Mitten zwischen den Senioren sitzen in der Arena mit 4000 Sitzplätzen die Mitglieder des Triberger Frauenbunds. Vorne (von links) ist die bisherige Vorsitzende Gislinde Hermann mit der neu gewählten Leiterin Claudia Waldvogel zu sehen, dahinter zwischen den beiden die Organisatorin Eleonore Augenstein. Foto: Kienzler Foto: Schwarzwälder-Bote

Besuch bei den Passionsspielen in Ötigheim / Das ganze Dorf spielt mit / Aufführung dauert vier Stunden

Von Maria Kienzler

Triberg. Es ist schon Tradition beim Katholischen Frauenbund Triberg, einmal im Jahr nach Ötigheim zu den Festspielen zu fahren. Aber dieses Mal wurde keine Operette und auch kein Musical auf der größten Freilichtbühne Deutschlands geboten: Die Triberger Frauen fuhren mit einigen auswärtigen Mitgliedern zur Aufführung der Leidensgeschichte Jesu in die kleine Stadt Ötigheim.

"Die Passionsspiele in dieser Stadt werden für alle Besucher ein unvergleichliches Erlebnis werden", zeigte sich Edith Fabry bei der Begrüßung überzeugt. Die Diözesan-Vorsitzende des Altenwerks der Erzdiözese Freiburg hatte zu dieser Veranstaltung alle Senioren eingeladen. "Vergessen Sie alles, was Sie bisher an Passionsspielen gesehen haben, in Ötigheim ist die Darstellung der Leidensgeschichte ganz anders", versprach sie den Besuchern.

Der Veranstaltung konnte sich auch der Triberger Verein des Frauenbunds anschließen, weil noch Plätze frei waren. Erich Penka, der katholische Pfarrer von Ötigheim, ließ es sich ebenfalls nicht nehmen, die rund 3000 Gäste aus der ganzen Erzdiözese zu begrüßen und in das biblische Schauspiel einzuführen. "Zum ersten Mal werden Tradition und Moderne aufeinander treffen, aber der Text wird nicht geändert", erklärte er. Und tatsächlich – das Spiel wurde bibeltreu und eindringlich aufgeführt, ohne jedoch den Bezug zur heutigen Zeit zu vergessen.

"Das ganze Dorf spielt hier mit", wunderten sich die Tribergerinnen. Wie aus dem Programmheft hervorging, waren neben dem Regisseur nur zwei Schauspieler, nämlich Jesus Christus und ein Engel, Profis. Kinder, Jugendliche und Erwachsene aus der Stadt spielten das Volk und die einzelnen Szenen aus der Bibel. Mehrere Chöre traten neben modernen Tanzgruppen auf, um das Leben Jesu und sein Leiden darzustellen.

Die Reiterei der Volksschauspiele Ötigheim brachte mit den feurigen Pferden immer wieder Schwung in das Schauspiel. Spannend wurden im Vorspiel die Propheten des Alten Testamentes dargestellt, an das sich ein Auszug aus dem Leben Jesu anschloss. Im zweiten Teil ging es dann mit dem Einzug Jesu in Jerusalem weiter. Erst nach der Pause der vierstündigen Aufführung begann die eigentliche Leidensgeschichte.

Dramatisch wurde es am Ölberg, als Jesus dem Verzweifeln nahe schien. Feige und ängstlich zeigten sich die Apostel im Ölgarten bei der Verhaftung Jesu, bevor sie die Flucht ergriffen. Die Geißelung und der Kreuzweg wurden samt der Kreuzigung dezent angedeutet, jedoch nicht grausam in allen Einzelheiten ausgebreitet. Herzzerreißend klang die Klage der Mutter Maria, bevor Jesus ins Grab gelegt wurde. Der Triumph des Satans dauerte nicht lange, denn lieblicher Engelsgesang übertönte ihn.

"Ich habe richtig mitgelitten, es war alles so erschütternd", schilderte Brigitte Pfau aus St. Georgen ihre Eindrücke. Alle Frauen aber waren sich einig, dass es sich gelohnt hatte, die Busreise auf sich zu nehmen. Keinerlei kritische Stimmen waren zu hören, alle waren voll des Lobes über die Darstellung des historischen Schauspiels unter der Regie von Stefan Haufe.

Wie sich bei der Heimfahrt herausstellte, hatte die frühere Vorsitzende Eleonore Augenstein ihre Beziehungen spielen lassen, um noch Karten für die geschlossene Aufführung zu bekommen. Mit langem Applaus bedankten sich die Mitglieder des Frauenbunds bei ihr für die Vorbereitung und Organisation der Fahrt.