Der vorgeburtliche Bluttest auf das Down-Syndrom des Herstellers LifeCodexx ist jetzt auf dem Markt. Foto: dpa

Ein Tropfen Blut genügt für den umstrittenen Test – Ähnliche Prüfverfahren sollen folgen.

Konstanz - Ein Tropfen Blut genügt – dann könnte sich die Zukunft offenbaren: Nämlich wie sich das Leben eines noch ungeborenen Kindes auf der Welt entwickeln wird. Wird es heranwachsen, einen Beruf ergreifen und selbst eine Familie gründen? Oder wird es sein Leben lang Hilfe brauchen, weil es mit einer Behinderung geboren wird?

Die Antwort darauf könnte im Ansatz der vorgeburtliche Bluttest auf das Down-Syndrom geben. Dieser ist seit Montag auf dem Markt. Nach Angaben des Herstellers LifeCodexx ist er in mehr als 70 Praxen und Kliniken in Deutschland, Österreich, Liechtenstein und in der Schweiz verfügbar – allerdings „ausschließlich für schwangere Frauen, die ein erhöhtes Risiko für Trisomie 21 beim ungeborenen Kind tragen“.

Der Test wurde von 2009 bis 2012 unter anderem in Zusammenarbeit mit führenden pränataldiagnostischen Zentren und Kliniken in Deutschland und der Schweiz entwickelt und erhielt Fördermittel des Bundes. Der Test hätte ursprünglich im Juli auf den Markt kommen sollen. Doch die Einführung verzögerte sich, da das Konstanzer Unternehmen dem Regierungspräsidium Freiburg nachträglich Fragen zum Medizinprodukterecht beantworten musste.

Bislang war die Diagnose Down-Syndrom nur mit Hilfe der Zellen des Embryos möglich

Der Test, bei dem Schwangeren ein Milliliter Blut abgenommen wird, kann schon ab der zwölften Schwangerschaftswoche Auskunft geben, ob das Ungeborene an der häufigsten Form angeborener geistiger Behinderung erkrankt ist: Der Trisomie 21, auch bekannt als Down-Syndrom.

Bislang war diese Diagnose nur mit Hilfe der Zellen des Embryos möglich, die Mediziner aus einer Probe des Fruchtwassers oder des Mutterkuchens entnahmen. Oder in dem sie das Blut aus der Nabelschnur des Ungeborenen untersuchten. Doch jede dieser Untersuchungen erhöhte auch die Gefahr einer Fehlgeburt. Nach Einschätzung des Unternehmens kann der neue Test die Zahl der eingriffsbedingten Fehlgeburten „deutlich reduzieren und allein in Deutschland bis zu 700 Kindern das Leben retten, die jährlich durch Komplikationen bei invasiven Untersuchungen sterben“.

Die Möglichkeit, Behinderungen leichter, risikofreier im Mutterleib zu erkennen, hat eine Debatte darum angefacht, ob und wann es ethisch vertretbar ist, Ungeborene mit genetischen Defekten abzutreiben. Bereits heute entscheiden sich 90 Prozent der Eltern, bei deren Kind im Mutterleib Trisomie 21 festgestellt wird, gegen die Geburt.

Furcht vor Rasterfahndung nach dem kranken Kind

Dieser Trend könnte sich mit der Zulassung des Bluttests verstärken, warnen Kritiker wie der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe. Mit dieser Methode werde Behinderten das Lebensrecht abgesprochen, indem sie von vorneherein aussortiert würden. Er hatte ein Verbot des Bluttests gefordert. Auch Ethiker und die Vertreter der Kirchen befürchten eine Rasterfahndung nach dem kranken Kind.

Das Land Baden-Württemberg, Sitz des Herstellers und zuständig für die Erteilung eines Verbots, hat sich gegen die Forderungen der Kritiker entschieden. Nach Angaben des Stuttgarter Sozialministeriums sind die rechtlichen Voraussetzungen nach dem Gendiagnostikgesetz nicht gegeben.

Der Downsyndrom-Test ist nur die Vorhut dessen, was noch kommen wird: Schon sind neue Tests entwickelt worden, mit denen das Erbgut eines Fötus besser untersucht werden kann. So kündigte der Unternehmensvorstand Michael Lutz an: „In naher Zukunft wird der „Praena-Test“ auch weitere chromosomale Veränderungen wie Trisomie 13 und 18 feststellen können.“