Zwei kleine Kinder wurden geschlagen und misshandelt. Jetzt ist das Urteil im Prozess am Landgericht Tübingen gesprochen worden. Foto: bigrock – stock.adobe.com

25-jährige Mutter und 24-jähriger Ex-Lebensgefährte verurteilt. Schläge waren an der Tagesordnung.

Tübingen/Bad Wildbad - Die 3. Große Jugendkammer am Landgericht Tübingen sprach von einem "unglaublichen Martyrium", das die Kinder in dieser Familie erdulden mussten. Jetzt haben die Richter die Mutter und deren Ex-Lebensgefährten zu Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt.

Die 3. Große Jugendkammer des Landgerichts Tübingen verurteilte die Brutalität der Taten und die Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht gegenüber den beiden drei- und vierjährigen Kindern. "Es gibt in diesem Verfahren nur Verlierer, vor allem die Kinder, die ein unglaubliches Martyrium über einen langen Zeitraum erdulden mussten", brachte der Vorsitzende Richter Armin Ernst die Betroffenheit der Kammer zum Ausdruck.

Während das Mädchen und ihr älterer Bruder inzwischen in einer Pflegefamilie leben, verurteilte das Schöffengericht deren 25-jährige Mutter zu einer zweijährigen Haftstrafe, ihren 24-jährigen, damaligen Lebensgefährten zu vier Jahren und drei Monaten Gefängnis.

Wie berichtet, mussten sich die Angeklagten seit Anfang Dezember wegen Misshandlung von Schutzbefohlen und unterlassener Hilfeleistung vor Gericht verantworten. Schon im November 2016 hatte das Martyrium begonnen und reichte von massiven verbalen Grobheiten bis zu Schlägen, die auf dem Körper des Mädchens Hämatome sowie Striemen am Bauch und im Intimbereich hinterließen. Zudem habe der Angeklagte die Kleine mit dem Feuerzeug an der Lippe verbrannt. Brüllen und Schläge waren demnach an der Tagesordnung und trafen auch den Jungen, der immer wieder unter die kalte Dusche gestellt wurde, teils in kompletter Kleidung. Mit dem Duschkopf versetzte er ihm Schläge ins Gesicht und biss das Mädchen in den linken Unterarm. Zudem erlitt die Dreijährige einen Treppensturz, den Staatsanwältin Rotraud Hölscher einem Tritt durch den gewalttätigen Mann schon in der Anklage zuschrieb. "Es liegt nahe, dass der Schädelbruch dadurch entstand, das konnte aber von der medizinischen Sachverständigen nicht eindeutig belegt werden. Wenn das nicht die Ursache war, mag man sich nicht vorstellen, wie er sonst zustande kam", stellte der Richter in den Raum.

"Sie haben sich als Opfer dargestellt, sind aber ebenfalls Täter"

Die Kammer sehe im Moment keine Chance, wie der junge Mann ohne Behandlung aus dem Teufelskreis der Gewalttätigkeiten heraus komme und bedauerte, dass er den Verständnisvorschlag vor Weihnachten nicht annahm. "Ihre disoziale Persönlichkeit und Biografie hätten eine intensive Verhaltenstherapie erfordert", vermittelte Ernst dem Angeklagten, aufgrund seines taktischen Verhaltens einen Pyrrhussieg erzielt zu haben – zumal die Kammer deutlich unter dem Antrag der Staatsanwältin mit sechseinhalb Jahren blieb.

Der Mutter verdeutlichte er indes, sich durch Unterlassen schuldig gemacht zu haben. "Sie haben sich als Opfer dargestellt, sind aber ebenfalls Täter und wie wollen sie das später ihren Kindern erklären", zog der Vorsitzende Richter sein Fazit aus dem Prozess. Die Kammer hatte wenig Hoffnung, dass sie mit Auflagen bei einer Bewährung die entsprechenden Erkenntnisse erhielte, zumal sie alle flankierenden Hilfsangebote schon zuvor nicht wahrnahm. Für sie hatte Hölscher vier Jahre beantragt. Deshalb signalisierte der Richter beiden Beschuldigten, vergleichsweise glimpflich davongekommen zu sein.