Donald Trump hat versprochen, die USA hinter Handelszäunen zu verschanzen. Foto: dpa

Donald Trump sorgt mit seinen Drohungen gegen einzelne Unternehmen für Unruhe. Doch hat er die Macht, solche Pläne umzusetzen? Die juristischen Hürden für eigenmächtige Aktionen sind jedenfalls hoch.

Stuttgart - Mit einer Tatsache muss auch der neue Präsident leben: Was die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft angeht, von den Steuern über das Arbeitsrecht bis hin zu Umweltvorschriften sind die USA ein sehr dezentralisierter Staat. Die Auflagen, die Kalifornien beispielsweise der Autoindustrie auferlegt, haben im Rest der USA nichts Vergleichbares. Auch in der Ära Trump wird also die Wirtschaftspolitik vorwiegend in den Bundesstaaten oder Regionen gemacht. Selbst die Steuersysteme unterscheiden sich massiv.

Anders ist es im Außenhandel. Hier hat Washington die Vollmacht, aber sie ist wie im von den berühmten „Checks and Balances“ beherrschten Regierungssystem der USA zwischen Präsident und Kongress verteilt. Laut der Verfassung darf der Präsident nicht einseitig Zölle oder Abgaben erheben – diese Hoheit obliegt allein dem Kongress.

Alleingänge bei Steuern sind verfassungswidrig

Die Juraprofessorin Rebecca Kayser von der Brooklyn Law School fällte in der New York Times ein vernichtendes Urteil über die legale Grundlage für die Drohungen Trumps: „Das ist der typische Aktionismus nach dem Motto, erst schießen, dann fragen‘“, sagte sie: „Aber dies ist verfassungswidrig“.

Die Republikaner haben im Kongress ihre eigene Vorstellungen. Noch vor der Amtseinführung bahnte sich der erste Streit an. Trump hält nichts von dem von seinen Parteifreunden im Kongress propagierten, relativ komplexen Plan einer „Border-Tax“ (Grenzsteuer), die im wesentlichen vermeintliche Nachteile durch den etwa für deutsche Unternehmen möglichen Vorsteuerabzug bei der Mehrwertsteuer für Exportgüter ausgleichen soll. Aber keine Regel ohne Ausnahme: In den vergangenen Jahrzehnten sind einige Befugnisse vom Kongress zum Präsidenten gewandert. Zu seinem Instrumentarium gehört die Möglichkeit kleinere und größere Handelskriege anzuzetteln. Aber das ist an klare, eng definierte Kriterien gebunden. Die entsprechenden Gesetze beziehen sich auf Kriegszeiten, einen nationalen Notstand oder eine Bedrohung der nationalen Sicherheit. Es musste bisher zumindest eine existenzielle Bedrohung für ganze Wirtschaftszweige in den USA geben. So hat beispielsweise Barack Obama vorübergehend Schutzzölle gegen China zum Schutz der heimischen Reifenindustrie erhoben. Nun wäre Donald Trump zuzutrauen, dass er eben eine generelle „Job-Krise“ in den USA ausruft. Und irgendwie im Krieg sind ja die USA auch immer.

Ob dies in Zeiten einer von Obama geerbten niedrigen Arbeitslosenquote einer juristischen Überprüfung standhalten würde, ist zweifelhaft. „Es ist eine begrenzte Vollmacht“, sagt der Unternehmer und Autor Bryan Del Monte: „Das Gesetz ist ein Schlamassel – es ist nicht sehr eindeutig.“

Die US-Justiz kann Trump Knüppel zwischen die Beine werfen

Um das festzustellen, bräuchte es noch nicht einmal eine Intervention der Welthandelsorganisation WTO, deren Regeln Trump damit brechen würde. Auch innerhalb des US-Rechtssystems wäre eine Klage möglich mit dem Argument, dass der Präsident seine verfassungsgemäßen Befugnisse überschreitet. Hier geht es wohlgemerkt um Schutzzölle für ganze Branchen. Trump hat aber angekündigt, einzelne Firmen abzustrafen. Die Unternehmen könnten dagegen wegen Wettbewerbsverzerrung und Verletzung ihrer Eigentumsrechte klagen. Gleiches Recht für alle – dieses Prinzip kann auch Donald Trump nicht aushebeln. Bevor solche Steuern oder solche Zölle in Kraft treten würden, wäre er also tief in juristischen Fallstricken verheddert.

Auch China weiß Handelskriege zu führen

Und noch etwas kommt dazu: Wenn Trump seine Befugnisse ausreizen sollte, zu denen auch eine einseitige Aufkündigung von ganzen Handelsabkommen gehört, würden die USA sofort in einen Handelskrieg verstrickt. „Chinesische und mexikanische Handelsbeauftragte sind Meister ihres Fachs,“ schreibt die Anwaltskanzlei Hogan-Lovell in Washington. Als der Kongress im Jahr 2009 mexikanischen Lastwagenspediteuren wegen angeblicher Verletzung der Regeln des Handelsabkommens Nafta, den Zugang zu den USA verwehrte, habe Mexiko Strafzölle exakt auf die Produkte erhoben, die in Wahlbezirken einiger Schlüsselmitglieder des Kongresses besonders wichtig waren. Das Verbot wurde nach zwei Jahren aufgehoben.

Und nachdem US-Präsident Obama ebenfalls 2009 Strafzölle auf Reifenimporte aus China verhängt hatte, revanchierte sich China binnen 48 Stunden mit Importeinschränkungen für Geflügel. Die Importzölle für Reifen sind schon seit 2012 aufgehoben. Doch die US-Geflügelindustrie ist immer noch vom chinesischen Markt praktisch ausgeschlossen.

China könnte sich, um Trump zu ärgern, die Milchwirtschaft in Wisconsin herauspicken, einem Staat, der ihm zentral zum Sieg verholfen hat. Die Milch-Farmer haben in den vergangenen Jahren vom boomenden chinesischen Markt stark profitiert. Das tut China wenig weh – dem Präsidenten schon.

Am Ende zahlen Verbraucher die Zeche

Der einzige Puffer, den die USA bei solchen Konflikten vorübergehend haben, ist ironischerweise die Tatsache, dass sie allen Behauptungen von Trump zum Trotz insgesamt viel weniger vom internationalen Handel und viel stärker vom Binnenmarkt abhängig sind als die meisten Konkurrenten. Wenn Trump eine Steuer an der Grenze einführe, würden aber im zweiten Schritt die amerikanischen Verbraucher gebeutelt, wie Steve Forbes, Geschäftsmann und ehemaliger republikanischer Präsidentschaftsbewerber formuliert: „Wer würde am Ende diese Steuer zahlen? Es ist der Kunde in Form höherer Preise oder weniger Auswahl.“ Diese „schreckliche Steuer“ sei der Ausdruck eines „der seltsamen kollektiven, selbstzerstörerischen Anfälle der Republikaner.“ Das Problem bei solchen rationalen Analysen: Kümmert dies auch Donald Trump?

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