Der Haldenhof steht heute im Freilichtmuseum von Neuhausen ob Eck. Heinrich Himmler soll sich vor 70 Jahren in der Mühle des Hofes versteckt haben. Foto: Kienzler Foto: Schwarzwälder-Bote

Hitlers Vertrauter soll im Haldenhof gewohnt haben / Zeitzeugen berichten von Sonderzug unter Dampf

Von Maria Kienzler

Triberg. Nicht nur der SS-Reichsführer Heinrich Himmler soll einige Monate vor Kriegsende in Triberg sein Unwesen getrieben haben. Auch Reichsmarschall Hermann Göring wurde ab und zu mit ihm zusammen gesehen. Dies berichtet der Heimatforscher Karl Volk in seinen Publikationen.

Die meisten Einwohner des Städtchens hatten wohl keine Ahnung davon oder sie hielten es für ein Gerücht. Andererseits waren die heimischen Nazis genau über alles informiert. Mehrere Male schickten sie Kinder aus der Hitlerjugend zum besten Freund des Führers, damit sie diesem ein Ständchen darbringen konnten. "Himmler ging beim Haldenhof mit einem großen Schäferhund spazieren", erzählten die Buben später.

Im Bereich des alten Haldenhofes, der – wie auch ein Teil des Bahnhofes – auf Schonacher Gelände lag, soll sich Heinrich Himmler am liebsten aufgehalten haben. Nach Aussagen von damaligen Zeugen wohnte er mit Lebensgefährtin und den beiden gemeinsamen Kindern in der alten Mühle, in die sogar vor seinem Einzug ein Kachelofen eingebaut werden musste. Neben seiner Frau Margarete, die ihm Tochter Gudrun geboren hatte, führte er so demnach eine Zweit-Beziehung, die zum Familienkonzept der "gutrassigen, freien Germanen" gehörte, wie er verlauten ließ.

Telefonzentrale im Untergeschoss des Schwarzwaldhotels

Die meiste Zeit verbrachte Heinrich Himmler allerdings in seiner Befehlszentrale, zu der ein Sonderzug mit mehreren Salonwagen gehörte. Während die Bevölkerung am Hungertuch nagte, lebte er mit seinen Kadetten im Überfluss. Abends ging er oft mit SS-Leuten in die Hotels der Stadt, um dort zu essen. Einmal soll er sogar mit Adolf Hitler gesehen worden sein, der ihn angeblich ins Hotel Wehrle zum Essen begleitete. Die meisten Historiker aber verweisen den Triberg-Besuch Hitlers ins Reich der Fantasie.

Der Eisenbahnzug erwies sich für Himmler als ideales Versteck, um den Krieg zu dirigieren. Zusätzlich wurde für Himmler eine Telefonzentrale im Untergeschoss des Schwarzwaldhotels eingerichtet, damit er jederzeit mit allen Schaltstellen des Reiches Verbindung aufnehmen konnte. "Ein besseres Versteck für einen NS-Prominenten gab es vermutlich im ganzen deutschen Reich nicht", schreibt der Triberger Karl Volk. Er verweist auf das enge Gutachtal, auf die hohe Felswand am Bahnhof und auf den nahen Wald, der es feindlichen Flugzeugen unmöglich machte, Himmler als Ziel zu treffen. Jedes Mal, bevor die Flieger mit ihren Bomben am Himmel auftauchten, rauschte der "Himmlerzug" mit großer Geschwindigkeit in den Großhaldentunnel hinein. Erst dann schrillten die Sirenen, um die Bevölkerung über die Gefahr zu informieren. Die beiden Lokomotiven an der Spitze und am Ende des Zuges standen Tag und Nacht unter Dampf, wie weiter berichtet wird. Die heimliche Opposition in der Stadt bezeichnete den Großhaldentunnel gar bald ironisch als Großheldentunnel.

Ortsgruppe der NSDAP plante Sprengung der Wallfahrtskirche

Wann Heinrich Himmler in Triberg sein Quartier aufschlug, lässt sich nicht mehr genau feststellen. Man geht von November oder Dezember 1944 aus. Ende Januar 1945 wurde er auf jeden Fall abberufen. Nach dem Krieg flüchtete der 44-jährige Nazi-Verbrecher in einer einfachen Soldatenuniform. Als er dann im Mai von den Briten festgenommen wurde, folgte er dem Beispiel Hitlers und beging Selbstmord.

Den Alliierten blieb die Himmler-Zentrale in Triberg nicht verborgen. In den Anfangsjahren des Krieges warfen sie oft Flugblätter über der Stadt ab mit dem Text: "Triberg im Loch, wir finden dich doch." Vermutlich wollten sie damit die Bewohner im engen Talkessel ängstigen. Doch gegen Kriegsende häuften sich die Fliegerangriffe auf die Stadt. "282 Bomben wurden abgeworfen", weiß Klaus Nagel. Nicht nur zahlreiche Häuser wurden zerstört, sondern auch viele Menschen kamen um oder wurden verletzt, wie der Stadthistoriker in seinen Aufzeichungen berichtet.

Dramatisch wurde es aber, als die Ortsgruppe der NSDAP erkannte, dass der Krieg endgültig verloren war. Die Helfer der SS-Offiziere legten nicht nur um die Wallfahrtskirche Sprengsätze. Ihre eigene Stadt wollten sie zerstören in der Hoffnung, dass der Feind dadurch aufgehalten werde. "Ein heiliger Zorn ergriff die Gläubigen, als sie die beschädigte Kirche sahen", schreibt der damalige Stadtpfarrer Josef Heiler. "Am 24. April 1945 ritten von Hornberg her 300 afrikanische Reiter nach Triberg hinein, um unsere Stadt zu besetzen", schreibt der Geschäftsmann Wilhelm Maier in der Stadtchronik. Beim Gasthaus Kimmich, dem heutigen Hotel Bären, habe Bürgermeister Ewald Keil dann die Stadt den Franzosen kampflos übergeben. "Nun war der Krieg für die Triberger zu Ende", endet der Bericht.