Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Claus Schmiedel, plädiert im Rahmen der SPD-Fraktionsklausur für mehr Personal beim Verfassungsschutz. Foto: dpa

Angesichts der erhöhten Terrorgefahr hat Baden-Württemberg die Polizei aufgestockt. Ob allerdings beim Verfassungsschutz wie geplant Stellen wegfallen sollen, ist unklar. SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel plädiert gar für eine Aufstockung.

Stuttgart - Die grün-roten Regierungsfraktionen wollen den Schutz vor Terror im Südwesten erhöhen - über die richtigen Konsequenzen aus den islamistischen Anschlägen von Paris ist jedoch Streit entbrannt. Zwar will die Landesregierung die Polizei um rund 100 Stellen für die Terrorbekämpfung aufstocken. Über die künftige Ausstattung des Verfassungsschutzes sind Grüne und SPD aber weiterhin uneins.

SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel will den Geheimdienst stärken, weil die abstrakte Bedrohungslage für Baden-Württemberg zugenommen habe. Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann pocht allerdings darauf, dass sich auch der Verfassungsschutz Reformen stellen müsse.

Hauk: "Starker Verfassungsschutz unersetzlich"

Die im laufenden Doppelhaushalt vorgesehene Kürzung bei dem Geheimdienst von 20 Stellen sei dabei ein Schritt in die richtige Richtung, sagte die Grünen-Politikerin. „Es gibt keinen Grund, das infrage zu stellen.“ Schmiedel aber hält den Verfassungsschutz für ein Frühwarnsystem, wenn es um die Aufdeckung von islamistischen Anschlagsplänen geht. „Wir brauchen bei einer Zunahme der abstrakten Gefährdung ein Mehr an Verfassungsschutz.“ CDU-Fraktionschef Peter Hauk sprang der SPD bei: „Ein starker Verfassungsschutz ist für unser Land unersetzlich.“ Die Bedrohungslage für das Land sei sehr ernst.

Am Donnerstag hatte die Regierung ein Maßnahmenpaket angekündigt, um gegen Islamisten, die aus Syrien und dem Irak zurückkehren, gewappnet zu sein. Damit solle auch das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung gestärkt werden, wie das Staatsministerium mitteilte. Bei den neuen Stellen geht es unter anderem um Islamexperten und IT-Spezialisten. „Das Bedürfnis nach Sicherheit hat absolute Priorität“, begründete Schmiedel diesen Schritt. CDU-Fraktionschef Hauk hält das Paket aber für einen „unausgegorenen Schnellschuss“. Auch aus Sicht von FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke handelt Grün-Rot konzeptlos.

Polizei-Gewerkschaft skeptisch

Der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, Rüdiger Seidenspinner, sagte: „Ich bin froh über jede Stelle, die wir zugeteilt bekommen.“ Doch das Paket der Regierung sei Augenwischerei. „Der Bürger meint jetzt, es kommen 100 neue Leute, und die sind ab Montag da.“ Das sei ein Trugschluss. Die Ausbildung der Spezialisten dauere dreieinhalb Jahre. Die Regierung müsse deutlich mehr Geld in die Sicherheit stecken - auch, um die Pensionierungswelle ab 2020 abzufedern. Seidenspinner erinnerte daran, dass die schwarz-gelbe Vorgängerregierung viele Stellen bei der Polizei gestrichen hatte.

Derzeit gibt es im Land rund 24.000 Polizisten. Die Aufstockung um rund 100 Stellen kostet vier bis fünf Millionen Euro im Jahr. Hinzu kommen rund zehn Millionen Euro für die technische Ausstattung. Damit bewegten sich die Gesamtkosten für das Maßnahmenpaket im unteren zweistelligen Bereich, wie SPD-Fraktionschef Schmiedel erklärte.

Unterdessen bleiben die baden-württembergischen Sicherheitskräfte angesichts der Terrorgefahr äußerst wachsam. Die Sicherheitslage werde genau beobachtet. Gegebenenfalls ergriffen die örtlichen Polizeien zusätzliche Maßnahmen, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Ressortchef Reinhold Gall (SPD) hatte wiederholt erklärt, für Baden-Württemberg gebe es eine abstrakte Gefahr, aber keine konkreten Hinweise auf mögliche Anschläge.

Die belgischen Behörden hatten eine Aktion gegen mutmaßliche Dschihadisten gestartet. Zwei Verdächtige wurden getötet. Unabhängig davon waren in Berlin am Freitagmorgen zwei Männer festgenommen worden. Sie sollen für die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) geworben haben. Hingegen endete eine Polizeiaktion am Donnerstag im Südwesten gegen mutmaßliche Islamisten in Pforzheim ohne Festnahmen.