Lotta Pyykkönnen lebt derzeit als Austauschschülerin in der Raumschaft Triberg. Betreut wird der Austausch von der Serviceclub-Organisation Rotary. Wie alle anderen Exchange-Schüler trägt sie die typische Jacke mit vielen bunten Abzeichen, die sie im Laufe ihres Aufenthaltes gesammelt hat, etwa bei Begegnungen mit anderen Austauschschülern. Foto: Rotary Foto: Schwarzwälder-Bote

Schüleraustausch: Gymnasiastin aus Finnland genießt den Schwarzwald / In Jugendsinfonie-Orchester integriert

Lotta Pyykkönen ist eine Schwarzwälderin auf Zeit. Die junge Finnin lebt seit September des vergangenen Jahres in der Raumschaft und ist begeistert: von den Menschen hier, von dem, was sie erlebt – und ja, sogar vom Wetter.

Triberg/Schönwald. Eigentlich ist Lotta in Kuhmo daheim, einer Kleinstadt im Nordosten von Finnland, direkt an der russischen Grenze und fast 600 Kilometer von der Hauptstadt Helsinki entfernt gelegen. An Silvester, so berichtet Lotta, wurden satte 36 Grad Celsius Außentemperatur gemessen, Minus versteht sich. Und vor ein paar Tagen hat die Schülerin eine Mail von ihrer Mama mit Fotos aus Kuhmo bekommen: "Sie haben dort noch sehr, sehr viel Schnee", berichtet Lotta aus ihrer Heimat. Sie dagegen sagt: "Ich vermisse den finnischen Winter überhaupt nicht", genießt stattdessen hierzulande den beginnenden Frühling und freut sich zudem darüber, wie freundlich sie aufgenommen wurde.

Anfang September war für sie im vergangenen Jahr das Abenteuer Jugendaustausch losgegangen: Nach einiger Vorbereitungszeit mit Hilfe der Rotary-Organisation, über die sie das Programm absolviert, rückte der Abreistermin immer näher. Mit ihrer Familie stieg sie schließlich nachts um 2 Uhr in Kuhmo ins Auto, um rechtzeitig zum Abflug am Flughafen in Helsinki zu sein. Eigentlich hatte sie es sich ganz anders vorgenommen, aber dann flossen dann doch noch die Abschiedstränchen bei der damals 16-Jährigen, die entsprechend aufgeregt ins Neuland aufbrach.

Über Berlin reiste sie nach Stuttgart. Da war ihre Erleichterung groß, denn sie wurde herzlich in Empfang genommen. Familie Dresp aus Gremmelsbach, ihre erste Gastfamilie, stand bereit und erleichterte ihr fortan den Anfang in der neuen Heimat auf Zeit.

In Finnland hatte sie in ihrem Gymnasium Kuhmon ytheislukio ein Jahr lang als dritte Fremdsprache neben Schwedisch und Englisch per Wahlfach auch Deutsch gelernt, und auch wenn Lotta sagt, dass ihre Kenntnisse nicht gerade berauschend waren, erleichterten diese doch immerhin den Beginn in der Schule: Im Schwarzwaldgymnasium Triberg besucht sie die zehnte Klasse. "Alle waren von Anfang an super-nett", freut sie sich. Ihre Klassenkameraden seien sofort auf sie zugekommen, hätten sie mit offenen Armen empfangen und sie unterstützt, wo immer es nötig war. Mittlerweile klappt es mit der deutschen Sprache richtig gut.

Unterdessen ist Lotta in einer zweiten Gastfamilie, der Familie Pretzer in Schönwald untergekommen, so sieht es das Austauschprogramm auch vor. Sie selbst sagt: "Mir gefällt es sehr gut." Und was ist eigentlich der größte Unterschied zu ihrer finnischen Heimat? Der Wald jedenfalls nicht, den gibt es dort auch zuhauf, das Stadtgebiet von Kuhmo ist mit fast 5500 Quadratkilometern ausgedehnt; damit ist die Kommune flächenmäßig mehr als doppelt so groß wie Luxemburg. Das Stadtgebiet ist mit fast 10 000 Einwohnern dünn besiedelt: Über 80 Prozent der Landfläche Kuhmos besteht aus Wäldern. Da ist der Schwarzwald also nicht wirklich etwas Neues.

Unterschiede gibt es allerdings beim Essen: "Brezeln kennen wir in Finnland nicht", lacht Lotta über diese Neuentdeckung, die sie in Deutschland gemacht hat. "Es gibt hier einfach unglaublich viele Bäckereien – einfach überall", freut sie sich.

Integriert ist die junge Finnin, die seit ihrem zehnten Lebensjahr Geige spielt, auch im Jugendsinfonie-Orchester St. Georgen-Furtwangen. Das freut sie auch deshalb besonders, weil sie selbst aus einer musikbegeisterten Stadt kommt: In Kuhmo gibt es jeden Sommer ein weltbekanntes Kammermusik-Festival mit Teilnehmern aus aller Welt. Wenn Lotta Anfang Juli nach dem Austausch wieder heimkehren wird, wird sie dann dort mitarbeiten und vielleicht auch Gäste aus Deutschland betreuen.

Bis es allerdings soweit ist, stehen noch besondere Erlebnisse auf dem Austausch-Plan: Mit weiteren Austauschschülern aus dem hiesigen Rotary-Distrikt geht Lotta Anfang Mai auf Europa-Reise, unter anderem nach Prag, Berlin und Hamburg, Amsterdam, Paris, Straßburg und – obligatorisch – in den Europapark.

Jedes Jahr verbringen mehr als 650 Schüler aus Deutschland im Rahmen des Rotary-Programms ein Austauschjahr in einem von 30 Gastländern. Jugendlichen soll einerseits die Möglichkeit gegeben werden, ein neues Land, seine Bevölkerung und Lebensgewohnheiten und seine Kultur kennenzulernen, und andererseits als Botschafter im Gastland über seine Heimat berichten zu können.

Teilnehmen können schulpflichtige Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren in der Regel im Anschluss an die zehnte Klasse. Der Austausch dauert ein Schuljahr, maximal zwölf Monate, und beginnt im Juli oder August.

Anforderungen an die Bewerber sind unter anderem mindestens Grundkenntnisse in der Sprache des Gastlandes, Anpassungsfähigkeit, Aufgeschlossenheit, Selbstständigkeit, Orientierungsbereitschaft, Kenntnisse über das eigene Land und das Gastland. Kurzum: die Fähigkeit, als Botschafter des guten Willens und der Völkerverständigung sein Heimatland in der Welt zu vertreten.