Die Aussichten für eine Freilassung des Paralympics-Stars Oscar Pistorius auf Kaution haben sich verschlechtert. Der 26-Jährige wird verdächtigt, seine Freundin Reeva Steenkamp ermordet zu haben. Foto: dpa

Die Aussichten für eine Freilassung des Paralympics-Stars Oscar Pistorius auf Kaution haben sich verschlechtert. Der 26-Jährige wird verdächtigt, seine Freundin Reeva Steenkamp ermordet zu haben.

Pretoria - Die Aussichten für eine Freilassung des mordverdächtigen Paralympics-Stars Oscar Pistorius auf Kaution haben sich verschlechtert. Der leitende Polizeiermittler Hilton Botha warnte am Mittwoch vor dem Magistratsgericht in Pretoria vor einer Freilassung, weil Fluchtgefahr bestehe. „Es geht um ein ernstes Verbrechen. Wenn er verurteilt wird, muss er mit 15 Jahren Haft bis zu Lebenslänglich rechnen.“

Pistorius, der von der Staatsanwaltschaft des Mordes an seiner Freundin Reeva Steenkamp (29) beschuldigt wird, besitze ausländische Konten und habe eine Immobilie in Italien, sagte Botha. Er fürchte, der unterschenkelamputierte Sportler werde versuchen zu fliehen. Die im Gerichtssaal anwesenden Familienmitglieder von Pistorius reagierten mit ungläubigem Lachen auf diese Äußerung.

Im Haus von Pistorius sei am Donnerstag vergangener Woche neben der Tatwaffe, einer angemeldeten 9-Millimeter-Pistole, auch eine andere, nicht polizeilich gemeldete Waffe gefunden worden. Deshalb werde der 26-Jährige auch wegen illegalen Waffenbesitzes angeklagt. In seinem Haus seien zudem zwei Kartons mit Testosteron und Spritzen entdeckt worden, sagte Botha.

Südafrikanische Zeitungen hatten berichtet, dass im Hause des Profisportlers Dopingmittel gefunden worden seien. Pistorius' Anwalt Barry Roux betonte, bei den gefundenen Substanzen handele es sich um ein pflanzliches Arzneimittel. Dieses würden viele Athleten benutzen, und es sei nicht verboten.

Botha berichtete, er sei am Donnerstagmorgen um 4.15 Uhr Ortszeit am Tatort eingetroffen, wo er Reeva Steenkamp tot im Erdgeschoss gefunden habe. Sie sei mit Shorts und schwarzem Hemd bekleidet gewesen. Sie sei in Handtücher gehüllt gewesen. Ein Rechtsanwalt und der Bruder des Beschuldigten haben sich demnach beim Eintreffen der Polizei am Tatort befunden. Bei Bothas Schilderung der Tatnacht begann Pistorius zu weinen.

Die Staatsanwaltschaft versuchte am zweiten Tag der Anhörung vor dem Magistratsgericht weiter, die Darstellungen der Sportstars zu entkräften. Der 26-Jährige behauptet, seine Freundin versehentlich erschossen zu haben. Er habe in der Nacht gemeint, ein Einbrecher befinde sich hinter der verschlossenen Badezimmertür.

Dem widerspricht die Staatsanwaltschaft entschieden: Pistorius habe geplant und gezielt seine Freundin ermordet. Vor den tödlichen Schüssen gab es nach Angaben des Staatsanwalts einen Streit zwischen dem Paar. Für diese heftige Auseinandersetzung werde er einen Zeugen präsentieren, sagte der Staatsanwalt am Mittwoch.

Zeugen haben wohl vor den Schüssen Licht im Haus gesehen

Auch Polizeioffizier Botha berichtete von Zeugen, die vor den Schüssen Licht im Haus von Pistorius gesehen und zudem Schreie und einen lautstarken Streit gehört haben wollen. Das widerspreche deutlich den Schilderungen von Pistorius. Allerdings musste Botha auf Fragen des Anwalts zugeben, dass einer der Zeugen 600 Meter entfernt von Pistorius Haus wohne.

Die Anwälte des Beschuldigten streben vor dem Gericht die Freilassung ihres Mandanten auf Kaution an. Allerdings hatte das Gericht am Dienstag, dem ersten Tag der Anhörung, bereits die Klage der Staatsanwaltschaft auf „vorsätzlichen Mord“ zugelassen. Bei dem Schweregrad eines solchen Falles wird in Südafrika selten jemand auf Kaution freigelassen. Eine Entscheidung wurde für diesen Donnerstag erwartet. Bis dahin bleibt Pistorius nach der Entscheidung des Gerichts in einer Zelle des Brooklyn-Polizeireviers in Pretoria. Üblicherweise werden Mordverdächtige in ein Untersuchungsgefängnis gebracht.

Der deutsche Fachverband DBS befürchtet im Falle eines tatsächlichen Doping-Funds beim sechsfachen Paralympics-Sieger Pistorius einen erheblichen „Beigeschmack“ für den gesamten Behindertensport. „Eines muss man festhalten: Der Fund von Dopingmitteln ist keine positive Dopingprobe. Er ist vielleicht ein Indiz, kann aber noch nicht gegen ihn vorgebracht werden“, sagte der Sportdirektor des Deutschen Behindertensportverbandes, Frank-Thomas Hartleb, am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa. Hartleb betonte aber auch, dass ein Doping-Beweis gegen Pistorius „den Hero des Behindertensports vom Sockel stoßen würde“.