Rund 250 Zuhörer kommen zur Bürgerversammlung in die Festhalle. Foto: Bieberstein

Bürgerversammlung mit 250 Interessierten gut besucht. Duelle bleiben trotz aufgeheizter Stimmung sachlich und fair.

Tuningen - Mit einem blauen Auge ist am Mittwochabend kein Tuninger, der an der Bürgerversammlung in der Festhalle mit rund 250 Interessierten teilgenommen hat, nach Hause gegangen. Wortduelle wurden dennoch ausgefochten. Auch, wenn sich nicht immer alle an die vom Moderationsbüro "suedlicht" aufgestellten Diskussions-Regeln gehalten haben, ging es bei der letzten offiziellen Veranstaltung zum Thema Gefängnisstandort Tuningen überwiegend sachlich und fair zu. Eingeteilt in vier Sektoren kamen die Tuninger nacheinander zu den drei Themenbereichen: Warum Tuningen / Leben mit einer JVA / Auswirkungen auf die Gemeinde.

Zum ersten Themenblock gab es starke Wortmeldungen, wie etwa die von Hans Glöckler, dem Landwirt des Haldenhofes, der sich wenig erfreut über seine zukünftigen Nachbarn zeigte, obwohl er manchmal auch ein Außenkommando benötigen könnte: "Ich bezweifle, dass das geplante Gefängnis in das Lias-Gelände hinein passt und befürchte, dass noch mehr abgeforstet wird. Ich bedaure sehr, dass hier keine konkreten Pläne vorliegen", spricht Glöckler Ulrich Futter vom Justizministerium direkt an. Der antwortet, dass man ja auch noch nicht im Bauverfahren sei, sondern im Verfahren des Bürgerentscheids. Außerdem kann er behaupten: "Das Ding passt da rein. Und wenn sie mal ein Außenkommando benötigen, stellen wir ihnen da gerne eines zusammen."

Die Frage von Jens Schnekenburger, ob durch eventuelle Erschließungen Kosten auf die Gemeinde zukämen, beantwortete Referatsleiter des Finanzministeriums, Thomas Kern, dass dies üblicherweise in den Verträgen, die bei der Entscheidung für das Gefängnis in Tuningen noch ausgearbeitet werden müssen, zwischen Ministerium und Gemeinde ausgehandelt werde. "Viel Glück", wünschte Schnekenburger seinem Bürgermeister Jürgen Roth in diesem Zusammenhang.

Etwas verwundert zeigte sich Futter über die Aussagen von Ulrike Gass, die starke Kriminalität innerhalb der Haftanstalten und die damit verbundenen schlechten Haftbedingungen kritisierte, sich aber gegen die JVA ausspreche, denn so Futter: Die könnten wir ja damit verbessern, dazu müssen sie uns doch die Chance geben."

Ängste und Sorgen einer Mutter äußerte Elisabeth Zink. "Als Mutter zweier Töchter werde ich mir einfach immer Sorgen machen, weil ein Gefängnis in der Nähe ist. Die unbeschwerte Kindheit, die ich noch in Tuningen erlebt habe, wird dadurch einfach nicht mehr gegeben sein. Ein Gefängnis erfüllt mich mit Unbehagen. Es ist kein Geld der Welt wert, das Gefängnis nach Tuningen zu holen, wenn es niemand ausschließen kann, dass meinen Kindern oder anderen oder den zukünftigen etwas passieren wird", zeigt sich die Tuningerin besorgt. Über die stille Post, Karten auf denen die Bürger Fragen notieren konnten ohne selbst sprechen zu müssen, stellte Erich Bieberstein eine Frage: "Was passiert, wenn das Gefängnis nicht nach Tuningen kommt?" Roth antwortet darauf konkret: "Entweder wird aufgeforstet, rekultiviert oder das Gelände wird zu einer Gewerbefläche, wofür es sich sehr gut eignen würde", gibt Roth einen Ausblick in die Möglichkeiten.

Die Argumentation von Nächstenliebe kann Gerhard Rometsch in seinem Statement nicht nachvollziehen: "Nächstenliebe können sie auch leben, wenn sie dann im Gefängnis in Rottweil etwas Gutes tun", erwidert er in seinen langen Ausführungen, die vom Moderationsbüro vorzeitig beendet werden wollten, aber dann dennoch fortgesetzt werden konnten, als einige Besucher dies auch lauter einforderten.

Katharina Wolf-Böhm fragte bei Futter an, ob es richtig sei, dass ein Lärmschutz für das Gefängnis geplant sei. "Dies ist nicht der Fall. Ich gehe davon aus, dass die Gebäude so angelegt werden, dass sich die Hafträume auf der entgegen gesetzten Seite zur Autobahn befinden werden. Außerdem werde die Anstaltsmauer auch einen Teil zur Lärmabwehr beitragen", berichtete Futter. So konnten am gestrigen Abend auch gewisse Fehlinformationen aus der Welt geschafft werden. Nach gut zwei Stunden ging die Diskussion zu Ende.