Viele Informationen über Indien gab es im evangelischen Gemeindehaus. Foto: Bieberstein Foto: Schwarzwälder-Bote

Nethanja aus Indien zu Gast im evangelischen Gemeindehaus / Kirchengemeinde betreibt zwölf Kinderheime

Von Erich Bieberstein

Tuningen. Das Indien-Team "Nethanja-Kirche" war im evangelischen Gemeindehaus in Tuningen zu Gast. Ein kleines Theaterstück, viel Musik und traditionelle Tänze – das Programm war umfangreich, um auf Armut und Missstände in Indien aufmerksam zu machen.

Ein strahlender, meist lächelnder Bischof Singh, farbenfrohe Trachten der beiden Tänzerinnen Mary und Tetja und die Musiker mit ihren typisch indischen Instrumenten – das sind bleibende Eindrücke, die durch die fesselenden Erzählungen über die Projekte der Hilfsorganisation Nethanja an Tiefe gewannen.

Nethanja – zu deutsch "Gott hat gegeben" – ist nicht nur ein Missionswerk sondern auch eine große Kirchengemeinde, die das Christentum in Indien verbreitet. Der evangelische Pfarrer Helmut Pipiorke dürfte etwas neidisch gewesen sein, als Bischof Singh darüber berichtete, dass jeden Sonntag etwa 1000 Menschen in seinen Gottesdienst kommen.

"Daddy" Singh, geistlicher Vater von Nethanja, ging kurz auf die Entstehung des Missionswerks ein, das vor über 40 Jahren gegründet wurde und deutsche Wurzeln habe. Heute unterstützen 1200 Mitarbeiter von Nethanja unter anderem zwölf Kinderheime mit 800 Kindern, drei große Schulen und mehrere Dorfschulen, eine Bibelschule, ein Krankenhaus, ein Hilfs- und Beratungszentrum für HIV, Einrichtungen für behinderte Kinder, Ausbildungsprojekte und Lehrwerkstätten für Jugendliche und Erwachsene sowie Slumbewohner und benachteiligte Frauen und Mädchen.

"In Indien sei ein Mädchen ein Minus", so Singh. Während in Deutschland "Ladies first" gelte, gehen in Indien die Männer voran, denn die Familien brauchen die Männer zum Arbeiten. Doch ihre Frauen dürfen sie sich nicht selbst aussuchen. Wer wen heirate, bestimmen die Väter. Und in seiner Kirchengemeinde ist der Bischof oft Vermittler in Sachen Brautpaar. Namen gibt man den Kindern nicht gleich nach der Geburt, sondern erst nach ein paar Jahren. Und wenn sie zur Schule kommen, wird das Alter geschätzt, denn ein Standesamt, bei dem das Geburtsdatum festgehalten wird, gibt es nicht. "Ich hebe die Kinder in die Höhe und sage dem Lehrer dann, je nach Gewicht, wie alt sie sind".

Die Missstände in dem Land sind groß. Noch immer sind 70 Prozent der Bevölkerung Analphabeten. "Das wollen wir ändern", geht Bischof Singh auf die Arbeit von Nethanja ein. Gott liebe alle Kinder gleich und so sollen auch alle eine reelle Chance auf ein besseres Leben bekommen.

Mit einem Theaterstück nach einer wahren Geschichte aus dem Kinderheim führte man den Besuchern vor Augen, wie es einem jungen Mädchen erging, das von zuhause ohne die Einwilligung der Eltern in die große Stadt zog, vom modernen Leben dort enttäuscht wurde und den Weg zurück zur Familie über die Bibelschule fand.