Titisee-Neustadts sucht in Berlin den Strom-Kompromiss

Titisee-Neustadt. Die Reform des Rechtsrahmens zur Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen durch Städte und Gemeinden stand im Mittelpunkt eines Gesprächs, das der CDU-Abgeordnete Thomas Dörflinger, Bürgermeister Armin Hinterseh und Dominik Kupfer, Rechtsbeistand der Schwarzwaldgemeinde, mit Vertretern des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) in Berlin geführt haben.

"Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, dass wir in dieser Legislaturperiode die Rechtssicherheit bei der Konzessionsvergabe verbessern wollen", erklärte Dörflinger. "Ziel des Termins im Ministerium war es, noch vor Beginn des dafür erforderlichen Gesetzgebungsverfahrens mit dem Fachreferat die Eckpunkte der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes zu diskutieren."

Rechtsanwalt Kupfer skizzierte die Probleme, welche Netzübernahmen infolge von Neuvergaben von Energiekonzessionen mitunter erheblich verzögerten. So diene die gegenwärtige Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Anforderungen an eine wirksame Konzessionierung den Altkonzessionären häufig als Rechtfertigung, überhöhte Kaufpreise für die betreffenden Energieverteilernetze zu verlangen oder die Überlassung dieser Netze an die neukonzessionierten Unternehmen vollständig abzulehnen.

Weiter hielten Altkonzessionäre sowohl zu Beginn der Konzessionsvergabeverfahren als auch nach deren Abschluss mitunter Informationen zum Netz teilweise gezielt zurück, so der Freiburger Experte für Energiewirtschaftsrecht. "Ich begrüße es daher ausdrücklich, dass das Ministerium über eine weitere Konkretisierung der gesetzlichen Pflicht zur Datenherausgabe nachdenkt und in Erwägung zieht, bei der Kaufpreisfindung das Ertragswertverfahren als Regelfall vorzusehen."

"Auch die beabsichtigte Einführung einer Präklusionsregelung, also einer Frist, nach deren Ablauf die Geltendmachung von Vergabefehlern nicht mehr statthaft ist, halte ich für sinnvoll", so Kupfer weiter. Die Schaffung einer solchen Frist trüge erheblich zur Rechtssicherheit bei, erklärte auch Hinterseh.

Schließlich habe die aktuelle Rechtslage zur Folge, dass die Konzessionsvergabeentscheidungen der Gemeinden auch nach Jahren noch angegriffen werden könnten. Hinterseh nutzte das Gespräch, um eine stärkere Berücksichtigung kommunaler Belange im Vergabeverfahren anzumahnen. Die Gemeinde sehe sich in der Verantwortung, einen sicheren Netzbetrieb zu gewährleisten - und zwar auch dann, wenn sich irgendwann einmal kein Unternehmen hierfür mehr finden sollte.

Vertreter des Ministeriums erklärten mit Blick auf die Ziele der Reform des Paragrafen 46 Energiewirtschaftsgesetz, dass es auch um eine Konkretisierung gehe, was unter einem sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltverträglichen Netzbetrieb zu verstehen ist.

Dörflinger erkundigte sich nach dem Zeitplan für die parlamentarische Beratung der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes, die dem Deutschen Bundestag zur Jahresmitte zugeleitet werden soll. "Bis 2016 läuft bundesweit die Mehrzahl der geschätzt 20000 Strom- und Gasnetzkonzessionen als Folge ihrer auf 20 Jahre begrenzten Laufzeit aus.

Das erklärt, weshalb viele Kommunen die Entwicklung in Titisee-Neustadt genau verfolgen", so der CDU-Abgeordnete abschließend.