Foto: Sophie Flaig

Auf die Freund-Gala folgt das Desaster: Erst souveräner Sieg in Titisee-Neustadt - tags darauf eine Disqualifikation auf der Waage.

Titisee-Neustadt - Auf die Gala folgte der Reinfall: Titisee-Neustadt war für Severin Freund nur am Samstag eine Reise wert. Am Sonntag wurde er in Führung liegend disqualifiziert.

Freund musste nach einem Supersprung in Durchgang eins im Ziel auf die Fis-Waage von Materialchef Sepp Gratzer steigen – und die zeigte an: Freund war für den Ski, den er gesprungen ist, genau 100 Gramm zu leicht. "Das ist sehr, sehr ärgerlich", meinte Freund, der sich zuvor im Springerlager auf die deutsche Waage gestellt hatte – und die hatte einen Puffer von 200 Gramm angezeigt. "Vielleicht habe ich einfach vor dem Start zu viel geschwitzt", witzelte Freund nach einer Schrecksekunde wieder.

Florian Schwarz, Pressesprecher des Deutschen Skiverbands (DSV), erklärte: "Das ist eben ein Ritt auf der Rasierklinge." Immer mal wieder muss ein Springer aus Gewichtsgründen disqualifiziert werden. Für Freund war es eine Premiere, er zog aber dennoch ein zufriedenes Fazit der beiden Neustädter Weltcups vor insgesamt 11 000 Zuschauern: "Die Sprünge kommen, das ist es, was zählt."

In der Tat: "Neustadt ist einfach genial", rief Freund bei der Siegerehrung am Samstag den Fans zu, "wie sie es schaffen, als Ersatzort und trotz Fußballs so viele Leute hierher zu holen, das ist einfach super!" Zuvor hatte er eine beeindruckende Show geboten. Der 26-Jährige aus Rastbüchl gewann nach Flügen auf 138,5 und 140 Meter mit 299,4 Punkten souverän vor Vierschanzentournee-Gewinner Stefan Kraft aus Österreich und dem Slowenen Peter Prevc. Vom ersten Trainingssprung an – er landete bei der Schanzen-Rekordweite von 145 Metern – spulte Freund eine Weltklasseleistung nach der anderen ab und ließ der Konkurrenz nicht den Hauch einer Chance. "Ich kann mich nicht beklagen", meinte er, "es war ein wahnsinnig schöner Tag für mich." Denn bisher hatte Freund mit der Schanze in Neustadt so seine Probleme, auch wenn 2013 die Plätze 5 und 8 zu Buche standen.

Weniger schön war dann sein Sonntag, als er tatenlos zuschauen musste, wie Anders Fannemel (Norwegen) vor Kamil Stoch (Polen) und Roman Koudelka (Tschechien) den Sieg einfuhr. Im Hinblick auf die WM hat Freund die Konkurrenz dennoch nachhaltig beeindruckt. "Er ist in einer Superform", attestierte der Japaner Noriaki Kasai, der auf den Plätzen 6 und 11 einkam (siehe auch Meldung auf dieser Seite). "Er macht aktuell alles richtig und mausert sich immer mehr zum WM-Favoriten", befand der Samstag-Siebte, Gregor Schlierenzauer aus Österreich. Das will Freund zwar so nicht stehen lassen ("alle springen auf einem extrem hohen Niveau"), aber er weiß, dass Bundestrainer Werner Schuster recht hat, wenn er sagt: "Wenn Severin zwei Topsprünge macht, ist es sehr schwer, ihn zu schlagen."

Davon kann Richard Freitag (Aue) derzeit nur träumen. Er verpasste am Samstag den zweiten Durchgang und setzte zum Tunnelblick an. "Ich muss jetzt einfach weiterspringen, dann sehen wir weiter." Diese Taktik half: Tags darauf landete er als bester Deutscher auf Platz 8 – auch wenn nach dem ersten Durchgang mehr dringewesen wäre. Trotzdem war dieses Ergebnis im Hinblick auf die WM gut für die Nerven. "Er ist nicht ganz frei", weiß Schuster.

Viel Freude hatte Schuster an Markus Eisenbichler (Siegsdorf), der sich auf die Plätze 12 und 15 schob, und mit Marinus Kraus, der allerdings an beiden Tagen nur jeweils einen guten Sprung nach unten brachte. "Ich habe drei Sprünge gebraucht, bis ich mit der Schanze zurecht gekommen bin", gab der Oberaudorfer zu. Am Ende standen die Plätze 16 und 22 zu Buche. Besser machen wollte es auch Michael Neumayer (Oberstdorf), der am Samstag überhaupt nicht in den Wettkampf fand, 24. wurde und sich seine guten Sprünge für den Sonntag aufgehoben hatte: Nach jedem Versuch kam die Faust, und Platz 13 sorgte bei ihm für ein Dauergrinsen. Youngster Stephan Leyhe (Willingen) konnte seinen Heimvorteil als Wahl-Breitnauer nicht nutzen, fand sein Wochenende trotz auf Plätze 32 und 39 aber dennoch "ganz okay".