entworfenen Sternenhimmel unter den Glasscheiben des Wintergartens an.

Gläserne Insekten spenden Licht über dem Koi-Teich. Koi-Karpfen sind sein Hobby, seit Siegfried Baumann im Ruhestand ist. Tiere mochte er schon immer. Nicht nur der steinerne Schweinehirte mit den Schweinchen in der Ortsmitte von Unterkirnach zeugt davon.

Dem Gemeinderat hat er seinerzeit die Erlaubnis abgerungen, besondere Tauben auf der Mühle züchten zu dürfen. "Solche, die sich nur auf das eigene Dach setzen und nicht auf andere", sagt er zufrieden. Schon in der Jugend hat der in Niedereschach aufgewachsene Siegfried Baumann Tauben auf dem berühmten Sinkinger Taubenmarkt gekauft und gepaart. Jetzt ist ihm das auch mit den seltenen und kostbaren Fischen gelungen.

Drei kleine Fische schwimmen im Becken. Sie sind vielleicht fünf oder sechs Wochen alt, schätzt Baumann. Zuerst habe er den Nachwuchs im trüben Wasser gar nicht bemerkt. Und wer die Eltern sind, weiß er auch nicht so genau. "Es ist ziemlich schwierig, Männlein und Weiblein bei den Koi zu unterscheiden". Im Informationsblatt einer Tierhandlung heißt es: "Geschlechtsreife Weibchen werden bei Laichansatz deutlich fülliger und besitzen einen stärker gewölbten Körper. Männchen entwickeln in der Laichzeit einen Laichausschlag am Kopf."

Die ältesten Fische im Teich der Baumanns sind schon zwölf Jahre alt. Siegfried Baumann hat sie für 50 Euro pro Fisch gekauft, als sie zehn Zentimeter lang waren. Inzwischen sind die Fische drei mal so groß geworden. 70 bis 120 Zentimeter Länge können sie erreichen. Doch das Wachstum richtet sich nach der Größe des Beckens. "Wenn sie mehr Bewegung haben, fressen sie mehr und werden größer", sagt Siegfried Baumann. Bis zu 4000 Euro könne man für einen großen Fisch berappen, sagt er. Sie bekommen Spezialfutter aus Japan.

Wenn sich Siegfried Baumann dem Becken nähert, tauchen die Fische sofort auf. Sie wissen, dass er etwas zu essen für sie hat. "Ich hatte einen, der hat mir aus der Hand gefressen", erzählt der Züchter während seine Fische laut schmatzen. Sie fressen nämlich die Algen am Beckenrand. "Den konnte ich sogar anfassen." Doch ein Pilz im Fischfutter ließ die Hälfte des ursprünglichen Bestandes von 28 Koi verenden. Jetzt sind es wieder 15 Fische.

"Ich habe mich nicht daran orientiert, was andere machen, sondern eigene Ideen entwickelt", sagt der ehemalige Bürgermeister von Unterkirnach, der sich keinen schöneren Beruf vorstellen kann als Bürgermeister, so der ehemalige Mitarbeiter des Kreissozialamtes. Als er den Ort übernahm, gab es dort eigentlich nur das Rathaus.

"Es hat mich dann gefreut, etwas Besonderes zu machen, zum Beispiel das Hallenbad. Ich habe das Gartenhallenbad kreiert und die Spielscheune. So etwas wie die Spielscheune gab es weit und breit nirgendwo." Er lockte auch Hapimag in den Ort und ließ unzählige Mitbewerber hinter sich, die das Schweizer Unternehmen ebenfalls ansiedeln wollten. Das Hapimag, so sinniert Baumann, sei verantwortlich für die meisten Feriengäste in Unterkirnach. Von jetzt 90 000 Übernachtungen pro Jahr seien 50 000 der Ferienwohnanlage zuzuschreiben.

2003 baute Siegfried Baumann, nun im Ruhestand, seine Terrasse zum Wintergarten um. Das Besondere, was er für Unterkirnach als Bürgermeister gewollt hatte, sollte auch für sein eigenes Haus gelten. "Ich wollte nicht einen Wintergarten, wie ihn jeder hat", erzählt er und blickt zufrieden durch die großen Glasscheiben auf das Waldpanorama von Unterkirnach. Und so kam er auf die Koi-Karpfen und auf Fensterscheiben, die sich selbst reinigen. "Ich habe viel experimentiert", sagt er. Denn bis dato war der Regelfall, dass Koi-Karpfen im Freien gehalten werden. Baumann schuf als Novum einen Teich im Innenbereich. "Ich habe alles doppelt abgesichert, unter der Terrasse meiner Wohnung befindet sich das Schlafzimmer des Nachbarn", erzählt er. "Und ich habe stärker auf die Optik geachtet, mein Teich ist nicht so rustikal".

Von innen müssen die großen Scheiben ab und zu geputzt werden. Dann steigt Siegfried Baumann mit Stiefeln in den Teich und reinigt das Glasdach. 24 Quadratmeter zusätzlich hat er mit dem Wintergarten gewonnen und sich dabei jede technische Erleichterung gegönnt, die zu haben war. Beispielsweise regulieren Jalousien und Markisen selbstständig das Raumklima. Den kleinen Teich umgeben lustige Frösche aus Eisen und riesige Kakteen. Siegfried Baumann hat es auch mit anderen Pflanzen probiert, zum Beispiel Zitronenbäumchen, doch es war zu warm und außerdem fielen Blätter in den Teich.

"Es ist hier so wie in Italien", sagt er zufrieden. Und obwohl er mit dem Gedanken spielte, sich noch ein Domizil in Südtirol zuzulegen, ist er nun restlos überzeugt, dass Unterkirnach bis zum Lebensende seine Heimat bleiben wird. Schon wegen der Familie und der Freunde. Seine beiden Töchter sind in Unterkirnach verheiratet, der Sohn lebt in Bonn.

Das Ehepaar hat sieben Enkel. Täglich übt Baumann, der seit 55 Jahren mit Reinhilde verheiratet ist, auf der Chromonica, zum Beispiel den "Caprifischer oder sogar Mozart. Der aktive Radsportler schafft mit seinen 76 Jahren noch 130 Kilometer am Tag. "Aber früher waren es schon 250", sagt er.