Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Foto: dpa

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann schreibt für den Karlsruher Konzern EnBW zur Energiewende. Auch der BUND ist mit im Boot.

Karlsruhe - „Amphibienfreunde aufgepasst!“ Wer dieser Tage die Homepage des Karlsruher Energieversorgers EnBW ansteuert, um sich über Strompreise zu informieren, wird erst einmal ins Reich der Unken und Molche weitergeleitet.

12 von 20 in Deutschland vorkommenden Amphibienarten sind derzeit gefährdet, lernt man ganz vorne auf der Startseite des Atomstromers. Auch von Biodiversität und Vogelschutz ist viel die Rede. Zum Beispiel, dass der Konzern seine Energietrassen jetzt mit Büschelabweisern ausstattet. Diese verhindern, dass Störche beim Anflug auf die Leitungen geröstet werden.

Zu gruselig? Dann einen Klick weiter zur „schlauen EnBW-App“. Die ist laut Konzern nämlich auf „Romantik eingestellt“ – und dimmt das Licht zum Dinner.

Keine Frage, seit bei der EnBW mit Frank Mastiaux ein neuer Chef am Ruder ist, schnurrt die EnBW im Säuselton. Vorbei die Zeit, als Vorgänger, Hans-Peter Villis – ein Energiemanager vom alten Schlag – vom Bau neuer Kernkraftwerke träumte und den Weg in die grüne Energiezukunft, lieber mit reichlich Kohlekraftwerken im Gepäck beschreiten wollte.

Seit dem gestrigen Donnerstag ist die unternehmerische Charmeoffensive von höherer Stelle geadelt. Um Punkt 13 Uhr ging der konzerneigene Energiewendeblog Online. Und einer, von dem viele es nicht erwartet hätten, verfasste den ersten Eintrag: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Zwar ist Kretschmann als Landesvater irgendwie auch Chef der EnBW – immerhin ist das Unternehmen zu knapp 50 Prozent im Besitz Baden-Württembergs –, aber andererseits ist er auch ein Grüner, und als solcher ist ihm die Abneigungen zu Konzernen mit Kernkraftwerken eigentlich ins Stammbuch geschrieben. Eine „enorme Chance“, sei die Energiewende schrieb Kretschmann, allerdings sei sie auch „nicht zum Nulltarif“ zu haben.

Neben dem Ministerpräsidenten werden auch die Landesvorsitzende des BUND, Brigitte Dahlbender, der Verdi-Vorsitzende Frank Bsirske, der Leiter der Klimaabteilung bei Greenpeace, Thomas Breuer und der Chef der Öko-Denkfabrik Agora-Energiewende immer wieder mal Beiträge verfassen. Auf Unternehmerseite bloggen Industriepräsident Ulrich Grillo und EnBW-Chef Mastiaux.

EnBW verstehe sich als neutraler Gastgeber und wolle unter www.dialog-energie-zukunft.de Austausch und Dialog anstoßen.

Wie ist es EnBW gelungen gleich eine ganze Riege von Nachhaltigkeits-Hochkarätern für die eigene Sache einzuspannen?

Vielleicht, weil es der Konzern mit der Energiewende ernst meint. Immerhin wollen die Karlsruher in den kommenden Jahren rund sieben Milliarden Euro in den Ausbau erneurbarer Energien stecken und die Windkraft im Land kräftig ausbauen.

Vielleicht macht die EnBW es aber auch einfach geschickter als die Konkurrenz. RWE ließ zuletzt einen hauseigenen „Energieriesen“ als Animation über die deutschen Mattscheiben flimmern. Mit Laubbäumen auf der Schulter spielte der tumbe Riese mit Starkstromleitungen Gitarre. Dann doch lieber quackende Kröten.