Landratsamt setzt Eigentümer eine Frist / Gemeinde will sich für Lösung einsetzen

In der Kalkhofstraße gibt es offenbar mehrere illegale Grundstücksbegrenzungen und Gartenhütten. Und genau diese müssen bis Ende 2018 beseitigt sein. Dazu wurden die Eigentümer nun vom Landratsamt schriftlich aufgefordert.

Tuningen. Wie dem Schreiben vom 7. September, das unserer Redaktion vorliegt, zu entnehmen ist, wurde die Grundstücksüberprüfung, die das Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis vornahm, von der Gemeinde Tuningen gefordert. Bei dieser Überprüfung wurden laut Angaben des Landratsamtes 16 Grundstücke beanstandet, auf denen entweder Einfriedungen, also Grundstückszäune, oder aber Bauwerke erstellt wurden, "die nicht mit den geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar sind", heißt es in dem Schreiben.

Die Anwohner der Kalkhofstraße sind von dem Schreiben des Landratsamtes überrascht: "Wir wundern uns, dass niemand von der Gemeinde mit uns gesprochen hat", sagt eine Anwohnerin. Außerdem verstünde sie nicht, warum plötzlich Zäune und Gartenhäuschen stören würden, die seit Jahren oder gar Jahrzehnten an derselben Stelle stünden.

Wie das Landratsamt auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt, war der Anlass für die Grundstücksüberprüfung ein Neubau in der Straße, "bei welchem entlang des dortigen Feldweges eine Zaunanlage weit in den Außenbereich hinein errichtet wurde". Daraufhin seien die Grundstücke und Grünflächen, die in Richtung Industriegebiet und Autobahn A 81 verlaufen, überprüft worden. "Unsere Überprüfung ergab, dass bei einer Vielzahl von Nachbargrundstücken die Außenbereichsflächen eingezäunt sind und teilweise Gartenhäuser und größere Hütten errichtet wurden", führt Pressesprecherin Kristina Diffring aus. Das Problem, das sich dadurch ergibt, erklärt sie so: Die Wohnhäuser liegen im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplans "Innerort". Das bedeutet, dass die hintere Bebauungsplangrenze nahe der Häuser verläuft und sich nicht an den eigentlichen Grundstücksgrenzen orientiert. Die Folge: Die Grünfläche bis zu dem dahinter liegenden Feldweg müsse dem Außenbereich zugeordnet werden und dürfe somit weder bebaut noch eingezäunt werden.

Dennoch sorgt beides bei den Betroffenen für Unmut. "Irgendwo müssen wir doch Fahrräder, Spielgeräte und Gartenmöbel über die Wintermonate lagern", sagt eine Eigentümerin. Eine andere verweist auf den Feldweg am Ende der Grundstücke: "Das ist der Gassi-Weg von Tuningen. Ich kann ja nicht mal meine Kinder auf unserem Grundstück spielen lassen, wenn der Zaun nicht mehr ist." Abgesehen davon, dass sie auch keine fremden Hunde auf ihrem Grundstück haben wolle.

Die Argumentation, dass die Grundstücksbegrenzungen teilweise schon seit mehr als 40 Jahren stünden, ohne dass sie jemals verändert worden seien, zählt für das Landratsamt allerdings nicht. "Das führt nicht dazu, dass damit die Errichtung legalisiert wäre. Unsererseits wurden weder Duldungen noch Genehmigungen erteilt", teilt Kristina Diffring mit. Eine nachträgliche Genehmigung, selbst von nur einem Gartenhäuschen, schließt das Landratsamt in seinem Schreiben aus. Eine Option gibt es laut Kristina Diffring allerdings schon: Es wäre möglich, die Außenbereichsflächen durch eine Bebauungsplanänderung in den Geltungsbereich des bestehenden Bebauungsplans einzubeziehen und die Rahmenbedingungen der Nutzung dieser Flächen durch örtliche Bauvorschriften zu regeln. "Das liegt jedoch in der Kompetenz der Gemeinde Tuningen."

Und genau diese will Bürgermeister Jürgen Roth nach eigenen Angaben nutzen. Wie er im Gespräch mit unserer Zeitung bestätigt, sei der besagte Neubau ausschlaggebend gewesen, da die Gemeinde die Befürchtung habe, dass eine zweite Baureihe im südlichen Teil entstehen könnte. Die Baurechtsbehörde hätte dann "im Sinne der Gleichberechtigung" alle Parteien überprüft. "Zwar sind die Ausmaße von Grundstück zu Grundstück sehr unterschiedlich, doch im Baurecht gibt es eben nur schwarz und weiß", sagt Roth.

Doch der Bürgermeister hat sich bereits eine Strategie zurechtgelegt und noch am Freitag den betroffenen Anwohnern ein Informationsschreiben zugestellt. "Wir wollen den Bebauungsplan, den der Gemeinderat vor Jahren beschlossen hat, ausweiten und ebenfalls das Gremium festlegen lassen, welche Art der Grundstücksbegrenzung dann legalisiert wird und welche Größe für Gartenhäuschen zulässig sein wird", erklärt Roth. Dabei betont er, dass der Bereich als Grünfläche definiert werden soll, jedoch nicht als Baugrundstück. Sonst könne genau das eintreten, was die Gemeinde nicht will: dass weitere Bauwerke zu einer Splittersiedlung führen. Es sei ein aufwendiges und zeitintensives Verfahren, "das bekommen wir aber bis zur gesetzten Frist der Baurechtsbehörde hin", verspricht der Tuninger Bürgermeister.

Davon ist Jürgen Roth auch überzeugt, weil er sich bereits eine "Wasserstandsmeldung" aus dem Gemeinderat eingeholt hat. Und diese lasse hoffen, dass ein Großteil der betroffenen Grundstücke so bestehen bleiben kann. Bürgermeister Roth hofft, dass die Gemüter sich wieder beruhigen und die Aufregung in seinem Ort nur von kurzer Dauer war. "Die Kommunikation war unglücklich, deshalb kann ich meine Bürger auch verstehen. Allerdings kannte ich nicht den Zeitpunkt, wann das Landratsamt die Schreiben raus schickt", erklärt Roth.

Aufkommenden Spekulationen unter den Eigentümern, dass die Gemeinde möglicherweise an den Grundstücken interessiert sei, dementiert er: "Wenn ich solche Interessen verfolge, dann gehe ich auf die Leute zu. Da müssen sich die Eigentümer keine Sorgen machen. Hier geht es um eine rein rechtliche Angelegenheit, die wir im Sinne der Betroffenen lösen wollen", betont das Gemeindeoberhaupt.