Im Jahr 1759 ziemte es sich für eine Frau nicht, "müßig" herumzuziehen

Von Karl Volk Triberg/Schönwald. Einen weiten Weg nahm 1759 das "ledige Magdle" Magdalena Gehain aus Gütenbach auf sich, weil es in Nußbach und auf der "Stauden" in Gremmelsbach Fastnacht "halten" wollte. Warum sie nicht auch Triberg aufsuchte, bleibt uns unverständlich.

Auf dem Rückweg am Aschermittwoch war sie mit einem "ledigen Schneidergesellen" gegangen. Wo sie diesen "aufgegabelt" oder wie lange diese Bekanntschaft oder Freundschaft gedauert hatte, brauchte sie später vor Gericht nicht anzugeben. Unterwegs kehrte sie in Schönwald im Gasthaus des Jörg Dorer ein, wo gerade die richtige Männergesellschaft beisammen saß. Die ließen sie ihr "Schöplin Wein" nicht in Ruhe trinken, sondern verspotteten sie. Dennoch verließ sie das Gasthaus nicht, sondern blieb über das Betzeitläuten hinaus dort, was das Gesetz verbot.

Die Aufforderung des Wirts, die Gaststube zu verlassen, nützte nichts. Der stellte den Thoma Kern an, "er solle das Mädle fortschaffen". Der Bursche ging zur Sache, die Gelegenheit war günstig, er nahm sie beim Arm und wollte sie hinausführen, weil das "lange Aufhalten eben einem ledigen Mädle nicht wohl anstehe", so seine moralische Entrüstung. Magdalena sperrte sich dagegen, versetzte ihm sogar "eines an den Kopf", was sie bestritt, sie erhielt dafür von ihm eine "Täsche", einen Schlag. Das war seine Darstellung.

Das Mädchen hatte es anders in Erinnerung. Von Thoma Kern war sie "mit Stoßen und Schlägen so übel tractieret worden", dass sie davon "bethlägerig" geworden, einen "Barbierer" (Arzt) brauchte, den sie (im Voraus?) bezahlen und, "wegen Größe deren Schmerzen den Geistlichen berufen" lassen musste.

Das Gericht hatte am 10. März das Verhalten beider abzuwägen. Schuldlos war weder Magdalena noch Thoma, der schon gar nicht. Sie verstieß gegen das Verbot, "müßig herumzuziehen und in die Würthshäußer zu sitzen", er hätte sie nicht "mit solcher Unarth hinauß thuen" dürfen.

Also lautete der Beschluss: Sie wurde "zu ihrer Buß und künftiger Besserung am heutigen Markttag eine Stunde lang in den Triller gestellet", also in einem im Kreis beweglichen Käfig zur Schau gestellt. Er wurde zur Erstattung der Arztkosten verpflichtet, für weitere Kosten hatte er drei Gulden aufzubringen und wurde "auf drei Täg lang eingethürnet".

Unser lokalgeschichtliches Wissen wird durch dieses Gerichtsprotokoll nicht unwesentlich erweitert. Wir erhalten den schriftlichen Beweis, dass in Nußbach und auf der "Stauden" Fastnacht "gehalten" wurde. Welcher Tag gemeint war (der schmutzige Donnerstag?) oder wie viele Tage die Fastnacht dauerte, wird nicht gesagt. Die Fastnacht ließen sich einzelne etwas kosten. Männer neckten schon damals junge Mädchen gern. Wirtstöchter wurden auch später meist aus der Gaststube ferngehalten, um Männern keine Gelegenheit zu bieten, "wüst an sie na z´schwätze". Von den Einen, insbesondere von den Wirten, wurde auf die Einhaltung gesetzlicher Verbote gedrungen, von den andern wurde sie locker gesehen. Die "Moral" wurde mit Gewalt durchgesetzt, in Wahrheit war sie (von Thoma Kern) geheuchelt.

Quelle: Generallandesarchiv Karlsruhe 61/12957