Der Angeklagte Kreshnik B. im Hochsicherheitssaal des Oberlandgerichts in Frankfurt am Main. Die Bundesanwaltschaft wirft dem jungen Mann die Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat vor. Foto: dpa

In Deutschland steht zum ersten Mal ein Mitglied der Terrormiliz „Islamischer Staat“ vor Gericht. Der junge Mann soll in Syrien gekämpft haben. Ihm drohen mehr als vier Jahre Haft.

In Deutschland steht zum ersten Mal ein Mitglied der Terrormiliz „Islamischer Staat“ vor Gericht. Der junge Mann soll in Syrien gekämpft haben. Ihm drohen mehr als vier Jahre Haft.

Frankfurt/Main - Kreshnik B. steht irgendwo in Syrien auf einem Dach und ruft seine Schwester in Deutschland an. Läuft nicht so toll im „Heiligen Krieg“, das wird schnell klar in diesem Telefonat. Beim Prozessauftakt am Montag vor dem Frankfurter Oberlandesgericht wird die Aufzeichnung vorgespielt. Und obwohl der Angeklagte vor Gericht schweigt, bekommen die Zuhörer ein recht plastisches Bild von dem 20-Jährigen, gegen den hier verhandelt wird. Es ist der erste Prozess in Deutschland gegen ein Mitglied der Terrororganisation „Islamischer Staat“.

Ein halbes Jahr lang soll Kreshnik B. bei der Miliz gewesen sein. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung sowie die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat im Ausland vor. Im Dezember 2013 wurde er am Frankfurter Flughafen festgenommen.

Mit einem angespannten Lächeln trotzt der junge Mann am Montag um zehn Uhr dem Blitzlichtgewitter der Fotografen in Saal 165. Kein traditionelles Gewand und kein langer Bart: Kreshnik B. trägt eine Kapuzenjacke über einem dunkelgrauen T-Shirt, eine hellgraue Hose, ein kurzer Bart bedeckt Kinn und Wangen. Aufgewachsen ist er in Bad Homburg, einem noblen Taunus-Städtchen, sein letzter Wohnsitz war Frankfurt. Die Familie stammt aus dem Kosovo.

Der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel stellt ihm in Aussicht, „Milde walten zu lassen“, wenn er aussagt und gesteht. Dann könne er mit einer Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten bis vier Jahren und drei Monaten nach Jugendstrafrecht davonkommen, „obwohl der Tatvorwurf keine Kleinigkeit ist“. Darauf hätten sich der Staatsschutzsenat, die Bundesanwaltschaft und sein Verteidiger verständigt.

Sieben Verhandlungstermine sind angesetzt

Ob Kreshnik B. das Angebot annimmt, zeigt sich frühestens am Freitag. Dann will der Anwalt auf die Offerte reagieren, möglicherweise sagt der Angeklagte dann auch aus. Insgesamt sind sieben Verhandlungstermine angesetzt.

Am ersten Prozesstag geben die Telefonate mit der Schwester erste Einblicke in die Psyche des Dschihadisten. „Laber mir nicht vom Koran“, schimpft die Frau, als er erklärt, sich wegen seiner Religion dem bewaffneten Kampf angeschlossen zu haben. Seine Kumpels hätten ihn doch nur überredet, meint sie. Krieg sei Politik und nichts für kleine Jungs. „Du bist jung, dumm und naiv.“

Der Gotteskrieger hatte zu diesem Zeitpunkt wohl schon die Nase voll. Was trotz der schlechten Verbindung durchscheint: Er will damals nach Hause, hat aber Angst, dass ihn die IS-Kämpfer nicht weglassen. Mindestens will er Besuch von seiner Familie bekommen. „Willst Du jetzt da bleiben, bis Mama und Papa kommen?“, kontert die Schwester.

In der Anklageschrift, die Horst Salzmann als Vertreter der Bundesanwaltschaft verliest, klingen die Vorwürfe nicht so harmlos. Im Sommer 2013 sei Kreshnik B. mit Gleichgesinnten über die Türkei nach Syrien gereist. Dort soll er sich eine Waffe besorgt und eine Waffenausbildung durchlaufen haben. Er habe einen Treueeid auf eine Einheit ausländischer Kämpfer abgelegt, Sanitäts- und Wachdienste geleistet, an Anwerbekampagnen teilgenommen und auch an mehrtägigen Kampfeinsätzen.

Ziel der Vereinigung „Islamischer Staat im Irak und Großsyrien“ sei es, das Assad-Regime zu stürzen und durch „einen islamischen Gottesstaat unter Geltung der Scharia“ zu ersetzen. Die Mittel dazu: Anschläge, Selbstmordattentate, Entführungen, Erschießungen.