Der Angeklagte Sascha S. muss sich vor dem Landgericht Tübingen verantworten. Foto: Bernklau

In Tübingen beginnt Prozess gegen verurteilten Hochstapler "Dr. Schenk". Minderjährige im Raum Calw missbraucht?

Tübingen/Calw - Der Mann, der als falscher "Dr. Schenk" vor vier Jahren in Horb (Kreis Freudenstadt) auflog (wir berichteten), steht seit Mittwoch erneut vor Gericht. Diesmal lautet der Vorwurf gegen den – damals zu knapp vier Jahren Haft verurteilten – Hochstapler auf Vergewaltigung in vier Fällen.

Drei der Taten an einem damals minderjährigen Mädchen soll er in den Jahren 2007 und 2008 auf Waldparkplätzen im Umkreis von Calw begangen haben. Durch eine beiläufige Erklärung des Vorsitzenden Richters zur Eröffnung des Prozesses bekam das Gerichtsverfahren noch eine besondere Tragik. Die Nebenklägerin sei verstorben, sagte Ralf Peters.

Das mutmaßliche Vergewaltigungs-Opfer lebte nach Informationen unserer Zeitung inzwischen bei Verwandten in Australien. Die junge Frau war seit Längerem erkrankt und soll nicht mehr reisefähig gewesen sein. Am vorvorvorigen Samstag starb sie.

Der inzwischen 31-jährige Angeklagte Sascha S. hatte seinerzeit bundesweit Aufsehen erregt, weil er als Rettungshelfer mit Hauptschulabschluss und ohne jede Ausbildung mit gefälschten Dokumenten fast ein halbes Jahr lang an einer Münchener Klinik als vermeintlicher Anästhesist auf Honorarbasis praktizierte. Als er danach mit Tagespauschalen und Einsatz-Vergütung als Notarzt in Horb Bereitschaftsdienste und mehrere Einsätze absolvierte, flog er auf. Wie schon in München legte ihm aber niemand medizinische Fehler zur Last.

Nach einem durch seinen Verteidiger Jens Rabe angeregten "Deal" – volles Geständnis gegen kürzere Haft – kam der ärztliche Hochstapler damals vor dem Landgericht Stuttgart mit einer Strafe von drei Jahren und neun Monaten davon. Der Anwalt verteidigt ihn auch diesmal wieder.

Sascha S. war schon Freigänger, als er wegen der verdichteten Vergewaltigungs-Vorwürfe wieder hinter Gitter kam. Erst nach Jahren hatte das mutmaßlich mehrfach vergewaltigte Mädchen Anzeige erstattet. Der in vielen Gelegenheitsjobs, etwa als Moderator im Internetradio oder als Werber für verschiedene Produkte, tätige Sascha S. hatte das damals minderjährige Mädchen wohl schon 2006 im Internet kennengelernt. Ein erstes Treffen zum Videoabend in seiner Stuttgarter Wohnung endete, so die Anklage, für das sexuell unerfahrene Mädchen in einer Vergewaltigung, bei der es bedroht und gewürgt worden sei.

Als es am nächsten Morgen die Wohnung verlassen konnte, folgte es wohl dem aufgenötigten Schweigegebot. Ein Jahr später soll der Angeklagte per SMS wieder Kontakt zu dem Mädchen aufgenommen haben. Unter der Drohung, ihrer Familie und der zweijährigen Schwester etwas anzutun, soll Sascha S. die Minderjährige dann zu einer Bushaltestelle im Calwer Stadtteil Holzbronn bestellt haben, mit dem Auto dort abgeholt und sie auf einem Waldparkplatz trotz heftiger Gegenwehr und Fluchtversuchen erneut vergewaltigt haben.

Bei zwei weiteren Vergewaltigungen in den Wochen darauf an ähnlichen abgelegenen Orten nahe Holzbronn soll er nach dem gleichen Muster vorgegangen sein. Bei der letzten Tat, so die Anklage, leistete das Mädchen keinen Widerstand mehr.

Am gestrigen ersten Verhandlungstag gab der im schwarzen Anzug, mit Igel-Haarschnitt und schwarzer Brille auftretende Sascha S. bereitwillig, ruhig und recht beredt Auskunft über seine Leben als Scheidungskind und seine unübersichtliche, aber vor allem von zahllosen medizinischen Praktika, kurzfristigen Jobs und engagierter Rot-Kreuz-Arbeit geprägte Vergangenheit.

Zu den Vergewaltigungsvorwürfen wollte er keine Angaben machen.