Während es mir schon schwer fällt, den Köder richtig auszuwerfen (rechts), landet er bei den Kindern wenigstens im Neckar –­ auch wenn sie fürs Erste nur Wasserpflanzen fangen. Fotos: Cools Foto: Schwarzwälder-Bote

Sport: Kinderferienprogramm beim Fischereiverein Fischingen / Reporterin versucht sich im Angeln

Sulz-Fischingen. Stundenlang auf dem Boot über einen See treiben, die Rute im Wasser, den obligatorischen Hut auf dem Kopf und eine Box voller Würmer neben sich – so viel zum Klischee des Angelns. Ich wollte es genauer wissen, und habe beim Kinderferienprogramm ausprobiert, ob Angeln wirklich nur etwas für Geduldige ist.

Meine Mitstreiter sind zehn Kinder von sechs bis elf Jahren, die sich mit Gruppenleiter und Fischereivereinsschriftführer Herold Schwind an den Neckar wagen. Zunächst geht es zur biologischen Gewässerprüfung. Dabei werden kleine Lebewesen unter den Steinen gesucht. Es dauert nicht lange, da werden die ersten Kinder fündig – Bachflohkrebse tummeln sich im Fluss. "Die fühlen sich nur in gutem Wasser wohl", weiß Schwind und stuft den Neckar an dieser Stelle in die Güteklasse eins bis zwei ein, was für gute Wasserqualität steht.

Höchste Zeit, einen großen Fang zu machen. Viele der Kinder hatten wie ich noch nie eine Angel in der Hand. Mit Kunststoffgewichten üben wir die verschiedenen Wurftechniken, auch "Casting" genannt. Dabei gibt es Pendel-, Seiten- oder Über-Kopf-Würfe, erklärt Schwind.

Von Natur aus ehrgeizig will ich mich gleich an die schwerste Technik heranwagen, den Über-Kopf-Wurf. Durch Kurbeln hole ich die Angelschnur ein, fixiere sie mit der Hand an der Rute, löse die Sperre, so dass die Schnur Raum hat und hole aus.

In den Bäumen fischen

Der erste Wurf ist ein Glückstreffer. Mein Köder fliegt durch die Luft und landet auf der anderen Seite des Flusses, gerade noch im Wasser. "In den Bäumen gibt es nichts zu fangen", sagt ein Betreuer lachend. Doch ich bin mit meinem ersten Wurf zufrieden.

Beflügelt davon will ich es gleich noch einmal versuchen. Als ich aushole, merke ich, dass etwas nicht stimmt. Ich habe vergessen, die Sperre zu lösen, damit die Schnur Spiel hat. Das korrigiere ich gleich. Schwungvoll schleudere ich den Anhänger über meinen Kopf ins Wasser – und kann ihn nirgendwo entdecken. Erst als ich die Betreuer lachen höre, sehe ich, dass ich es geschafft habe, den Köder hinter mich zu befördern.

Ratlos hole ich die Schnur wieder ein und versuche es noch einmal. Diesmal schnappt mir das Kunststoffgewicht beinahe ins Gesicht und ich muss meinem eigenen Wurf ausweichen. "Die Schnur muss früher losgelassen werden", weiß Schwind. Ein neuer Versuch und ich spüre, dass es ganz und gar nicht einfach ist, den richtigen Moment abzupassen, um die Schnur loszulassen. Der Köder landet überall, aber nicht da, wo ich ihn haben möchte.

Nach weiteren fruchtlosen Versuchen strecke ich die Waffen. Selbst wenn der Köder irgendwann im Wasser landet, habe ich durch mein Fluchen wohl alle Fische vertrieben. Die Kinder arbeiten derweil mit einem Unterfangkescher, doch auch ihr Fangerfolg bleibt aus. Dennoch habe ich das Gefühl, sie stellen sich geschickter an als ich, und irgendwie bin ich froh, dass ich keinen armen Wurm am Ende meiner Angelschnur habe. Wer weiß, wo der gelandet wäre.

Als wäre man verliebt

Am Ende bin ich immer noch meilenweit davon entfernt, einen echten Fisch zu fangen und habe es sogar geschafft, den Köder zu verlieren. Schwind tröstet mich: "Bis man seinen ersten Fisch fängt, dauert es in der Regel ein Dreivierteljahr", weiß er und erinnert sich daran, wie er mit 20 Jahren seinen ersten Fisch gefangen hat. "Das ist, als wäre man frisch verliebt", schwärmt er. Sein größter Fang sei bislang eine 55 Zentimeter große Barbe gewesen. Zudem finde man im Neckar unter anderem Aale, Bachforellen, Äschen und Döbel.

Den Kindern sieht man an, dass sie Freude am Angelsport haben. "Wir haben vor sechs Jahren unsere Jugendgruppe gegründet", erzählt Schwind mir. "Und haben bisher nur eine Frau im Verein", ergänzt er und wirft mir einen vielsagenden Blick zu.

Und tatsächlich glaube ich, dass es nicht das letzte Mal gewesen sein wird, dass ich eine Angel halte, wenn auch alles, was ich an diesem Nachmittag gefangen habe, ein kleiner Fischinger "Nemo" vom Fischlerennen war.