Thomas Strobl (vorne) will sich zu den Spekulationen über seine künftige Rolle in einer möglichen grün-schwarzen Regierung äußern. (Archivfoto) Foto: dpa

Wirft er jetzt seinen Hut in den Ring? Beobachter gehen davon aus. Am Abend will sich der CDU-Vize zu seiner politischen Zukunft äußern.

Stuttgart - Nach tagelangen Spekulationen um seine politische Zukunft äußert sich CDU-Landeschef und Bundes-Vize Thomas Strobl. Im Anschluss an eine Sitzung des Präsidiums und des Landesvorstandes sowie der Abgeordneten und Kreischefs will er am Freitagabend vor der Presse ein Statement abgeben. Beobachter erwarten, dass der Innenpolitiker sein Interesse an einer Position in der Landesregierung bekundet. Eine Christdemokratin sagt: „Klarheit täte ganz gut.“ Eine Parteifreundin wiederum hielte es für einen großen Fehler, wenn Strobl jetzt seinen Hut in den Ring werfen würde.

Der Druck auf den Christdemokraten war nach einem Bericht der „Rheinischen Post“ größer geworden. Das Blatt hatte Mitte der Woche unter Berufung auf CDU-Kreise berichtet, Strobl habe sich bereit erklärt, Vize-Ministerpräsident und Minister mit den Zuständigkeiten für Inneres, Integration und Infrastruktur zu werden. Dazu musste Strobl dem Vernehmen nach im Landesvorstand Rede und Antwort stehen. Bislang ist dem Thema Integration ein separates Ministerium zugeordnet, die Infrastruktur ist dem Verkehrsministerium angedockt.

Zuvor kleine Runde der Grünen und der CDU

Zuvor treffen sich die Vertreter von Grünen und CDU in kleiner Runde, um erneut politische Spielräume im Rahmen des Landeshaushaltes auszuloten. Die CDU-Vertreter wollen eigene Schwerpunkte setzen, sehen aber, dass die von Grün-Rot angestoßenen Projekte bereits viele Mittel binden. Daher gehe es um das Umschichten von Mitteln und effizienteres Wirtschaften. Die Grünen waren bei der Landtagswahl am 13. März mit 30,3 Prozent die stärkste Partei geworden und hatten die CDU auf Platz zwei (27 Prozent) verwiesen. Sollten die Gespräche erfolgreich laufen, wäre die CDU zum ersten Mal Juniorpartner in einem Bündnis mit den Grünen.

Baden-Württembergs CDU-Vize-Fraktionschef Peter Hauk hatte am Donnerstagabend Parteimitglieder in Mannheim auf eine solche Kooperation eingestimmt. „Es könnte eine fruchtbare und interessante Koalition geben.“ Nach der Legislaturperiode würden sich die Wege aber trennen, „das ist sonnenklar.“ Die CDU werde sich nicht von den Grünen an den Rand drängen lassen.

Minenfeld Bildungspolitik

Aus Sicht von Hamburgs früherem Bürgermeister Ole von Beust (CDU) steht einem grün-schwarzen Bündnis in Baden-Württemberg nichts im Weg. Voraussetzung sei jedoch, dass die CDU ihre Rolle als Juniorpartner annehme, sagte der 60 Jahre alte Erfinder schwarz-grüner Koalitionen auf Landesebene in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Den Grünen gab er mit auf den Weg, zu beachten, dass die Christdemokraten nach jahrzehntelanger Vorherrschaft im Südwesten in einer psychologisch schwierigen Lage seien. „Das muss man einfach sehen und verstehen. Wenn man aber die Schmerzgrenzen der CDU nicht überschreitet, bin ich sicher, dass es klappen wird mit den Grünen.“ Diese seien sehr verlässlich.

Als besonderes Minenfeld der Koalitionsgespräche gilt die Bildungspolitik. Elternvertreter warnten vor einem Kahlschlag bei den Gemeinschaftsschulen als Folge einer möglichen grün-schwarzen Regierungskoalition.

Gemeinschaftsschule vor dem Aus?

Die Beschlüsse der künftigen Regierung berührten 35 000 Landeskinder, die nicht zur Verhandlungsmasse gemacht werden dürften, hieß es in dem am Freitag veröffentlichten Schreiben an Strobl als CDU-Unterhändler in den Koalitionsrunden und den Bildungsexperten Georg Wacker als CDU-Sprecher in der derzeit tagenden Arbeitsgruppe Bildung.

Die Gemeinschaftsschule, an der Kinder mit Haupt-/Werkreal-, Realschul- und Gymnasialempfehlung gemeinsam arbeiten, wurde von Grün-Rot im Südwesten eingeführt. Bislang gibt es landesweit knapp 300 dieser „Schulen für alle“. Die CDU hatte im Wahlkampf erklärt, sie wolle keine neuen Schulen genehmigen und auch für ein Aus der „Privilegien“ der Gemeinschaftsschule sorgen.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft erwartet von den Koalitionsverhandlungen nach eigenen Angaben, dass die überfälligen Reformen in Kitas, Schulen und Hochschulen fortgesetzt und die Lern- und Arbeitsbedingungen verbessert werden.