Thema des Prozesses am Rottweiler Landgericht ist derzeit eine brutale Prügelattacke beim Tuttlinger Busbahnhof Ende 2015. Foto: Nädele

Prozess um Mordversuch beim Tuttlinger Busbahnhof nimmt schnelles Ende. Opfer bleibt schwer geschädigt.

Tuttlingen/Rottweil - Der Prozess vor dem Landgericht Rottweil um den Mordversuch beim Tuttlinger Busbahnhof kurz vor Weihnachten 2015 nimmt nun ein unerwartet schnelles Ende.

Der 21-jährige Mann, der kurz vor Weihnachten 2015 bei einer brutalen Prügelattacke vor dem Tuttlinger Busbahnhof schwerste Schädelverletzungen erlitten hat, wird sein Leben lang an den Folgen zu leiden haben – ganz abgesehen davon, dass er zunächst erst einmal eine riskante Operation überstehen muss. Das erklärte Prof. Frank Wehner, der medizinische Gutachter von der Universität Tübingen, am Montag, dem 20. Verhandlungstag, vor dem Landgericht Rottweil. Nachdem die Beweisaufnahme jetzt beendet ist, änderte das Gericht noch einmal den Terminplan. Danach sind für Mittwoch, 5. April, von 9 Uhr an die Plädoyers vorgesehen; falls die Zeit nicht ausreicht, steht noch der Freitag zur Verfügung. Das Urteil soll dann am Mittwoch, 12. April, um 14 Uhr verkündet werden.

Die beiden mutmaßlichen Täter sind wegen versuchten Mordes angeklagt. Karlheinz Münzer, der Vorsitzende Richter, erklärte, es komme auch versuchter gemeinschaftlicher Totschlag in Frage. Darauf stehe eine Haftstrafe nicht unter fünf Jahren.

Indizien deuten auf Schuldspruch

Inzwischen deuten alle Indizien darauf hin, dass es zu einem Schuldspruch für die beiden Angeklagten, 34 und 37 Jahre alt, kommen wird. Dazu zählt unter anderem die Tatsache, dass das Schwurgericht auch die restlichen Anträge von Verteidiger Bernhard Mußgnug abgelehnt hat. Es ging dabei um seine These, dass in jener Nacht weitere Verdächtige unterwegs waren. Das Gericht, so erklärte Karlheinz Münzer, habe dafür trotz vielfältiger Aufklärungsbemühungen keine Hinweise gefunden. Auch weitere Versuche versprächen keine Erfolge.

"Jeder Eingriff ist ein Risiko"

Das Opfer hat inzwischen mit erheblichen Komplikationen zu kämpfen, so dass seine Schädeldecke zum zweiten Mal geöffnet werden muss. Wehner erklärte, der Knochendeckel habe sich aufgelöst. Das komme "nicht häufig vor", aber es sei auch "keine extreme Seltenheit". Jetzt müsse die Kopfschwarte erneut aufgeschnitten werden, um eine etwa handflächengroße Titanplatte einsetzen zu können.

Auf die Frage nach den Risiken sagte der Gutachter: "Jeder Eingriff ist da ein Risiko"; das könne durchaus auch lebensgefährlich sein, zumal die Operation in direkter Nähe des Gehirns stattfinde. Es bestehe zum Beispiel die Gefahr, dass die Platte abgestoßen werde. Auf den Hinweis von Nebenkläger Stefan Klett, dass sein Mandant bis heute arbeitsunfähig sei, unter Krampfanfällen und Migräne leide und der Frage, ob der junge Mann da je wieder normal werde leben könne, antwortete Wehner: "Unter diesen Umständen wird er wohl kein normales Leben mehr führen können."

"So kein normales Leben mehr möglich"

Charalabos Salabasidis, der psychiatrische Gutachter, machte in seiner abschließenden Bewertung einen Unterschied zwischen beiden Angeklagten: Während den Älteren vor allem seine Drogen-Vergangenheit geprägt habe, attestierte der Sachverständige dem 34-Jährigen eine erhebliche soziale Persönlichkeitsstörung. Man könne da eine verminderte Schuldfähigkeit "nicht ausschließen".