Die Zahl der Einbrüche im Land ist in den letzten Jahren drastisch angestiegen. Foto: Gebert

Hausbesitzer nehmen die Bewachung ihres Eigentums selbst in die Hand. Innenminister warnt vor Panikmache.

Tiefenbronn - Die Zahl der Wohnungseinbrüche ist im Südwesten nach oben geschnellt, und nur jeder zehnte Täter wird geschnappt. Vielen Bürgern reicht es - mancherorts greifen sie zur Selbsthilfe.

So wollen Geschäftsleute in Tiefenbronn bei Pforzheim nach wiederholten Einbrüchen einen privaten Wachdienst engagieren. Andernorts setzt man auf Nachtwanderungen oder wachsame Nachbarn.

Städte und Polizei sehen die Entwicklung mit gemischten Gefühlen. Innenminister Reinhold Gall (SPD) warnte gestern vor Panikmache und davor, das Gewaltmonopol des Staates infrage zu stellen. "Eine Bürgerwehr, auch wenn sie gut gemeint ist, entspricht nicht unseren rechtsstaatlichen Grundsätzen", sagte er. Wenn Bürger helfen wollten, dann sollten sie sich um ihre Nachbarn kümmern und bei verdächtigen Wahrnehmungen sofort die Polizei verständigen. Auf die Art habe man zuletzt mehrere Einbrecher fassen können.

Dem Wirt der Ochsen-Post in Tiefenbronn (Enzkreis), Theo Jost, ist das zu wenig. Nachdem ihn Einbrecher zweimal innerhalb von zwei Wochen heimgesucht hatten, hatte er genug. Mit anderen Bürgern plant er, private Wachleute anzuheuern. "Wir wollen einen Sicherheitsdienst engagieren, der durch den Ort patrouilliert und bei einem Einbruch in fünf Minuten da ist - statt wie bisher die Polizei in einer halben Stunde", so Jost.

Verein achtet auf Geschehnisse in der Nachbarschaft

Bernd Zilly, der Vorsitzende des Bürgervereins im Pforzheimer Stadtteil Mäuerach, findet die Aktion gut. Nachdem auch in seinem Ort wiederholt eingebrochen wird, hat der Verein die 300 Mitglieder aufgefordert, auf die Geschehnisse in der Nachbarschaft "besser zu achten". Wachsame Nachbarn hätten bereits in einigen Fällen Einbrecher vertrieben. Nicht zuletzt deshalb, weil die Polizeistation in den Nachbarort Kieselbronn verlegt wurde, fragt Zilly sich, "ob der Staat noch seiner Aufgabe gewachsen ist".

Bürger wehren sich - doch mit bewaffneten Bürgerwehren hat dies nichts zu tun, betont Ochsen-Post-Wirt Jost. Man habe nicht vor, "mit Mistgabeln und Dreschflegeln durch den Ort zu marschieren, um Einbrecher zu jagen".

Das würde gegen geltendes Recht verstoßen - und allein schon die Vorstellung stößt bei der Polizei wie bei Städten sauer auf. "Ich halte das für sehr problematisch, wenn das jetzt landesweit Schule machen würde", sagt etwa Hans-Jürgen Moos (SPD), der Bürgermeister von Meckesheim (Rhein-Neckar-Kreis). "Dafür gibt es Zuständigkeiten in unserem Staatswesen, und das finde ich auch richtig so."

Auch in Pforzheim heißt es: "Eine Gruppe von Personen, die mit Schlagstöcken und Pfefferspray bewaffnet durch Wohnviertel patrouilliert, kann sicherlich in niemandes Interesse sein." Aus anderen Städten und Kreisen verlautet wie in Baden-Baden unisono: "So was gibt’s bei uns nicht."

Zwar gibt es in Konstanz und einigen anderen Städten im Südwesten sogenannte Nachtwanderer, die vorwiegend am Wochenende spätnachts in der Stadt unterwegs sind. Die wollen aber nach eigenen Angaben für junge Leute eine "entspannte Atmosphäre schaffen" und Vandalismus verhüten.

In Mannheim geht die Polizei selbst seit Jahresbeginn verstärkt gegen Wohnungseinbrüche vor: Zwölf Polizisten sind zur Ermittlungsgruppe "Eigentum" zusammengeschlossen. "Sie hat schon zwei Dutzend Straftaten aufgeklärt", so eine Sprecherin.

Auch andere Privatleute investieren in die Sicherheit. So bemerkt der Sicherheitsunternehmer Bernd Elsenhans eine steigende Nachfrage vonseiten der Hauseigentümer: "Immer mehr ältere Leute lassen sich von uns beraten." Das Heidenheimer Unternehmen verzeichnet bis zu 25 Prozent mehr Umsatz beim Verkauf von Tresoren und Alarmanlagen.