Albert Läufer stammt von einem Anwesen, das eine bewegte Hofgeschichte erlebt hat / Schicksal vieler Anwesen

Von Karl Volk

Triberg-Gremmelsbach. Nicht in jeder Bauernfamilie wurde so viel von der eigenen Hofgeschichte erzählt wie auf dem Unteren Schafberg, von Schicksalen und dem Willen, seinen Schlägen zu trotzen.

Das früheste, etwas höher am Hang stehende Haus wurde vom Blitz getroffen und brannte nieder. Das Foto zeigt das 1827 wieder erbaute Bauernhaus. Diese Jahreszahl ist in den erhaltenen Stubenofen eingemeißelt. Der damaligen Bemessung zufolge war seine Fläche für einen "Hof" zu klein, um seinen Besitzer zu ernähren. Als "Gewerbegut" war es allerdings in Gremmelsbach das Größte. Zwei Generationen mussten das Einkommen durch Arbeit im Wald aufbessern, die letzten beiden in der Industrie.

Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte zwang weit größeren Höfen dieses Schicksal auf. Die bekannten Namen der sieben Generationen sind zweimal Hilser, zweimal Läufer, einmal Klausmann und zweimal Jedral. Das Ziel viele Jahrzehnte hindurch war, so viel wie möglich unkultiviertes Gelände urbar zu machen. Das bedeutete auf der "Höhe" (Grenze zum "Hohlops") Sumpf auszutrocknen und wild wachsenden Ginster zu beseitigen. Dies gelang durch Handarbeit ohne Ende.

Vor dem Zweiten Weltkrieg wurde das Haus erweitert, danach erhielt es die endgültige Gestalt mit dem "Wiederkehr". Die Landwirtschaft wurde lange konservativ, biologisch würde man heute sagen, betrieben. Seit den 1930er- Jahren hatten hier immer zwei Pferde ihre Heimat. Die Tierhaltung war vielseitig, im Garten wurde angebaut, was in dieser Höhenlage möglich war. Verkauft wurden Milch, Butter und Eier. Der Metzger nahm das Großvieh ab, die Schweine endeten durch Hausschlachtung.

So war es, bis die Landwirtschaft im Überfluss produzierte: "Das Deprimierendste ist, dass niemand mehr braucht, was wir anbauen", sagte Forstwart Bernhard Klausmann, Eigentümer des Unterschafberg, in den Neunziger Jahren. Es ist das Schicksal ungezählter Höfe im Schwarzwald, und nicht nur hier: Auf urbar gemachten Flächen wächst teilweise wieder Wald. Der Stall ist leer, außer dass Lioba – die leidenschaftliche Reiterin – noch zwei Pferde besitzt.

In diesem kleinen Bauernhäuschen ist Albert Läufer 1876 geboren, der spätere Lehrer, Naturwissenschaftler, Musiker und Esperantist. Diese Aufzählung erklärt bereits, dass er ein Universalgenie war.

Die höhere Schule besuchte er in Bourogne in Burgund, weil der Marianistenorden, dem er beitrat, in Deutschland verboten war. Schnell musste er dort die französische Sprache erlernen. Doch war er für jegliches Wissen unbegrenzt aufnahmefähig. Phänomenal war sein Gedächtnis. Er war Lehrer in den Schulen seines Ordens in Graz, Wien und Freistadt, von 1921 –bis 1938 in Mainz. Seine Fächer waren Mathematik, Physik, Chemie, Biologie, Deutsch, Religion und die "höhere Steinklopfzunft", die Mineralogie.

Er war Organist, spielte Klavier und Cello

Als Pädagogen interessierten ihn die neuesten Erkenntnisse der Psychologie über die methodische Unterrichtsgestaltung. Seine musikalische Begabung stellte er in den Dienst seiner Ordensschulen. Das früheste erhaltene Foto zeigt ihn inmitten des Chors und Orchesters einer Schule. Er selbst war Organist, spielte Klavier und Cello. Glanzstücke waren die Auftritte vor großem Publikum in Graz. Wo es ihm möglich war, wie in Graz und später in Mainz, besuchte er Vorlesungen der Universität.

Der sprachbegabte Mann war früh schon Mitglied in der Esperantobewegung, nahm an ihren Kongressen in fast ganz Europa teil. Als Kind seiner Zeit zeigte er sich vom Sieg der Deutschen im Ersten Weltkrieg überzeugt, wünschte ihn auch leidenschaftlich. Dagegen war er ein glühender Gegner Hitlers. Sein Orden hatte die ständige Befürchtung, ihm drohe das KZ.

Der weit gereiste, weltgewandte Mann vergaß sein Leben lang seine Heimat nie. Wann immer möglich, besuchte er seine Geschwister in Gremmelsbach und seine Verwandten im Prechtal, der Heimat der Läufer. Die Auflösung seiner Schule unter nationalsozialistischem Druck brach ihm das Herz. Er starb eines plötzlichen Todes in Mainz, wo er auch seine letzte Ruhestätte fand.