Ein Blutmond, aufgenommen mit einem Teleskop der Sternwarte in der sächsischen Stadt Riesa am 15 Juni 2011 während der Mondfinsternis. Foto: dpa

Wer in der Nacht zum Montag ganz früh aufsteht, kann eine totale Mondfinsternis bestaunen. Dabei wird der Erdtrabant aber nicht ganz finster - er zeigt sich als „Blutmond“.

Stuttgart/Darmstadt - Die Zeit des Blutmonds wird kommen. Schon bald. Der Erdtrabant wird am Himmelsfirmament in düsterem Licht scheinen. Von bräunlich über orangefarben bis blutrot. Ein gespenstische Atmosphäre, welche seit Urzeiten die Fantasie und Ängste der Menschen beflügelt hat und um die sich finstere Mythen ranken. Es ist die Nacht, in der Vampire, Werwölfe und Tote zu neuem Leben erweckt werden, um als Untote den Lebenden das Leben zur Hölle zu machen. Droht der Weltuntergang?

Wer einen Blutmond einmal live miterleben will, muss früh aufstehen oder am besten gleich wach bleiben. In der Nacht zum 28. September beginnt nämlich ein außergewöhnliches astronomisches Phänomen – eine totale Mondfinsternis.

Und so wird es ablaufen: Um 2.10 Uhr tritt der Mond in den Halbschatten der Erde ein. Um 3.07 Uhr schiebt sich der Kernschatten der Erde von links oben in die Mondscheibe. Der Vollmond schrumpft binnen einer Stunde zur dünnen Sichel. Ab 4.11 Uhr ist die Finsternis total, der Mond ist bis 5.24 Uhr nur noch als Blutmond zu erkennen. Bis 6.27 Uhr ist der Erdtrabant vollständig aus dem Kernschatten der Erde ausgetreten und um 7.24 Uhr auch aus ihrem Halbschatten.

Bei gutem Wetter ist die totale Mondfinsternis in Europa und in Teilen Afrikas und Amerikas sichtbar.

Droht der Weltuntergang?

Im Internet kursieren die wildesten Gerüchte. Im US-Bundesstaat Utah, wo rund 60 Prozent der Einwohner Mitglieder der „Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage“ sind (besser bekannt als Mormonen) bereiten sich Mormonen auf das Schlimmste vor. Die Menschen würden sich in ihren Häusern mit Notfallpaketen und Lebensmittelvorräten verbarrikadieren, heißt es auf der Internetseite www.examiner.com.

Alle sieben Jahre, so mormonische Prophezeiungen, sollen weltverändernde Ereignisse eintreten: 2001 die Terroranschläge in den USA, 2008 die globale Finanzkrise und jetzt „Doomsday“ – Weltuntergang.

In Deutschland ist von Hysterie nichts zu spüren. Die Menschen freuen sich auf ein einmaliges Naturschauspiel.

Das sagt die Wissenschaft

Der Erdtrabant zeigt sich als Supermond, da er in der Nacht zum 28. September dem Blauen Planeten besonders nahe kommt und entsprechend groß wirkt. Und er präsentiert sich Blutmond: Der rote Schimmer rührt von langwelligem Licht, das von der Erdatmosphäre in den Schattenkegel gestreut wird.

Wer den Höhepunkt des mehrere Stunden dauernden Schattenspiels bestaunen will, „sollte am besten den Wecker auf halb fünf stellen“, sagt Alexander Weis von der Vereinigung der Sternfreunde, die ihren Sitz im südhessischen Heppenheim hat. Von 4.11 Uhr bis 5.24 Uhr befindet sich der Mond vollständig im Kernschatten der Erde. Die Finsternis ist total. Die Mitte ist somit um 4.47 Uhr erreicht.

4.11 bis 5.24 Uhr: Der Mond im Kernschatten der Erde

Die Spannung steigt schon um 3.07 Uhr, wenn der Mond in den Kernschatten der Erde eintritt. „Das werden Sie sehen: Da ist was los“, sagt Weis. Auch das Verlassen des Kernschattens um 6.27 Uhr sei noch gut erkennbar. Viel Aufwand zum Beobachten des Spektakels ist nicht erforderlich: Einfach Richtung Südwesten gucken, ein Blick aus dem Fenster kann ausreichen. Wer möchte, kann zum Fernglas greifen und gleich die schwachen Sterne sehen, an denen der Mond vorbeizieht.

Der Mond werde nicht durch die Mitte des Erdschattens ziehen, erklärt Michael Khan vom Kontrollzentrum der Europäischen Weltraumorganisation (Esoc), „sondern nur knapp unter“ dieser Linie. Beobachtet werden könnte die Mondfinsternis in Deutschland praktisch überall gleich gut. Künstliches Licht dürfte aber stören. „Nicht unter die Straßenlaterne stellen“, rät Björn Voss, Leiter des Planetariums im LWL-Museum für Naturkunde in Münster. Hauptsache, das Wetter spielt mit. Am besten wäre ein klarer Himmel, Wolken stören immer.

Ein totale Mondfinsternis entsteht, wenn Sonne, Erde und Mond in einer Reihe liegen, die Erde das Licht der Sonne also abhält und der Mond sich im Schatten der Erde befindet. Der Vollmond ist in dieser Nacht der Erde 356 880 Kilometern auch noch so extrem nah, dass dies Springfluten und Spannungen in der Erdkruste hervorrufen kann. Am 4. April konnte eine totale Mondfinsternis über dem Pazifik bestaunt werden.

Das sagen die Mythen

Nordische Mythologie: Wolf Hati jagt Mondgott Mani

In der nordischen Mythologie ist ein Mondfinsternis ein Anzeichen dafür, dass sich Übles bevorsteht und Hati und Skalli dabei eine Schlüsselrolle spielen. Die beiden Zwillingsbrüder sind riesige Wölfe, die von Fenrir (dem Fenriswolf) und der Riesin Gyge (der „Alten vom Eisenwald“) abstammen, welche sie im Jarnwid-Wald zur Welt brachte. Hati verfolgt den Mondgott Mani, während Skalli die Sonnengöttin Sól nachstellt.

Hati hetzt dem Wagen Manis über den Himmel nach und treibt den Mond zur Eile an. Am Tag des Weltunterganges (dem sogenannten Ragnarök) werden beide Wölfe die Gejagten einholen, packen und zerreißen. Der Mond wird verschlungen, das verspritzte Blut wird die Sonne verdunkeln. Aus der untergehenden alten Götterwelt der Aasen wird eine neue Welt entstehen.

China: Ein Drache will den Mond verschlingen

Im alten China glaubten die Menschen, dass sich bei einer Mondfinsternis ein himmlischer Drache der Erde nähert, um sie zu verschlingen. Er gebe sie erst wieder frei, wenn die Menschen ihn mit Lärm und Feuerwerk vertreiben.

In Anlehnung an diese Mythologie werden die Schnittstellen, an denen eine Mondfinsternis stattfindet, auch Drachenpunkte genannt. Voraussetzung dafür ist, dass der Vollmond exakt in einem der beiden Schnittpunkte von Mondbahn- und Erdbahn steht. Nur dann wird er vom Erdschatten erfasst. Er taucht also in den Schatten ein, den die von der Sonne angestrahlte Erde in den Weltraum wirft.

Ägypten: Seth raubt Horus sein Mondauge

Im Alten Ägypten galt eine Mondfinsternis als böses Omen. Hinter der Mondfinsternis sahen die Menschen den göttlichen Seth am Werk. In einem Zweikampf schlägt er dem Gott Horus eines seiner beiden heiligen Augen aus, das als Mond am Himmel wandert (das zweite Auge symbolisiert die Sonne). Thot, der Gott der Heilkunst, findet es in der Dunkelheit und bringt das geheilte Mondauge zu Horus zurück.

Griechenland: Hexensabbat über dem Peloponnes

Im antiken Griechenland dachte man, Hexen würden bei einer Mondfinsternis ihr Unwesen treiben und den Mond blutrot färben.

Indianer: Der Mond blutet

Noch plastischer erklärten sich Indianervölker im Amazonas-Gebiet Südamerikas das seltsame Himmelsphänomen: Sie glaubten, der Mond sei von einem Pfeil getroffen worden und würde aus seine Wunden bluten.

Blutmond über Hollywood

Bei so viel Mythen und Legenden darf Hollywood nicht abseits stehen. Im amerikanischen Fantasy-Film „Seventh Son“ (Der Siebte Sohn, 2014)will die böse Hexe Mutter Malkin die Welt in Finsternis stürzen. Bis zum nächsten Blutmond muss der Hexenjäger John Gregory einen Schüler ausbilden, welcher der siebte Sohn eines siebten Sohnes ist, damit dieser die Hexe und ihre dunkle Anhängerschar besiegt.

Jahrhundert des Blutmondes

27. Juli 2018: Der nächste Blutmond über Deutschland

Das 21. Jahrhundert könnte als Jahrhundert des Blutmondes in die Annalen eingehen. Zwei Mal pro Jahr soll sich der Mond hinter dem breiteren Schatten der Erde verbergen. Wer das Ereignis an diesem Montag verschläft, muss sich gedulden: Die nächste totale Mondfinsternis wird erst wieder in drei Jahren – am 27. Juli 2018 – in Deutschland zu beobachten sein.

Und so läuft die totale Mondfinsternis am 28. September ab

2.10 Uhr: Der Mond tritt in den Halbschatten der Erde ein (Halbschattenfinsternis).3.07 Uhr: Der Eintritt des Mondes in den Kernschatten beginnt (partielle Mondfinsternis).

4.11 Uhr: Die Totalität beginnt – die Mondscheibe verschwindet vollständig im Kernschatten der Erde.

5.24 Uhr: Die Totalität ist zu Ende – der Mond tritt wieder aus dem Kernschatten der Erde heraus.

6.27 Uhr: Der Austritt aus dem Kernschatten der Erde endet.

7.24 Uhr: Kurz nach Untergang des Mondes ist der Mond auch vollständig aus dem Halbschatten der Erde ausgetreten.

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